Das perfekte Kamerasystem
MARKENCHECK | Alle Hersteller präsentieren ihre Kameras und Objektive im besten Licht. Doch wer hat die Nase tatsächlich vorn? Wir haben die Vor- und Nachteile der Kamerasysteme für Sie hier zusammengefasst und liefern Ihnen 36 Empfehlungen für Kameras und Objektive jeder Preisklasse.
Wenn mich jemand um eine Kamerakaufberatung bittet, ist meine erste Gegenfrage, ob der- oder diejenige bereits mit einem Kamerasystem vertraut ist. Klar, über den Kauf einer Kamera sollte nicht nur die eigene Erfahrung entscheiden, allerdings ist es wichtig, dass sich jeder mit seinem Kamerasystem wohlfühlt. Ich habe mich beim Einstieg in die digitale Fotografie vor rund zehn Jahren für die EOS 500D entschieden, eine Einsteiger-dslr von Canon. Folglich konnte ich alle nachfolgenden Eos-modelle praktisch im Schlaf bedienen. Das
Handling anderer Kamerasysteme fiel mir hingegen deutlich schwerer. Alternative Kameras von Nikon und Co. habe ich zum Anfang teilweise verflucht. Nach einer kurzen Eingewöhnung habe ich aber auch die anderen Systeme verstanden, sie wertgeschätzen gelernt und mir teilweise sogar Funktionen von Konkurrenzmodellen bei meiner Canon gewünscht. Kurzum: Ob man die eine oder andere Kameramarke bevorzugt, ist auch immer eine Frage der individuellen Erfahrung. Außerdem ist die Wahl einer neuen Kamera zum Start in die Fotografie weitaus offener, als wenn Sie bereits zahlreiche Objektive eines Kamerasystems besitzen. Hier sind zwar Objektivadapter eine mögliche Lösung, allerdings sollte das Ziel ein natives Kamerasystem sein. Eine Alternative ist der Verkauf des gesamten Equipments für einen Neustart mit einem neuen Kamerasystem. Das Problem: Ähnlich wie beim ersten Kauf hat man dann die Qual der Wahl.
Systemkameras im Vorteil
Was also tun, wenn Sie ohne eigene Ausrüstung in die Welt der digitalen Fotografie einsteigen möchten? Das Angebot der Wechselobjektivkameras teilt sich in zwei Lager: die klassischen DSLRS (digitalen Spiegelreflexkameras) und die innovativen CSCS (kompakten Systemkameras). Im Bereich der DSLRS sind vor allem Canon, Nikon und Pentax stark aufgestellt. Die Hersteller haben sich über viele Jahre ein exorbitant großes Kamerasystem aufgebaut. Doch dann folgten vor gut zwölf Jahren die ersten Systemkameras. Panasonic eröffnete mit der Lumix
G1 als Pionier den Markt der spiegellosen Digitalkameras mit Wechselobjektiv. Die Lumix in Form einer klassischen, kompakten DSLR war mit einem 12,1-Megapixel-microfourthirdsSensor ausgestattet, der einen Lichtempfindlichkeitsbereich von ISO 100 bis 3.200 bot und ausschließlich der Fotografie diente. Eine Videofunktion gab es noch nicht – aus heutiger Sicht völlig unvorstellbar, setzen doch viele Hersteller, insbesondere Panasonic, inzwischen konsequent auf Hybridmodelle für Foto und Video.
In den Folgejahren hatten es die spiegellosen Systemkameras nicht leicht. Vor allem die elektronischen Sucher boten im Vergleich zu den optischen Suchern von DSLRS keine vergleichbare Übersicht über das Motiv. Zudem fiel die Akkulaufzeit vergleichsweise gering und der Autofokus deutlich langsamer aus als der von Spiegelreflexkameras. Doch nun hat sich das Blatt gewendet. Spiegellose Systemkameras sind mittlerweile deutlich gefragter als klassische DSLRS. Die Kinderkrankheiten sind behoben und so konzentrieren sich auch die Kamerahersteller auf den Ausbau der spiegellosen Kamerasysteme. Einzig Pentax hält nach einem kurzen Ausflug in die Welt der CSCS an seinem Dslr-angebot fest und lockt mit einer Entwicklungsankündigung einer FlaggschiffAPS-C-DSLR. Alle anderen Hersteller, selbst Canon und Nikon, legen ihren Fokus mittlerweile auf CSCS – vor allem auf Vollformatkameras.
Was bedeutet das für Ihre Kaufentscheidung? Möchten Sie in die Fotografie einsteigen, können Sie natürlich trotzdem zu einer klassischen
Alle Hersteller (außer Pentax) legen ihren Fokus auf den Ausbau eines spiegellosen Kamerasystems.
Tim Herpers, Chef vom Dienst
DSLR greifen. Mit Blick auf den aktuellen Markt und die Aufstellung der Hersteller ist eine spiegellose Systemkamera aber die deutlich bessere Wahl. Blickt man auf das Angebot der Hersteller, konzentrieren sich bereits vier Hersteller ausschließlich auf spiegellose Modelle: Sony, Fujifilm, Panasonic und Olympus. Entsprechend groß ist die Auswahl: Für jedes Budget gibt es eine Kamera. Zudem ist der Gebrauchtmarkt riesig.
