DigitalPHOTO (Germany)

STARK UND GÜNSTIG

KAUFBERATU­NG | Das Angebot an Einsteiger- und Mittelklas­se-kameras ist unüberscha­ubar groß. Und was taugen die günstigen Modelle wirklich? Worauf sollten Sie beim Kauf achten? Wir bringen Licht ins Dunkel des Angebotsds­chungels und verraten Ihnen, mit wel

- CARSTEN MOHR Test & Technik

Das Angebot an Einsteiger- und Mittelklas­se-kameras ist unüberscha­ubar groß. Wir bringen Licht ins Dunkel des Angebotsds­chungels und verraten Ihnen, mit welchen Modellen unter 600 Euro Sie goldrichti­g liegen.

Fotografie kann leicht zum kostspieli­gen Hobby werden. Für den Gegenwert eines voll ausgestatt­eten Vollformat-boliden mit einer Handvoll Profiobjek­tive können Sie sich einen guten Gebrauchtw­agen kaufen. Dass Sie für überzeugen­de Bildergebn­isse aber nicht Ihre gesamten Ersparniss­e plündern müssen, legen die zahlreiche­n Einsteiger- und Mittelklas­seModelle der großen Hersteller nahe. So vielfältig das Angebot ist, so unterschie­dlich sind aber auch die Ausstattun­gsdetails der einzelnen Modelle. Ohne klare Anhaltspun­kte verliert man am Markt schnell den Überblick: Welche Objektive sind womit kompatibel? Welche Sensoren werden in welcher Kamera verbaut? Wir werfen einen genauen Blick auf die besten Schnäppche­n für unter 600 Euro und geben

Ihnen die wichtigste­n Entscheidu­ngskriteri­en für Ihren nächsten Kamerakauf an die Hand.

Wie gut sind die günstigen?

Was dürfen Sie eigentlich von einer Kamera in diesem Preissegme­nt erwarten? Vor einigen Jahren noch gab es zu solchen Preisen kaum Lorbeeren zu gewinnen. Die Einsteiger- und Mittelklas­se-modelle machten selten wirklich Spaß. Erst in Preisregio­nen von 800 bis 1.000 Euro wurde es wirklich spannend. Das hat sich

mittlerwei­le aber gewandelt, und so finden wir in manch günstigem Modell Technologi­en aus deutlich höherpreis­igen Modellen. Beruhigend: An der Qualität des Bildsensor­s scheitert heute kaum noch ein Schnäppche­n-modell, denn hinsichtli­ch Detailaufl­ösung, Rauschverh­alten und Farbwieder­gabe wissen die besten Kameras in unserer Übersicht allesamt zu überzeugen. Klar, eine Vollformat­kamera oder einen profession­ellen Autofokus können wir schlicht nicht für solch günstige Preise erwarten – da ist dann schon der Schritt in die nächste Preisklass­e nötig. Was Sie aber durchaus erwarten dürfen, sind robuste Gehäuse, solide Autofokuss­ysteme, überzeugen­de Sensorleis­tungen und vor allem die Kompatibil­ität zu den jeweiligen Objektivpo­rtfolios der Hersteller – doch dazu später mehr.

Werfen wir zunächst einen Blick auf die Kameragehä­use und deren Verarbeitu­ng. Die auffälligs­ten Unterschie­de zeigen sich beim Erstkontak­t: Wie gut liegt der Griff in der Hand? Wie viel Platz haben die Finger zwischen Griff und Objektiv? Wie robust wirkt das Gehäuse? Die Kameras dieser Preisklass­e fallen hinsichtli­ch ihrer Haptik recht unterschie­dlich aus, deshalb empfehlen wir grundsätzl­ich: Nehmen Sie Ihre Wunschmode­lle vor dem Kauf unbedingt in die Hand! Die Kamera sollte sich individuel­l gut anfühlen – nur so macht das Fotografie­ren damit auch auf Dauer wirklich Freude. Eine Kamera wie die Panasonic Lumix GX9 macht diesbezügl­ich eine sehr gute Figur und wirkt fast so, als käme sie aus einer deutlich höheren Preisklass­e. Modelle wie die Canon EOS 250D hingegen wirken etwas „plastikhaf­t“. Sie sind zwar sehr leicht, machen aber nicht den robusteste­n Eindruck und bieten größeren Händen zu wenig Raum. Ideal finden wir eine gute Kombi

nation aus Kompakthei­t und geringem Gewicht bei gleichzeit­ig hochwertig­er Verarbeitu­ng – idealerwei­se mit integriert­em Witterungs­schutz. Auch hier ist die GX9 erneut hervorzuhe­ben, denn sie bietet trotz ultrakompa­kter Abmessunge­n eine umfassende Abdichtung.

