VOM LABORTISCH IN DIE NATUR
Biologe Julian Kiefer ist immer wieder fasziniert von der detailreichen Welt der kleinen Dinge. Worauf es ankommt, um quirlige Insekten zur Mittagszeit in scharfen Bildern einzufangen, verrät er im Interview.
Julian, erzähl uns kurz von dir: Wie bist du zur Makrofotografie gekommen und was fasziniert dich daran?
Durch mein Biologie-studium bin ich es vom Arbeiten am Mikroskop gewohnt, sehr nah an meine Objekte heranzukommen und Details aufzudecken, die einem mit dem bloßen Auge verborgen bleiben. Mit der Makrofotografie möchte ich das Gleiche erreichen – nur eben an lebenden Objekten in ihrem natürlichen Lebensraum. Mittlerweile habe ich mich auf Insekten im wahrsten Sinne des Wortes eingeschossen, allen voran Libellen. Ich liebe es einfach, durch Makros neue Details an den Tieren zu entdecken und bin immer wieder aufs Neue erstaunt. Zudem lernt man so sehr viel über die Natur. Bevor ich mit dem Fotografieren begonnen habe, sah für mich jede Libelle aus wie die andere. Heute erkenne ich aber an den kleinsten Details, um welche Spezies es sich handelt und ob ich sie schon fotografiert habe.
Was ist im Umgang mit den winzigen Wesen besonders wichtig?
Auf jeden Fall Geduld! Auf den ersten Blick sieht ein Stück Wiese relativ verlassen aus, aber setzt man sich einfach mal hin und wartet ab, wird man nach und nach entdecken, was dort so alles kreucht und fleucht. Dann gilt: beobachten und auf die Lauer legen, bis sich ein interessantes Motiv ergibt und man dieses einfängt – aber natürlich nur mit der Kamera!
Planst du deine Motive im Vorfeld?
Nein, inzwischen lasse ich die Motive lieber auf mich zukommen. Anfangs bin ich immer mit einem gewissen Ziel vor Augen raus in die Natur und war dann enttäuscht, weil ich das eine bestimmte Motiv nicht so hinbekommen habe, wie ich wollte. Zudem habe ich durch diesen Tunnelblick viele andere schöne Motive links liegen lassen.
Und wie ist dieses Bild entstanden?
Zum Einsatz kam meine Nikon D5300 mit dem Sigma 105mm. Fotografiert man Insekten zur Mittagszeit, hat man meist das Problem, dass sie sehr aktiv sind. Gerade Marienkäfer sitzen eigentlich nie still. Dieser war gerade dabei, sich zu putzen, daher habe ich den ISOWert auf 1250 hochgeschraubt und bei Blende f/7,1 die Zeitautomatik verwendet. Meist bleibt einem nicht besonders viel Zeit zum Fotografieren, bis das Motiv auch schon wieder davonkrabbelt. Deshalb nehme ich oft lieber ein Bildrauschen in Kauf, anstatt ein unscharfes Ergebnis zu erhalten. Bei diesem Foto handelt es sich um eine Einzelaufnahme. Für gewöhnlich stacke ich meine Bilder, aber durch den putzwütigen Käfer wäre dies hier nahezu unmöglich gewesen.