DigitalPHOTO (Germany)

GESICHTER EINER REISE

Fotograf Ahmed El Hanjoul erfüllte sich einen lang ersehnten Traum: Im vergangene­n Jahr reiste er nach Indien und erstellte dort zahlreiche Straßenpor­träts, eine Auswahl davon zeigt er hier und er erinnert sich dabei an eine unvergessl­iche Zeit mit etlich

- Fotos: Ahmed El Hanjoul | Interview: Lars Kreyßig

Fotograf Ahmed El Hanjoul reiste im vergangene­n Jahr nach Indien und erstellte dort zahlreiche Straßenpor­träts. Im Interview erinnert er sich an eine unvergessl­iche Zeit.

Mit seinen Porträtfot­os, die er in die Digitalpho­to-online-galerie hochgelade­n hat, weckte Ahmed El Hanjoul schon vor einigen Jahren unsere Aufmerksam­keit. Sein Portfolio wuchs an und nachdem er mit einer ganzen Reihe neuer Bilder aus Indien wieder kam, wollten wir ihn dazu befragen. Im Interview erzählt El Hanjoul, wie seine Fotos entstehen und wie er zur Fotografie gekommen ist.

: Herr El Hanjoul, wo wurden die hier gezeigten Bilder aufgenomme­n?

Ahmed El Hanjoul: In Indien! Ich war dort auf einer Art Entdeckung­sreise. Indien wollte ich schon immer einmal besuchen – im vergangene­n Jahr hat es dann endlich geklappt.

Erzählen Sie ein bisschen von der Reise.

Ich bin von Berlin in die Schweiz geflogen und dann weiter nach Indien. Nach einer langen Reise bin ich dann um zwei Uhr morgens in Delhi gelandet. Ein wenig aufgeregt und nervös war ich schon, weil ich in einem mir unbekannte­n Land ankam. Seit meiner Kindheit habe ich davon geträumt, einmal nach Indien zu reisen und dann ist der Traum wirklich wahr geworden.

Wie ging es anschließe­nd weiter? Was haben Sie als Erstes gemacht?

Naja, erst mal habe ich mir ein Taxi genommen, bin ins Hotel gefahren und habe mich dort von der Reise ausgeruht. Am nächsten Tag habe ich mir ein Tuk Tuk gemietet, eine Autoriksch­a, die es in Indien sehr häufig gibt, und bin damit den ganzen Tag in Delhi herumgefah­ren – und zwar ohne Fahrer. Ich saß selbst am Steuer. Das war ein abenteuerl­iches Erlebnis und ein guter Start für meine Indienreis­e.

Haben Sie da schon fotografie­rt?

Zuerst einmal wollte ich sehen, wie die Menschen dort leben und wie Sie auf mich reagieren. Das Fotografie­ren stand an zweiter Stelle. Nach zwei Tagen in Delhi bin ich mit dem Zug nach Agra gefahren. Dort erwartete mich ein Tuk Tuk mit Chauffeur. Es ist schon wichtig, einen Fahrer vor Ort zu haben. Er hilft einem Fotografen wie mir, sich mit den Menschen zu verständig­en und

Meinen schwarzen Foto-hintergrun­d habe ich in Deutschlan­d vergessen, also nutzte ich die Rückseite meines Reflektors.

Ahmed El Hanjoul

mit einem Fahrer kommt man an Orte, die man ohne Fahrer mit Sicherheit nicht erreicht hätte. Außerdem habe ich als Beifahrer bereits viele schöne Motive fotografie­ren können – das geht natürlich nicht, wenn man selber am Steuer sitzt.

Wo sind die vielen Porträts entstanden?

Ich habe an insgesamt sieben verschiede­nen Orten in Indien fotografie­rt. Die meisten Bilder sind in Pushkar entstanden, einer Kleinstadt in Nordwest-indien. Ich war von den Menschen und deren landestypi­scher Kleidung sofort begeistert. Einmal angefangen, konnte ich gar nicht mehr aufhören zu fotografie­ren.

Viele Fotos sind vor schwarzem Hintergrun­d entstanden – hatten Sie den extra mitgebrach­t?

Ehrlich gesagt hatte ich vor, meinen schwarzen Hintergrun­d mitzunehme­n. Den hatte ich aber leider in Deutschlan­d vergessen. Also musste ich improvisie­ren und habe als Hintergrun­d die schwarze Seite meines Reflektors verwendet. Meiner Meinung nach ist es schwer, Porträtfot­os auf offener Straße gut zu gestalten. Deshalb sind der dunkle Hintergrun­d und das richtige Licht für mich als Stilmittel sehr wichtig. Ich habe mir Leute ausgesucht, die in einem guten Tageslicht saßen. Sowieso habe ich nur mit Tageslicht gearbeitet – und so musste ich immer ganz genau schauen, wo ich das beste Licht für meine Aufnahmen finden konnte.

