Heiße Luft um die Drehorgel
Mogelmusik Wenn der Leierkastenmann nur „Play-back“spielt
Augsburg Wilfried Skoppeck ist stinksauer. Der Pressewart des Clubs Deutscher Drehorgelfreunde (CDD) warnt vor einem Etikettenschwindel: „Passanten geben ihr Geld und gehen davon aus, dass sie eine Drehorgel hören.“So weit, so richtig. Nur: Warum diese Aufregung? Auslöser ist eine „elektronische und selbstspielende Drehorgel“. So steht das in einer Anzeige auf Ebay. Dort wirbt der Verkäufer mit einem „verblüffend echten Sound“, HifiQuadro-Anlage, 500-WattVerstärker und MP3-Player.
Quasi: Außen Orgel, innen Lautsprecherbox. „Für mich ist das Betrug“, schimpft Skoppeck. Betrug am ahnungslosen Bürger. Dagegen will der Klub nun vorgehen. Der Umgang mit der Elektro-Orgel ist Thema auf der Jahreshauptversammlung des Vereins am Wochenende. Der Plan: Wer eine MP3-Orgel besitzt, soll gar nicht erst als „Drehorgelbesitzer“durchgehen. Gemeinsame Konzerte soll es selbstredend auch nicht geben. Und wenn das Mitgliedern nicht passt? „Dann sollen die einen MP3-Klub gründen“, tönt Skoppeck. Wie man die falsche von der echten Drehorgel unterscheiden kann, weiß er auch: „Man erkennt, ob die Mimik des Spielers zum Rhythmus des Stücks passt.“Schließlich sei die gleichmäßige Bewegung die Kunst des Drehorgelspielens. Sprich: Wer aus dem Takt kommt, ist wahrscheinlich „echt“. Und manche MP3-Orgeln geben sonderbare Töne von sich. „Die können schließlich auch Tina Turner spielen“, sagt Skoppeck.
Eine gute Nachricht gibt es auch: Der Fachmann ist sicher, dass die meisten Leierkästen noch immer mit Pfeifen funktionieren.