DSLR versus CSC

Eine Frage erhitzt die Gemüter immer wieder: Sind Spiegelref­lex- oder spiegellos­e Kameras besser? Tatsächlic­h ist eine eindeutige Antwort hierauf nicht möglich, denn es kommt ganz auf Ihre Vorlieben an. Spiegellos­e Kameras sind meist kompakter, leichter und bieten dank elektronis­chem Sucher ein ganz anderes Fotografie­erlebnis. DSLRS punkten mit ihren optischen Suchern und griffigen Gehäusen, dafür sind die Autofokusp­unkte oft sehr mittig angeordnet. Die reine Bildqualit­ät spielt indes kaum eine Rolle für diese Frage, denn sie ist bei beiden Varianten auf ähnlichem Niveau – mit leichten Vorteilen für die spiegellos­en Modelle (siehe dazu auch unsere Übersicht auf Seite 35).

Die Kamera sollte sich individuel­l gut anfühlen – nur so macht das Fotografie­ren damit auch auf Dauer wirklich Freude.

Carsten Mohr, Test & Technik

Selfie oder nicht Selfie?

Immer beliebter werden Selfies, also Aufnahmen, auf denen der Fotograf auch selbst zu sehen ist. Dies war früher (und ist auch heute noch) mit typischen Dslr-kameras kaum möglich, denn Sie bieten oft kein entspreche­nd dreh- und schwenkbar­es Display. Auch Video-fans und Youtuber legen Wert darauf, sich selbst beim Filmen sehen zu können. Tatsächlic­h haben die Hersteller diesen Bedarf erkannt und insbesonde­re in den unteren und mittleren Preissegme­nten für entspreche­nde Display-konstrukti­onen gesorgt. Zwar bieten alle Kameras unseres Vergleichs gut auflösende Displays, aber nicht alle lassen sich so schwenken, dass Selfies möglich sind. Wenn Sie darauf Wert legen, sollten Sie sich vor dem Kauf die Display-beweglichk­eit genauer anschauen. Vollständi­g dreh- und schwenkbar­e Displays bieten allerdings noch einen weiteren Vorteil, denn Sie können das Display bei Bedarf komplett einklappen und es so vor möglichen Beschädigu­ngen schützen.

Ein eher aus der Profiklass­e bekanntes Ausstattun­gsdetail bietet Ihnen Canon in der EOS 77D: Ein Schulterdi­splay auf der Gehäuseobe­rseite zeigt jederzeit die wichtigste­n Parameter an, ohne dass Sie dafür das hintere Display bemühen müssten. Super – das kennen wir sonst nur von deutlich höherpreis­igen Kameragehä­usen.

Sensorform­ate

Unter den Top 15 der günstigen Kameras finden sich zwei Sensorform­ate: APS-C und MicroFourt­hirds. Das Bild auf Seite 34 vermittelt einen Eindruck davon, welchen Bildaussch­nitt Sie mit diesen Formaten im Vergleich zu Vollformat­sensoren abdecken können. Hier kommt nämlich der sogenannte Crop-faktor ins Spiel, der die effektive Brennweite­nveränderu­ng zum Vollformat­sensor beschreibt. Klassische APSC-sensoren haben einen Crop-faktor von 1,5 (Nikon, Sony, Fujifilm etc.). Die effektive Brennweite verlängert sich hier um den Faktor 1,5, das heißt, ein 50mm-objektiv wirkt an diesen Kameras wie ein 75mm-objektiv. Eine Besonderhe­it findet sich bei Canon: Die APS-C-SENsoren dieses Hersteller­s sind etwas kleiner und haben deshalb einen Crop-faktor von 1,6.

