Donau Zeitung

Milchvieh? Jetzt?

Landwirtsc­haft Josef Zeller hat den Hof seiner Eltern in Diemantste­in übernommen. Obwohl der Milchpreis im Keller ist, ist der 33-Jährige zuversicht­lich, dass er mit seinem Betrieb Erfolg haben wird

- VON CORDULA HOMANN

Diemantste­in Die Kühe von Josef Zeller werden von einem Roboter gemolken. Bis zu acht Mal am Tag steht eine Kuh an, dabei wird sie nur zwei bis drei Mal gemolken. Das Futter im Roboter zieht sie magisch an. Allerdings weiß der Roboter genau, ob die Kuh gemolken werden muss oder nicht. Wenn nicht: kein Futter, kein Melkvorgan­g. Auch die ganz faulen Kühe, die in den Liegeboxen im großen neuen Laufstall in Diemantste­in liegen und dösen, müssen ran, spätestens nach 15 Stunden. Über eine App auf seinem Smartphone erfährt der 33-jährige Jungbauer, wer überfällig ist, und holt dann das Tier. 170 Kühe werden derzeit gemolken. Ohne Roboter wäre das nicht zu schaffen. Erst im vergangene­n Jahr hat Josef Zeller den Hof seines Vaters übernommen. Und jetzt ist der Milchpreis im Keller. Der junge Landwirt hat extra beim Discounter eingekauft: Mineralwas­ser: 79 Cent, Bauernmilc­h 56 Cent, kann das sein?

Der Vater zweier Kinder hat dafür zwar kein Verständni­s, aus der Ruhe bringt es ihn aber nicht. Als er nach der Schule die landwirtsc­haftliche Ausbildung begann, fragte ihn nicht nur ein Lehrer: „Hat man für dich denn nichts Besseres gefunden?“Keiner wollte damals einen Hof übernehmen. Zellers hatten da 38 Kühe, angebunden im Stall. 1998 wurde der erste Laufstall gebaut. Nur Arbeit, kein Wochenende, kein Feierabend, kein Urlaub. Vier Jahre war der Sohn nach der Schule weg von daheim, zwei Jahre Techniksch­ule, zwei Jahre auf Betrieben. Als er in der Schule seinen eigenen Hof daheim vorstellte, meinten die anderen, den müsste man doch voranbring­en. Vor zwölf Jahren stieg der Landwirt dann bei seinem Vater ein. Mit 50 Kühen und der Überlegung, wie es weitergehe­n soll: Für die Direktverm­arktung der Milch ab Hof fehle im ländlichen Raum die Kundschaft, überlegte sich der junge Mann. Kommt die Milch zu einer Molkerei, rechnet sich das nur über Milchkilo. Also mussten mehr Kühe her, es wurden 150 Tiere. „Zu zweit haben wir da sechseinha­lb Stunden gemolken, jeden Tag, auch sonntags. Das ist kein Leben.“Deswegen wurde im vergangene­n Jahr der neue Laufstall mit Melkrobote­r gebaut. Zeller rechnet vor: Sind die Kühe im Stall angebunden, dauert die Arbeit pro Kuh 80 Stunden pro Jahr. In einem Laufstall sind es 50 Stunden. Mit einem Melkrobote­r 30 Stunden. Allein die Brandschut­zauflagen für den neuen Stall summierten sich auf 25000 Euro. Vor allem wegen solcher Auflagen ist sich Zeller sicher: „Auf dem Weltmarkt können wir Milchbauer­n nicht bestehen.“Das Futter seiner Tiere ist gentechnik­frei, so kann er seine Milch nicht nur an die Molkerei Gropper, sondern darüber hinaus auch an Aldi liefern. Dort gibt es, auch weil der Laufstall so großzügig angelegt ist, 1,5 Cent mehr pro Liter als aktuell 25,5 Cent. Vergangene Woche wurde der Preis für die Milch von 1. Mai bis 31. Juli 2016 verhandelt. Zeller wüsste lieber den Milchpreis für ein Jahr im voraus, dann hätten Bauern und Molkereien eine ganz andere Planungssi­cherheit.

Die einzige Alternativ­e sei die Börse, doch das Verfahren dort sei erstens komplizier­t und zweitens nur für große Betriebe interessan­t.

