Die Briten nennen ihn „The Hammer“Porträt
Thomas Hitzlsperger ist derzeit ARD-Experte bei der Fußball-EM. Er ist einer der wenigen deutschen Fußballer, die in England immer noch Kultstatus genießen
In seinem früheren Leben wurde Thomas Hitzlsperger in England liebevoll „The Hammer“genannt. Dort spielte der Publikumsliebling für Aston Villa, West Ham und Everton. Den Namen bekam der Mittelfeldspieler wegen seiner gewaltigen Schusskraft im linken Fuß. Verletzungsbedingt beendete der bodenständige Bauernsohn aus Forstinning bei München vor drei Jahren seine Fußballkarriere. Noch heute singen die Fans auf der Insel seinen Namen.
Seitdem ist viel passiert im Leben des 34-Jährgen. 2014 bekannte sich Hitzlsperger als erster deutscher Fußballprofi öffentlich zu seiner Homosexualität. „Ich möchte gern die Diskussion über Homosexualität unter Profisportlern voranbringen“, sagte er damals der Zeit. Dieser Schritt fand weltweite Beachtung und brachte dem Ex-Profi Lob und Respekt ein. Dem Fußball ist er nach dem Karriereende treu geblieben. Derzeit ist Hitzlsperger TVExperte bei der Europameisterschaft in Frankreich. Danach wird er als Beauftragter des Vorstands in das Management des nun zweitklassigen VfB Stuttgart wechseln, mit dem er als Spieler 2007 deutscher Meister wurde.
Wenn Hitzlsperger nun mit den ARD-Moderatoren Alexander Bommes oder Markus Othmer die EM-Spiele und die deutsche Mannschaft analysiert, weiß er ganz genau, wovon er spricht: Unter Joachim Löw bestritt Hitzlsperger einen Großteil seiner 52 Länderspiele, spielte das verlorene EM-Finale 2008 gegen Spanien sogar von Beginn an. Er kennt und versteht Löws Philosophie, kann zum Beispiel erklären, wie die Nationalspieler mit den Medien umgehen oder was in den Köpfen der Spieler während den Spielen vorgeht. Während andere Experten wie Oliver Kahn oder Mehmet Scholl durch schlaue Sprüche und Besserwisserei glänzen, besticht Hitzlsperger auf der Expertenbank durch sachliche Analysen und deutliche Aussagen. Dabei bleibt der Münchner mit der hellen Stimme und der akkurat gegelten Frisur stets freundlich und zurückhaltend. Starallüren und Arroganzanfälle sind ihm fremd. „Man sollte als Experte alles wissen und alles gesehen haben, aber nur ja nicht alles sagen“, sagt er.
Hitzlsperger ging schon immer etwas andere Wege. Nach seiner Kindheit auf dem Bauernhof wechselte er schon mit 18 Jahren von der Jugend des FC Bayern nach England zu Aston Villa. Auf der Insel wurde aus dem bayerischen Burschen ein gestandener Mann. Seine Prominenz setzt Hitzlsperger für soziale Projekte ein. Der Hundeliebhaber liest gerne: Das Fußballmagazin 11Freunde schrieb einmal, dass „er der einzige Fußballer war, der garantiert mehr Bücher gelesen hat als die Journalisten, die sich mit ihm unterhalten wollten.“Nur eins kann „The Hammer“laut eigener Aussage überhaupt nicht: Singen. Das überlässt er lieber seinen Fans auf der Insel. William Harrison-Zehelein