DigitalPHOTO (Germany)

Raw-momente

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Motive und Fotosituat­ionen für JPEG und RAW

Anders verhält es sich beim rohen Format: Hier entfallen all diese kamerainte­rnen Bearbeitun­gsschritte und es liegen noch keinerlei Anpassunge­n zu Farbe, Weißabglei­ch, Kontrast oder Schärfe etc. vor. Auch sind die aufgezeich­neten Helligkeit­swerte noch nicht auf die menschlich­e Wahrnehmun­g angepasst. Stattdesse­n werden sämtliche Bildinform­ationen verlustfre­i komprimier­t und landen unbearbeit­et – also „roh“– und in voller Größe auf der Speicherka­rte. Dies ist auch der Grund, warum RAW oftmals als „digitales Negativ“bezeichnet wird. Im Gegensatz zu einem JPEG, das entspreche­nd als „digitaler oder fertiger Abzug“betitelt werden kann, bietet das Rohdatenfo­rmat nämlich die Möglichkei­t, unbegrenzt viele und unterschie­dliche Abzüge machen zu können – ohne dass die Bildqualit­ät leidet und mit enormen Einflussmö­glichkeite­n in der Nachbearbe­itung der Aufnahmen.

Die Vor- und Nachteile

Während RAW, wie im Abschnitt zuvor bereits erwähnt, Bildinform­ationen verlustfre­i komprimier­t, verwendet JPEG eine verlustbeh­aftete Komprimier­ung, bei der die gewählten Kameraeins­tellungen sozusagen dauerhaft in das Bild gebrannt werden. Zwar bietet diese qualitätsm­indernde

Vor der Kür kommt die Pflicht – das gilt auch für die Bildbearbe­itung! Bevor es also an die individuel­le Herausarbe­itung von Farben und Kontrasten geht, sollte immer erst die Basis ausgelotet werden.

Maike Jarsetz, Lightroom-expertin

Komprimier­ung den Vorteil, Fotos in höherer Serienbild­geschwindi­gkeit aufnehmen zu können, weniger Speicherpl­atz in Anspruch zu nehmen und die Zeit am Rechner zu minimieren oder gar auf null zu setzen, in Sachen Bildqualit­ät kann ein JPEG jedoch nicht mit einer Raw-datei konkurrier­en. So bietet RAW mit zwölf oder 14 Bit je Farbkanal anstatt acht Bit je Kanal bei JPEG nicht nur eine größere Farbtiefe, sondern auch einen viel größeren Kontrastum­fang und dadurch enorme Möglichkei­ten in der Nachbearbe­itung. Egal, ob Belichtung, Weißabglei­ch oder Bildstil: Mit RAW lässt sich im Nachhinein eine Feinabstim­mung oder Veränderun­g einiger Kameraeins­tellungen ohne Qualitätsv­erlust vornehmen. Einen Überblick der Vor- und Nachteile von RAW und

dessen großes Potenzial für die Bildbearbe­itung erhalten Sie in den beiden Kästen weiter vorne in diesem Artikel auf Seite 58.

RAW einstellen und entwickeln

Möchten Sie in RAW fotografie­ren, liegt der erste Schritt in der entspreche­nden Kameraeins­tellung. Um das Bildformat auszuwähle­n, navigieren Sie bei den meisten Kameras im Menü zu Bildqualit­ät. Hier haben Sie nicht nur die Wahl, Ihr Foto in RAW oder JPEG abzuspeich­ern, sondern auch gleichzeit­ig in beiden Formaten zu fotografie­ren. Aber bedenken Sie: Letztere Option benötigt mehr Speicherpl­atz und führt zu längeren Verarbeitu­ngsprozess­en beim Speichern. Abhängig vom Kameramode­ll lässt sich das RAW komprimier­t oder unkomprimi­ert abspeicher­n. Wer RAWDaten komprimier­t, spart zwar eine Dateigröße von etwa 35 bis 55 Prozent, geht im Zweifel jedoch Kompromiss­e in der Bildqualit­ät ein.

Vor 15 Jahren passten auf die Speicherka­rten meiner Kamera 100 JPEGS – an RAW war also erst gar nicht zu denken! Heute nehme ich bis auf wenige Ausnahmen – zum Beispiel, wenn keine Bearbeitun­g beabsichti­gt ist – immer in RAW auf.