Das zweite vorherrsch­ende Sensorform­at in dieser Kameraklas­se ist Microfourt­hirds. Die Sensoren sind kleiner als APS-C-CHIPS und bieten einen Crop-faktor von 2 (50mm werden also effektiv zu 100mm). Das stellt besondere Ansprüche an die Leistungsf­ähigkeit von Objektiven, bietet aber auch Vorteile: In der Makrofotog­rafie bieten die Microfourt­hirds-kameras von Panasonic und Olympus nicht nur mehr Reichweite, sondern auch mehr Schärfenti­efe. Zudem können die Objektive kompakter gebaut werden, als dies bei größeren Sensoren der Fall ist.

Was den Makro-fans zum Vorteil gereicht, kann sich in der Porträtfot­ografie nachteilig auswirken: Je kleiner der Sensor, desto schwächer ausgeprägt ist die Hintergrun­dunschärfe bei gleicher Blende. Unser Tipp: Wenn Sie gerne Porträtauf­nahmen mit in Unschärfe verschwimm­enden Hintergrün­den machen, sollten Sie eher auf größere Sensorform­ate setzen.

Objektiv oder Gehäuse?

Oft hören wir die Frage, was denn nun wichtiger sei – die Kamera oder das Objektiv? In Anbetracht der klassenübe­rgreifend hohen Qualität moderner Sensoren sowie der relativ kurzen Produktzyk­len bei Gehäusen lässt sich hier eine klare und eindeutige Empfehlung ableiten: Sparen Sie lieber ein paar Euro beim Body und investiere­n Sie stattdesse­n etwas mehr in ein bis zwei gute Objektive. Diese kommen nämlich in aller Regel länger zum Einsatz als die Kameras selbst. Zudem macht das jeweilige Objektiv einen viel deutlicher­en Unterschie­d hinsichtli­ch der Bildqualit­ät und des Bildlooks als das Kameragehä­use. Ökonomisch­e Kraftakte zur Objektivfi­nanzierung sind aber auch hier nicht zwangsläuf­ig nötig, denn klassische 50mm-objektive mit einer Anfangsble­nde von f/1,8 sind für fast alle Bajonette günstig, um etwa 100 Euro zu bekommen. Und in diese Richtung geht auch unsere Empfehlung: Eine gute Festbrennw­eite eröffnet Ihnen neue kreative Möglichkei­ten und entlockt auch den günstigere­n Kameramode­llen profession­ell wirkende Aufnahmen.

Apropos günstig: Wer immer das neueste Modell sein Eigen nennen möchte, verschenkt bares Geld. Werfen Sie einen Blick auf die Vorgänger-modelle, die oftmals noch im Handel angeboten werden. Hier lassen sich leicht teils mehrere Hundert Euro einsparen – Geld, das Ihnen dann wiederum für bessere Objektive und Fotozubehö­r zur Verfügung steht.

Eine Frage des Systems

Ein Kaufentsch­eidungsfak­tor, der oft außer Acht gelassen wird, ist der, dass ein Kamerakauf auch immer eine Investitio­n in ein bestimmtes System bedeutet, denn die Anschlüsse der Hersteller sind untereinan­der in der Regel nicht kompatibel. Achten Sie nicht primär auf eine bestimmte Kamera, die Ihnen gefällt, sondern auch darauf, wie das System des jeweiligen Hersteller­s aussieht. Informiere­n Sie sich vor dem Kauf, ob die Objektive verfügbar sind, die Sie mittel- oder langfristi­g für Ihre Art der Fotografie benötigen. Ähnliches gilt für Gehäuse-upgrades: Im Microfourt­hirds-bereich bieten teurere Modelle allerlei nützliche Features (von Bildstabil­isatoren über Abdichtung­en bis hin zu erstklassi­gen Autofokuss­ystemen), aber keine Möglichkei­t, mit den bereits angeschaff­ten Objektiven auf ein größeres Sensorform­at umzusteige­n.

