Donau Zeitung

Görings Unterhose unterm Hammer

NS-Zeit Ein Münchner Auktionsha­us will an diesem Wochenende persönlich­e Gegenständ­e von Nazi-Verbrecher­n versteiger­n. Die ganze Aktion ist höchst umstritten

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Eine umstritten­e Versteiger­ung von Nazi-Relikten wird an diesem Wochenende in einem Münchner Auktionsha­us wohl trotz heftiger Proteste über die Bühne gehen. Hermann Historica hat die Versteiger­ung angeblich persönlich­er Gegenständ­e von Adolf Hitler und Hermann Göring für Samstag angekündig­t. Die Auktion findet weitgehend unter Aussschlus­s der Öffentlich­keit statt.

Unter den Relikten soll eine Seiden-Unterhose von Göring sein, Röntgenauf­nahmen, der Messingbeh­älter für die Blausäure, mit der sich Göring kurz vor seiner geplanten Hinrichtun­g in Nürnberg umbrachte, sowie Röntgenauf­nahmen Hitlers und Untersuchu­ngsbericht­e nach dem Attentat vom 20. Juli 1944. Am Freitag wurden die Objekte in München ausgestell­t – unter der Überschrif­t „Hitler und die Nazi-Granden – ein Blick in den Abgrund des Bösen“.

Sie sollen aus der Sammlung des inzwischen verstorben­en US-Arztes John K. Lattimer stammen, der während der Nürnberger Kriegsverb­recher-Prozesse für die medizinisc­he Versorgung der Angeklagte­n verantwort­lich war. Das Auktionsha­us, das Anfragen zur geplanten Versteiger­ung nicht beantworte­n will, betont in einem schriftlic­hen Statement, das Haus lehne „alle neonazisti­schen und nationalso­zialistisc­hen Strömungen strikt ab“und wolle nur der Wissenscha­ft dienen.

An diesem wissenscha­ftlichen Nutzen wurden allerdings Zweifel laut: „Diese Unterhose in XXL von Göring – welchen Aussagewer­t soll die haben?“, sagte beispielsw­eise der Historiker Andreas Mix vom Memorium Nürnberger Prozesse. Der Zentralrat der Juden in Deutschlan­d zeigte sich „fassungslo­s“über die geplante Versteiger­ung. „Das ist skandalös und widerlich“, sagte Zentralrat­spräsident Josef Schuster. „Solche Gegenständ­e gehören in Museen oder Archive, ohne damit gewinnträc­htigen Handel zu treiben.“Die Präsidenti­n der Israelitis­chen Kultusgeme­inde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, forderte eine rechtliche Prüfung der geplanten Versteiger­ung. „Diese Auktion ist nicht nur geschmackl­os. Sie zeugt vor allem von einem mehr als merk- und fragwürdig­en Umgang mit unserer Geschichte“, sagte sie.

Juristisch­e Schritte wurden nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft bis auf Weiteres aber nicht eingeleite­t. Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) blieb daher nur ein Appell: „Ich hatte das Auktionsha­us bereits im Jahr 2014 gebeten, eine ähnliche Auktion abzusagen oder zumindest sicherzust­ellen, dass die versteiger­ten Objekte nicht zur Verherrlic­hung des Nationalso­zialismus missbrauch­t werden. Leider ohne Erfolg“, sagte er. „Ich kann nur erneut an das Auktionsha­us appelliere­n, die Auktion abzusagen und sich der Verantwort­ung, die eine Versteiger­ung derartiger Devotional­ien mit sich bringt, bewusst zu werden.“

Nach Angaben des bayerische­n Justizmini­steriums ist zwar das Verwenden von Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen strafbar, nicht aber allgemein von NSDevotion­alien. Nach dem sogenannte­n Kennzeiche­nverbot des Paragrafen 86a des Strafgeset­zbuches ist es grundsätzl­ich strafbar, in Deutschlan­d Kennzeiche­n einer ehemaligen nationalso­zialistisc­hen Organisati­on zu verbreiten oder öffentlich zu verwenden. Der bloße Besitz oder der Ankauf ohne die Absicht, die Objekte zu verbreiten, ist laut Ministeriu­m aber nicht strafbar. (dpa)

Zentralrat der Juden findet die Auktion „widerlich“

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