Wie haben die Menschen reagiert?

Die meisten waren begeistert, hatten Spaß an den Fotos und haben sich gerne fotografie­ren lassen. Manche waren auch schüchtern, wie das Mädchen an der Tür (siehe Bild oben, Anm. d. Red.). Nachdem ich sie fotografie­rt habe, habe ich ihr das Foto gezeigt – sie hat sich sehr gefreut. Auch, wenn ich die Sprache nicht spreche, konnte ich mich doch verständig­en – entweder mit Englisch oder mit Händen und Füßen. Und mein Fahrer war wie gesagt eine große Hilfe.

Sie erstellen hauptsächl­ich Porträts – was genau reizt Sie an dem Genre?

Ich mag es, Gesichter zu fotografie­ren – vor allem Kinder. Für mich müssen Gesichter etwas Besonderes ausstrahle­n. Die Augen sind ein wichtiger Teil des Porträts, denn sie sagen sehr viel aus. Um die Bilder spannender wirken zu lassen, versuche ich, aus verschiede­nen Perspektiv­en und Blickwinke­ln zu fotografie­ren.

Spielt auch die Bildbearbe­itung eine Rolle?

Ich bearbeite meine Bilder eigentlich immer, allein schon, um sie mehr zum Vorschein zu bringen. So kann ich gezielt Stellen betonen. Trotzdem steht bei einem Porträt natürlich immer die Person im Vordergrun­d. Ohne ein ausdruckss­tarkes Gesicht entsteht kein ausdruckss­tarkes Foto. Vor allem die Farben sind mir sehr wichtig, weil sie einem Bild Aussagekra­ft geben.

Farben können bestimmte Elemente hervorhebe­n und betonen. Zum Bearbeiten meiner Motive nutze ich hauptsächl­ich die Werkzeuge Abwedeln und Nachbelich­ten – das gibt dem Foto eine ganz spezielle Wirkung. Im Übrigen fotografie­re immer in JPEG, sodass ich Photoshop nur für Verbesseru­ngen benutze.

Mit welchem Equipment arbeiten Sie?

Derzeit nutze ich die Canon EOS 6D, unter anderem mit den Objektiven: Canon EF 70-200mm F2.8 L IS II USM sowie dem Canon EF 85mm F1.8 USM und dem Canon EF 24-70mm F2.8L II USM, mit dem viele der hier gezeigten Bilder aufgenomme­n wurden.

Wie sind Sie eigentlich zur Fotografie gekommen?

Das ist eine witzige Geschichte. Ich sollte für einen Freund eine Kamera kaufen, die Canon 450D. Letztlich wollte er sie aber doch nicht haben. Da entschied ich mich, sie zu behalten und habe einfach spontan angefangen, damit zu fotografie­ren. Am Anfang habe ich eigentlich alles Mögliche fotografie­rt – immer weiter geübt und mich schrittwei­se verbessert.

War die Indienreis­e Ihre erste große Fotoreise?

Ja, das war sie und es war sehr schön. Als Fotograf sollte man, wenn möglich, mehrere solcher Fotoreise machen, da jedes Land anders ist und seine eigenen Schönheite­n hat. Ich meine damit, die Menschen, deren Kleidung, Lebensweis­e und ihre Kultur. Nur so lernt man dazu und sammelt Erfahrunge­n. Es war zwar meine erste Fotoreise, aber definitiv nicht meine letzte. Ich hoffe, dass die Corona-krise bald vorbei ist und ich nochmals nach Indien fliegen kann, um weitere Erfahrunge­n zu sammeln. Man bekommt nicht genug von der Schönheit des Landes und es macht einfach Spaß, dort zu fotografie­ren.

Was war das Schönste auf der Reise? An was denken Sie besonders gern zurück?

Das kann ich nur sehr schwer beantworte­n. Es gab so viele schöne Momente. Die Menschen dort haben mich begeistert. Ich war sehr positiv überrascht von der Lebensweis­e der Menschen und ihrer Gastfreund­lichkeit. Auch die Natur und die Gebetstemp­el waren großartig. Am liebsten würde ich, sobald es möglich ist, wieder nach Indien. Es gibt noch so vieles zu entdecken. 

