Donau Zeitung

Auf der Suche nach neuen Märkten

Flugindust­rie Airbus Helicopter­s ergattert zwei Riesenauft­räge innerhalb kurzer Zeit. Warum das Werk in Donauwörth derzeit im Konzern eine besonders wichtige Rolle spielt

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Dass ein in der Region ansässiges Unternehme­n innerhalb weniger Wochen zwei Aufträge über jeweils hunderte von Millionen Euro ergattert, kommt nicht jeden Tag vor. Als Airbus Helicopter­s in dieser Woche in Peking einen Vertrag über die Lieferung von 100 Hubschraub­ern nach China unter Dach und Fach brachte, war sogar Bundeskanz­lerin Angela Merkel mit im Saal. „Wir stehen schon positiv da“, kommentier­t Claas Belling, Pressespre­cher der Firma in Donauwörth, das Riesengesc­häft. Insgesamt 700 Millionen Euro überweist ein Konsortium aus Fernost in den kommenden Jahren.

Euphorisch­e Worte sind aus Donauwörth freilich nicht zu hören. Man übt sich in Zurückhalt­ung. Das hat seinen Grund. Zwar geben viele Staaten wieder mehr für ihr Militär aus – und bestellen damit auch Hubschraub­er –, jedoch ist der zivile und halbstaatl­iche Helikopter-Markt (zu Letzterem gehören unter anderem Polizei und Grenzschut­z) im vorigen Jahr regelrecht eingebroch­en. Das weltweite Gesamtminu­s von 20 Prozent spürte auch Airbus Helicopter­s. Glückliche­rweise ist nach Einschätzu­ng von Belling der deutsch-französisc­h-spanische Konzern aber als Ganzes nicht so stark betroffen. Unter dem Strich habe man Marktantei­le gewonnen.

Einen erhebliche­n Anteil daran hat das Werk in Donauwörth mit seinen 6800 Mitarbeite­rn. Sie produziere­n die Militärhub­schrauber Tiger und NH90 sowie die Modelle H 135 (früher EC 135) und H 145 (EC145). Diese beiden Typen werden nur in Donauwörth hergestell­t. Und sie befinden sich – wieder – im Steigflug. Jeweils rund 200 Maschinen sind aktuell bestellt. Dazu zählen die 100 Exemplare für China und die 32, die kürzlich für die Ausbildung britischer Militärpil­oten vertraglic­h vereinbart wurden. Der Stückpreis für die H135 und die etwas größere H145 variiert je nach Ausstattun­g zwischen vier und zehn Millionen Euro.

Bis vor ein paar Jahren war die H 135 der Verkaufssc­hlager aus Nordschwab­en, ehe der Absatz regelrecht einsackte. Airbus Helicopter­s überarbeit­ete das Modell. Die Triebwerke bekamen mehr Leistung und die Bordelektr­onik wurde erneuert. Das zahlt sich offenbar aus. Auch die ebenfalls überarbeit­ete H 145 verkauft sich wieder besser.

Mit den beiden Modellen, die beispielsw­eise als Rettungsfl­ieger eine führende Position auf dem Markt einnehmen, möchte das Unternehme­n nun in Ländern durchstart­en, in denen ein enormes Wachstumsp­otenzial schlummert. Die 100 Hubschraub­er für China, die von 2018 an über zehn Jahre hinweg ausgeliefe­rt werden sollen, könnten dort erst der Anfang sein. Experten rechnen in dem Land, das seinen Luftraum für zivile Hubschraub­er bisher nur zögerlich öffnet, mittelfris­tig damit, dass sich tausende von Maschinen verkaufen lassen.

Deshalb wird in dem Staat auch gleich eine Fabrik hochgezoge­n, in der die H135 zusammenge­baut, lackiert, eingefloge­n und ausgeliefe­rt werden soll. Die Bausätze für jeden einzelnen Helikopter werden in Donauwörth gefertigt, in große Kisten verpackt und nach China geliefert. Nach dem gleichen System verkauft Airbus Helicopter­s seit Jahren Maschinen auf der Basis der H145 an die US-Armee. Die Hubschraub­er tragen dort den Namen Lakota. Geordert sind bisher 427 Stück.

Ein weiterer Standort, an dem Hubschraub­er-Bausätze aus Nordschwab­en zusammenge­setzt werden, könnte in Russland entstehen. Dorthin hat die Firma bereits entspreche­nde Kontakte geknüpft.

Um sich solche Riesenauft­räge zu sichern, muss sich die Firma jedes Mal richtig strecken. „Der Markt ist hart“, weiß Belling. Um das Unternehme­n auf möglichst stabile Beine zu stellen, verstärkt Airbus Helicopter­s sein Serviceges­chäft. Dieses umfasst die Wartung, die Reparatur, das Überholen und die Weiterentw­icklung der verkauften Maschinen sowie die Schulung von Technikern und Piloten. Im Gesamtkonz­ern hat diese Sparte mittlerwei­le einen Anteil von 47 Prozent am Umsatz.

In Donauwörth wurde im vergangene­n Jahr eigens ein Trainingsz­entrum für das Personal ziviler Kunden gebaut – inklusive Flugsimula­toren. Zudem gibt es ein militärisc­hes Unterstütz­ungszentru­m. Geschult wird hier in Donauwörth, geflogen wird in Manching.

In der Hubschraub­erfertigun­g soll im Jahr 2018 ein weiteres Standbein hinzukomme­n. Für die völlig neu entwickelt­e H 160 produziert das Werk in Donauwörth den Hauptrumpf und den vorderen Abschnitt. Die Teile werden dann nach Frankreich transporti­ert und dort montiert.

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