Von MFT über APS-C bis Vollformat
Es soll eine spiegellose Systemkamera werden? Gute Entscheidung! Hier haben Sie die Wahl zwischen drei Sensorformaten: Microfourthirds (17,3 x 13 mm), APS-C (herstellerabhängig, etwa 23,6 x 15,8 mm) und Vollformat (36 x 24 mm). Darüber hinaus gibt es noch Sonderformate, wie das Gfx-system von Fujifilm, das sogar einen mittelformatähnlichen Sensor bietet (43,8 x 32,9 mm). Schauen wir uns zunächst das MicroFourthirds-format einmal genauer an. Hier kommen zwei Hersteller infrage: Panasonic und Olympus. Anders als beim APS-C- und Kleinbildformat, bei denen es unterschiedliche Kameraanschlüsse gibt, ist das Microfourthirds-format herstellerunabhängig kompatibel. Sie können also problemlos eine Optik von Olympus an einer Panasonic Lumix montieren und andersherum.
Ein weiterer Vorteil von Mft-kameras ist die Größe: Da der Sensor im Vergleich zum Vollformatsensor erheblich kleiner ist, kann auch die Kamera kleiner gebaut werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die neue Lumix G110 (Test siehe Seite 32), die tatsächlich extrem klein ist. Doch es gibt auch deutlich klobigere Mft-kameras und sogar Vollformatkameras, die kleiner als vergleichbare Mft-kameras sind. Den Beweis dafür hat Panasonic erst kürzlich geliefert: Die neue Lumix S5 (Bericht siehe Seite 16) ist kleiner und leichter als die Lumix GH5, das aktuelle Hybrid-topmodell aus dem Mft-sortiment von Panasonic. Die Regel „Je kleiner der Sensor, desto kleiner die Kamera – und umgekehrt“ist demnach inzwischen klar überholt.
Die Microfourthirds-kameras von Panasonic und Olympus zeichnen sich meist durch einen extrem großen Ausstattungsumfang aus. Beispielsweise ist aufgrund des vergleichbar kleinen Sensors eine sehr effiziente duale Bildstabilisierung möglich. Nicht zu vernachlässigen ist zudem die kompakte Baugröße der Objek
tive. Nachteile von Microfourthirds-kameras zeigen sich oft im High-iso-bereich. Hier leisten in der Regel Kameras mit einem APS-C-SENsor einen deutlich besseren Job.
Vierkampf ums Aps-c-format
Das Angebot im Aps-c-segment ist riesig. Bezogen auf die spiegellosen Systemkameras spielen hier gleich vier Hersteller im Wettbewerb um das beste System mit. Fujifilms Kerngeschäft umfasst die X-trans-kameras mit einem APS-CSensor. Diese Kameras zeichnen sich durch eine besondere Sensorstruktur aus und punkten in unseren Bestenlisten oft besser als gleichpreisige Vollformatkameras. Sony besitzt mit den Modellen der 6000er-serie echte Verkaufsschlager und fährt eine interessante Produktstrategie:
Innerhalb weniger Jahre hat es der Hersteller geschafft, ein vielfältiges Portfolio mit ähnlichen, aber im Detail doch unterschiedlichen Kameras aufzubauen – sei es im APS-C- oder Vollformat-segment. Anstatt Kameramodelle zu ersetzen, bleiben ältere Modelle im Sortiment – neben den neuwertigeren Schwestermodellen. Ein Beispiel dafür ist die Alpha 6000. Die Aps-c-kamera kam vor über 6,5 Jahren auf den Markt und ist nach wie vor erhältlich und das zu einem günstigen Neupreis von weniger als 400 Euro. Zum Vergleich: Das Aps-c-flaggschiff von Sony, die Alpha 6600, kostet mit 1.402 Euro über 1.000 Euro mehr. So bietet Sony selbst im Aps-c-bereich für jedes Budget eine Kamera.
Canon hat mit den Eos-m-kameras seit Herbst 2012 ein spiegelloses Kamerasystem mit
Aps-c-sensor im Angebot. Anfangs wurden die ersten Modelle beginnend mit der EOS M von uns noch hart abgestraft. Vor allem der langsame Autofokus machte jegliche Freude an der Fotografie zunichte. Doch Canon blieb dran und stellte im Frühling 2018 mit der EOS M50 eine großartige Aps-c-kamera mit einem sehr fairen Preis-leistungs-verhältnis vor. Mit der EOS M6 Mark II folgte ein weiteres empfehlenswertes Modell. Schade, dass Canon das Ef-m-portfolio stiefmütterlich behandelt und gerade einmal acht Objektive mit Ef-m-anschluss anbietet.
Mit der Z 50 ist dann Ende letzten Jahres auch Nikon ins spiegellose Aps-c-business eingestiegen. Dank des Z-bajonetts ist die Kamera, ähnlich wie beim E-mount von Sony, auch mit Vollformatobjektiven kompatibel. Das erleichtert