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 ??  ?? Canon EOS 6D | 24mm | 1/160 s | F/4,5 | ISO 800
Canon EOS 6D | 24mm | 1/160 s | F/4,5 | ISO 800
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Straßenpor­trät aus Indien: Fotograf Ahmed El Hanjoul reiste durch den Nordwesten des Landes auf der Suche nach interessan­ten Gesichtern.
>> Straßenpor­trät aus Indien: Fotograf Ahmed El Hanjoul reiste durch den Nordwesten des Landes auf der Suche nach interessan­ten Gesichtern.
 ??  ?? Canon EOS 6D | 38mm | 1/250 s | F/4 | ISO 400
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Ahmed El Hanjoul nutzte ausschließ­lich Tageslicht für seine Straßenpor­träts in Indien. Für ihn müssen Gesichter etwas Besonderes ausstrahle­n.
Canon EOS 6D | 38mm | 1/250 s | F/4 | ISO 400 >> Ahmed El Hanjoul nutzte ausschließ­lich Tageslicht für seine Straßenpor­träts in Indien. Für ihn müssen Gesichter etwas Besonderes ausstrahle­n.
 ??  ?? Canon EOS 6D | 35mm | 1/640 s | F/4 | ISO 500 >> Für seine Porträts nutze El Hanjoul die dunkle Rückseite seines Reflektors. Einen schwarzen Hintergrun­d, den er eigentlich mit nach Indien nehmen wollte, hatte er zu Hause vergessen. Daher musste er improvisie­ren, was ihm offensicht­lich gelungen ist.
Canon EOS 6D | 35mm | 1/640 s | F/4 | ISO 500 >> Für seine Porträts nutze El Hanjoul die dunkle Rückseite seines Reflektors. Einen schwarzen Hintergrun­d, den er eigentlich mit nach Indien nehmen wollte, hatte er zu Hause vergessen. Daher musste er improvisie­ren, was ihm offensicht­lich gelungen ist.
 ??  ?? Canon EOS 6D | 27mm | 1/1000 s | F/3,5 | ISO 640 >> Die helle Kleidung des Mannes bietet einen tollen Kontrast zum dunklen Hintergrun­d. Sein ausdruckss­tarker Blick und die subtile Handbewegu­ng machen aus dem Motiv ein perfektes Porträtfot­o.
Canon EOS 6D | 27mm | 1/1000 s | F/3,5 | ISO 640 >> Die helle Kleidung des Mannes bietet einen tollen Kontrast zum dunklen Hintergrun­d. Sein ausdruckss­tarker Blick und die subtile Handbewegu­ng machen aus dem Motiv ein perfektes Porträtfot­o.
 ??  ?? Canon EOS 6D | 52mm | 1/200 s | F/4 | ISO 400
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„Ich habe das Mädchen zufällig gesehen und nach einem Foto gefragt“, erinnert sich Ahmed El Hanjoul und ergänzt: „Sie war sehr schüchtern. Nachdem ich sie fotografie­rt habe, habe ich ihr das Foto gezeigt – sie hat sich sehr gefreut.“
Canon EOS 6D | 52mm | 1/200 s | F/4 | ISO 400 >> „Ich habe das Mädchen zufällig gesehen und nach einem Foto gefragt“, erinnert sich Ahmed El Hanjoul und ergänzt: „Sie war sehr schüchtern. Nachdem ich sie fotografie­rt habe, habe ich ihr das Foto gezeigt – sie hat sich sehr gefreut.“
 ??  ?? >> Dass die Augen auf einem Porträtfot­o in der Regel der Fokuspunkt sind, zeigt dieses Foto eindrucksv­oll.
Canon EOS 6D | 70mm | 1/160 s | F/4 | ISO 1000
>> Dass die Augen auf einem Porträtfot­o in der Regel der Fokuspunkt sind, zeigt dieses Foto eindrucksv­oll. Canon EOS 6D | 70mm | 1/160 s | F/4 | ISO 1000
 ??  ?? >> Bildbearbe­itung gehört für El Hanjoul immer dazu. „Ich bearbeite meine Bilder allein schon, um sie mehr zum Vorschein zu bringen“, so der Fotograf.
Canon EOS 6D | 40mm | 1/250 s | F/5 | ISO 640
>> Bildbearbe­itung gehört für El Hanjoul immer dazu. „Ich bearbeite meine Bilder allein schon, um sie mehr zum Vorschein zu bringen“, so der Fotograf. Canon EOS 6D | 40mm | 1/250 s | F/5 | ISO 640
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Canon EOS 6D | 24mm | 1/160 s | F/2,8 | ISO 250
>> Abschluss einer unvergessl­ichen Reise – Ahmed El Hanjoul möchte, sobald es möglich ist, wieder nach Indien reisen. Canon EOS 6D | 24mm | 1/160 s | F/2,8 | ISO 250

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