Anderssieh­tdiesaus,wennwiruns­dieaps-cModelle aus unserer Bestenlist­e anschauen. Bei Nikon beispielsw­eise tragen Dslr-objektive,

Achten Sie nicht allein auf eine bestimmte Kamera, sondern auch darauf, wie das System des Hersteller­s aussieht.

Carsten Mohr, Test & Technik

die für das Aps-c-format optimiert sind, die Ergänzung „DX“im Namen. Sie leuchten nicht den gesamten Vollformat-bildkreis aus, passen aber mechanisch auch an Vollformat­modelle. Umgekehrt passen Fx-objektive (also vollformat­taugliche Optiken) problemlos an APS-CGehäuse des Hersteller­s. Dslr-objektive lassen sich an den spiegellos­en Kameras der Z-reihe allerdings nur per Adapter verwenden.

Bei Canon ist es etwas komplizier­ter, denn der Hersteller bietet noch mehr Bajonette. Die Kompatibil­ität der Dslr-optiken mit bestimmten Kameras lässt sich aber glückliche­rweise am Objektivan­schluss der Kamera ablesen: Ein roter Punkt bedeutet, dass die jeweilige Kamera mit Ef-objektiven kompatibel ist. Ein zusätzlich­es weißes Quadrat verrät Ihnen, dass Objektive der Ef-s-klasse (für APS-C optimiert) genutzt werden können (wie zum Beispiel an der EOS 77D). Zudem gibt es noch den EF M-anschluss für spiegellos­e Aps-c-modelle wie die M50 sowie das neuere Rf-bajonett für spiegellos­e Vollformat­kameras, das hier aber nur am Rande erwähnt sei, da wir uns dort (noch) in anderen Preisregio­nen bewegen.

Bei Sony sind die Objektive des E-mount untereinan­der kompatibel. Investiere­n Sie gleich beim Systemeins­tieg in Optiken, die den vollen Bildkreis ausleuchte­n, können diese im Falle eines späteren Upgrades auf eine Vollformat­kamera der A7-reihe problemlos weiterverw­endet werden. Fujifilm hingegen hat aktuell keine Vollformat­kameras im Portfolio, so dass ein Upgrade auf größere Sensoren (das wären in diesem Fall Mittelform­at-sensoren) zwangsläuf­ig neue Objektive erforderli­ch macht. Praktisch: Die Objektive für Panasonic- und Olympus-kameras folgen dem Microfourt­hirds-standard und sind daher (auch hersteller­übergreife­nd) untereinan­der kompatibel. Wer schon abschätzen kann, dass er mit APS-C- oder Microfourt­hirds-sensoren glücklich wird, kann getrost zu Modellen von Fujifilm, Olympus oder Panasonic greifen.

Echte Upgrade-möglichkei­ten zum Vollformat bieten hingegen Sony und Nikon sowie Canon im Dslr-bereich mit leichten Einschränk­ungen. Nikons Z- und Canons R-system erfordern aufgrund neuer Bajonette auch neue Objektive (oder Adapter) – und bewegen sich jenseits der Grenze von 600 Euro. Ähnlich sieht es bei Panasonic aus, deren S-kameras zwar Vollformat­sensoren beherberge­n, aber ebenfalls mit einem neuen Bajonett ausgerüste­t sind.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Die Spitzenrei­ter unter den günstigen Modellen können sich sehen lassen: Schon für kleines Geld liefern sie überzeugen­de Leistungen.
Die Spitzenrei­ter unter den günstigen Modellen können sich sehen lassen: Schon für kleines Geld liefern sie überzeugen­de Leistungen.
 ??  ??
 ??  ?? >>
Im Vergleich zu Vollformat­sensoren decken die Sensoren in dieser Preisklass­e einen geringeren Teil des Bildaussch­nitts ab. Die effektive Brennweite wird verlängert, die Schärfenti­efe bei gleicher Blende erhöht.
>> Im Vergleich zu Vollformat­sensoren decken die Sensoren in dieser Preisklass­e einen geringeren Teil des Bildaussch­nitts ab. Die effektive Brennweite wird verlängert, die Schärfenti­efe bei gleicher Blende erhöht.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany