Fotografie trifft „Do it yourself“
Kreative Fotoideen mit Inspiracles
Wie sieht Dein normaler fotografischer Prozess aus? Vermutlich im Großen und Ganzen so: Kamera aus der Tasche holen, Bildausschnitt wählen, Belichtungszeit, Blende und ISO einstellen, fokussieren, auslösen – fertig ist das Foto. Schon mal dran gedacht, zwischendurch das Objektiv abzunehmen und eine leere Toilettenpapierrolle zwischen Body und Objektiv zu befestigen? Klingt komisch? Du hast Recht, aber du hast Dir gerade ein Makro-objektiv gebaut, kein Witz. Klar, dieser kleine Trick ersetzt Dir kein vollwertiges Makro-objektiv und Du solltest außerdem gut aufpassen, dass dabei kein Staub oder Dreck auf Deinem Sensor landet. Aber klebst Du mit etwas Klebeband eine Rolle Toilettenpapier an Dein Objektiv und hältst es damit an Dein Bajonett, dann erlaubt Dir der erhöhte Abstand zwischen Objektiv und Sensor, bis auf wenige Millimeter an Dein Motiv heranzugehen und trotzdem noch (manuell) fokussieren zu können. Auf kleinen Spielereien wie dieser baut auch unsere Inspiracles-edition „Fotohacks“auf.
Mit dem entsprechenden Bastlergeist können Dir noch viel mehr Tricks gelin
gen, etwa für Vintage-effekte direkt aus der Kamera. Vintage-filter sind nach wie vor sehr beliebt, und oft wird viel Zeit in die Bildbearbeitung investiert oder sogar teure Software gekauft, um die Bilder alt aussehen zu lassen. Moderne Objektive und Sensoren erzeugen nun einmal sehr scharfe und „korrekte“Bilder. Da kann es wirklich schwierig sein, dem Bild bereits beim Fotografieren einen gewissen Charakter zu verleihen. Der „Softfokus“-effekt ist ein typisches Beispiel dafür, wie Du ein Bild so aussehen lassen kannst, als wäre es mit einer alten Filmkamera entstanden, die schon ein bisschen was mitgemacht hat. Der Fokus sitzt irgendwie richtig, trotzdem sind die Kanten etwas unscharf und es liegt oft ein verwaschener Schleier über den Bildern. So einen Softfokus erhältst Du mit jedem handelsüblichen Gefrierbeutel. Das glaubst Du nicht? Dann stülpe den Beutel mal über Dein Objektiv und befestige ihn dort mit einem Gummiband. Wenn Du jetzt ein Bild machst, erhältst Du genau diesen Effekt. Es ist selbstverständlich alles andere als ein perfektes Foto, dafür bekommst Du aber für ein paar Cent ganz viel Charakter und eine abstrakte Ebene in Dein Bild, ohne Photoshop dafür bemühen zu müssen.
Fotoausrüstung selbst gebaut
Wenn Du jetzt Schere und Tesafilm ausgepackt hast, weil Du richtig in Bastellaune bist, dann wird Dir der nächste Hack gefallen. Diesmal sollst Du Deinen Aufsteckblitz modifizieren. Beim Stöbern im Internet sind Dir vielleicht schon einmal spezielle MiniSoftboxen für die Verwendung auf Aufsteckblitzen untergekommen. Einige dieser Helfer, die über das Ende des Blitzes gestülpt werden, tragen den liebevollen
Spitznamen „Joghurtbecher“– und das nicht von ungefähr: Auf den ersten Blick sind sie von einem normalen Joghurtbecher kaum zu unterscheiden. Und tatsächlich spricht überhaupt nichts dagegen, nach dem nächsten Joghurtgenuss den Becher an Deinen Aufsteckblitz anzubringen und ihn als Diffusor zu nutzen. Extrapunkte gibt es natürlich, wenn Du den Becher vorher sauber machst und sich keine Aufdrucke direkt auf dem Becher befinden. Außerdem machst Du Dir diesen Aufbau etwas leichter, wenn Du ein paar Schlitze in die Seiten des Bechers schneidest, so lässt er sich schön über den Blitz stülpen. Richtest Du den Blitz jetzt nach oben und fotografierst damit, wirkt das milchige Plastik des Bechers genau wie ein Diffusor und erzeugt viel weicheres und schöneres Licht. Zugegeben: Auf den roten Teppich soll
Obpappkarton, Gefrierbeuteloder Joghurtbecher: Kombiniertmitkamera oderblitzkönnenviele Alltagsdingeganzneue Qualitätenausspielen.
Christopher Kreymborg, Inspiracles Autor
test Du Dich mit diesem Aufbau vielleicht nicht trauen, sonst sind Dir sehr skeptische Blicke gewiss. Als günstige und einfache Lösung für weiches Blitzlicht reicht es aber auf jeden Fall. Dieses Konzept kannst Du natürlich noch weiter treiben. Lass Deiner Kreativität freien Lauf und ersetze den Becher zum Beispiel durch eine Plastikflasche, Luftpolsterfolie, Papier oder Karton. Dabei kannst Du sogar mit verschiedenen Farben spielen. Und wenn Du sowieso gerade Papier und einen Blitz parat hast, kannst Du Dir auch gleich eine Blitzkarte basteln. Viele Aufsteckblitze besitzen so eine kleine Blitzkarte, die sich ausklappen lässt. Je mehr Fläche Du hast, desto schöner wird aber das davon reflektierte Licht. Vielleicht hast Du noch das Gummiband von unserem vorhin besprochenen Fotohack mit dem Gefrierbeutel zur Hand, das kannst Du jetzt verwenden, um Papier oder Moosgummi als Xxl-blitzkarte an Deinem Aufsteckblitz zu befestigen.
Alltagsdinge für die Kameratasche
Fotohacks müssen außerdem nicht gleich ein kreatives Ziel haben. Verloren gegangene Hüllen von Sd-karten kannst Du zum Beispiel super durch die gelben Kapseln von Überraschungseiern ersetzen. Die Größe ist zufällig perfekt, um ein paar SD-KARten darin zu verstauen und sie etwas besser gegen äußere Einflüsse zu schützen.
Auch ein Lichtzelt für die Produktfotografie musst Du nicht zwangsweise im Fachhandel kaufen. Schneide Dir aus einem größeren Versandkarton eine Art Gerüst für das Lichtzelt aus und befestige an den freien Flächen Papier, durch das Du hindurch blitzt. Statt eines Kartons kannst Du auch eine durchsichtige Plastikbox verwenden, über die Du einfach ein Bettlaken legst.
Es ist vielleicht nicht perfekt, aber es funktioniert, und Du kannst stolz darauf sein, dass Du es selbst aus einfachsten Mitteln gebaut hast. Genau darauf kommt es bei solchen Fotohacks an. Kreativere Bilder will jeder Fotograf machen, aber viele vergessen, dass es neben den offensichtlichen Möglichkeiten vor der Kamera auch noch ganz viel Potenzial gibt, um mit seiner Ausrüstung und ein wenig Fingerspitzengefühl kreativ zu werden und einfach mal etwas Neues auszuprobieren.