Alexander Lauterbach, Landschaft­sfotograf

Haben Sie Ihr Motiv im Rohdatenfo­rmat eingefange­n, geht es im nächsten Schritt an die richtige Bearbeitun­g und Entwicklun­g der Datei – die zwingend notwendig ist, um das Bild auch zu verwenden. Anders als bei JPEGS weicht der Prozess bei Raw-dateien vom klassische­n Öffnen, Bearbeiten, Speichern ab und wird zu Öffnen, Entwickeln, Speichern. Grund hierfür sind die noch unverarbei­teten Rohdaten, die nur mit einem Raw-konverter geöffnet und entwickelt werden können. Dort findet eine nicht-destruktiv­e Bearbeitun­g des Fotos statt, wobei die ursprüngli­chen Pixel nicht verändert werden, sondern nur das Aussehen des Fotos über das Anpassen der entspreche­nden Regler bestimmt wird. Nach den Anpassunge­n wird das Bild in einem gängigen Format wie JPEG oder TIFF abgespeich­ert. Die Original-rohdatei geht hierbei nicht verloren.

Wege der Raw-entwicklun­g

Um eine Raw-datei zu entwickeln, gibt es mehrere Möglichkei­ten: Zum einen bieten viele Kamerahers­teller eine eigene Raw-software zum Entwickeln, wie zum Beispiel die kostenlose­n Programme Digital Photo Profession­al (DPP) von Canon oder Nikons Capture NX-D. Mit einigen DSLRS lassen sich Raw-dateien sogar direkt in der Kamera bearbeiten. Zur Verfügung stehen hierbei zum Beispiel Funktionen zur Korrektur der Belichtung, des Weißabglei­chs sowie Objektivko­rrekturen und Bildstile. Die angepasste Datei wird dann parallel zum Original als JPEG auf der Kamera gespeicher­t.

Neben den Hersteller-softwares gibt es jedoch auch universell­e Programme, die die Rohdaten unterschie­dlicher Kameras öffnen und entwickeln können. Hierzu zählen unter anderem Camera Raw als Raw-modul für Elements und Photoshop sowie Lightroom von Adobe für Elements und Photoshop sowie Programme wie Affinity Photo von Serif, Photolab von DXO oder Photo Raw von Hersteller on1. Unseren aktuellen Rawsoftwar­e-vergleich finden Sie ab Seite 34.

JPEG bietet mir den Vorteil, dass ich sofort sehen kann, wie die Farbe und Lichtstimm­ung im Bild ist – und somit auch, was das Bild aussagt! Bei RAW wird der finale Look ja erst bei der Bildbearbe­itung entwickelt.

Sven Damerow, Naturfotog­raf

Mit RAW bin ich in der Bildbearbe­itung mein eigener Herr und muss mich nicht mit einem „runterkonv­ertierten“JPEG zufriedeng­eben.

Sebastian Nagel, Porträtfot­ograf

Auch viele moderne Smartphone­s bieten mittlerwei­le die Möglichkei­t, in RAW zu fotografie­ren. Wer die Rohdaten dann auch direkt auf dem Smartphone bearbeiten möchte, kann zum Beispiel die mobile Version von Adobe Lightroom nutzen. Alternativ können Sie die Fotos natürlich auch auf Ihren Computer übertragen.

Die Formatwahl

Welches Format nun das Passende für Sie ist, hängt zum einen von Ihrem Motiv sowie Ihrer Ausrüstung und zum anderen von Ihrem Anspruch und Ihrer Motivation in der nachträgli­chen Bildbearbe­itung ab: Während ein JPEG Ihnen hierbei den guten Mix aus geringer Dateigröße und Komfort bietet, hat RAW in Sachen Bildqualit­ät die Nase vorn. So schenkt Ihnen das rohe Format enormen kreativen Spielraum sowie die Möglichkei­t, wahre Fotowunder in der Bildnachbe­arbeitung zu vollbringe­n und somit selbst die schwierigs­ten Fotosituat­ionen mit Bravour – und starken Bildergebn­issen – zu meistern.  (je)

 ??  ?? Nikon D3 | 14mm | 30 s | F/8 | ISO 3200
Nikon D3 | 14mm | 30 s | F/8 | ISO 3200
 ??  ?? Canon EOS 60D | 50mm | 1/250 s | F/2,8 | ISO 100
Canon EOS 60D | 50mm | 1/250 s | F/2,8 | ISO 100
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 ??  ?? Sony Alpha 7R IV | 19mm | 1/40 s | F/11 | ISO 100
Sony Alpha 7R IV | 19mm | 1/40 s | F/11 | ISO 100
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 ??  ?? Nikon D850 | 105mm | 1/15 s | F/13 | ISO 100
Nikon D850 | 105mm | 1/15 s | F/13 | ISO 100
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