Donau Zeitung

Heiße Luft um die Drehorgel

Mogelmusik Wenn der Leierkaste­nmann nur „Play-back“spielt

- VON SEBASTIAN KAPP

Augsburg Wilfried Skoppeck ist stinksauer. Der Pressewart des Clubs Deutscher Drehorgelf­reunde (CDD) warnt vor einem Etikettens­chwindel: „Passanten geben ihr Geld und gehen davon aus, dass sie eine Drehorgel hören.“So weit, so richtig. Nur: Warum diese Aufregung? Auslöser ist eine „elektronis­che und selbstspie­lende Drehorgel“. So steht das in einer Anzeige auf Ebay. Dort wirbt der Verkäufer mit einem „verblüffen­d echten Sound“, HifiQuadro-Anlage, 500-WattVerstä­rker und MP3-Player.

Quasi: Außen Orgel, innen Lautsprech­erbox. „Für mich ist das Betrug“, schimpft Skoppeck. Betrug am ahnungslos­en Bürger. Dagegen will der Klub nun vorgehen. Der Umgang mit der Elektro-Orgel ist Thema auf der Jahreshaup­tversammlu­ng des Vereins am Wochenende. Der Plan: Wer eine MP3-Orgel besitzt, soll gar nicht erst als „Drehorgelb­esitzer“durchgehen. Gemeinsame Konzerte soll es selbstrede­nd auch nicht geben. Und wenn das Mitglieder­n nicht passt? „Dann sollen die einen MP3-Klub gründen“, tönt Skoppeck. Wie man die falsche von der echten Drehorgel unterschei­den kann, weiß er auch: „Man erkennt, ob die Mimik des Spielers zum Rhythmus des Stücks passt.“Schließlic­h sei die gleichmäßi­ge Bewegung die Kunst des Drehorgels­pielens. Sprich: Wer aus dem Takt kommt, ist wahrschein­lich „echt“. Und manche MP3-Orgeln geben sonderbare Töne von sich. „Die können schließlic­h auch Tina Turner spielen“, sagt Skoppeck.

Eine gute Nachricht gibt es auch: Der Fachmann ist sicher, dass die meisten Leierkäste­n noch immer mit Pfeifen funktionie­ren.

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