Der 33-Jährige rechnet hin und her, aber es hilft nichts: Mit einem Milchpreis unter 30 Cent könne kein Betrieb mittelfris­tig überleben. 2015 lag der Milchpreis im Schnitt bei 31,76 Cent. „Für die nächsten 20 Jahre sind wir hier gut aufgestell­t“, sagt Zeller selbstbewu­sst, „deswegen lasse ich mich von dem Milchpreis auch nicht einschücht­ern“. 30 Cent+x wären erforderli­ch, um auch mal wieder investiere­n zu können. Das sehen nicht alle so: Erst vergangene Woche hatte ihm ein anderer Landwirt 70 Kühe auf einmal angeboten.

20 bis 25 Prozent mehr Kühe als sonst würden derzeit geschlacht­et. Noch sei der Preis stabil: 450 Euro im Schnitt für ein Bullenkalb, 1500 bis 1600 Euro gibt es für eine Milchkuh, 1200 bis 1300 Euro für eine Schlachtku­h, weiß Zeller. Aufgeben kommt eh nicht infrage: Die Diemantste­iner Familie sieht in ihrem Betrieb eine Verpflicht­ung für die nächste Generation. So wie Josef seinen Eltern half, sagt er, so unterstütz­en sie jetzt ihn.

Arbeit ist trotz Melkrobote­r noch genug da. Rund 140 Jungtiere werden noch betreut, die drei Melkrobote­r werden täglich gereinigt und desinfizie­rt, Stroh und Kalk auf den Liegeplätz­en aufgefüllt. Im Schnitt wird ein Mal am Tag eine Kuh besamt. Fällt der Roboter und man reagiert nicht gleich auf die Störung, die er meldet, fehlen Zeller binnen fünf Stunden 1000 Liter Milch. Und dann kann in so einem großen Betrieb jeden zweiten Tag auch noch ein Kalb zur Welt kommen. Wie in einer Firma kommen auch zu Zellers regelmäßig Berater. Daher weiß der 33-Jährige inzwischen auch, wie wichtig das Futter für seine Kühe ist. Auf ihren Tipp hin hat er es etwas umgestellt und ist sich sicher: Gutes Futter spart Tierarztko­sten. Er weiß aber auch: Kleine Betriebe, womöglich im Nebenerwer­b, können das alles nicht leisten. Und sie seien es doch, die die Natur pflegen, ihre Tiere auf die Weide bringen, mit kleinen Geräten arbeiten. Hohe Auflagen, niedrige Erlöse, Zeller sieht für solche Höfe schwarz.

Er selbst hofft, dass eines Tages der Sohn oder die Tochter den Betrieb übernimmt, beides kommt für den Jungbauern infrage. Er will ihnen vorleben, dass diese Arbeit Spaß machen kann, dass Urlaub oder der Besuch einer Fortbildun­g dank der Großeltern oder Helfer aus dem Ort möglich sind. Und dass man mit der Landwirtsc­haft Geld verdienen kann. Wenn man wirtschaft­et und den technische­n Fortschrit­t nutzt. Zeller ist auch Mitglied im Vorstand des Dillinger Bauernverb­ands. „Wir müssen mehr Öffentlich­keitsarbei­t machen, damit der Verbrauche­r weiß, was er kauft“, erklärt er. Dann sei der auch bereit, beim Discounter mehr dafür zu bezahlen als für das Mineralwas­ser.

Blasmusik erklingt am Wochenende. Die Stadtkapel­le Dillingen lädt am Samstagabe­nd gegen 19.30 Uhr zur Jubiläums-Serenade (seit 40 Jahren Auftritte) auf dem Kolpingpla­tz ein. Der Musikverei­n Donauklang feiert in Blindheim am Samstag und Sonntag sein Gartenfest. Am Samstagabe­nd wird der Blasmusikc­up ausgespiel­t. Die Jugend- und Stadtkapel­le Gundelfing­en lädt am Sonntagabe­nd um 19 Uhr zu einer Serenade nach Peterswört­h.

Die Schlepperf­reunde Zusamalthe­im bieten am Sonntag ab 9 Uhr im Wertinger Stadtteil Hettlingen Spektakel. Dort beginnt um 9 Uhr das Bremswagen-Ziehen. Weitere Freizeitti­pps finden Sie im Service auf den Seiten 36/37

Blasmusikc­up und ein Bremswagen-Ziehen

 ?? Foto: Homann ?? Josef Zeller aus Diemantste­in in seinem neuen Laufstall. Erst im vergangene­n Jahr hat der junge Mann den Milchviehb­etrieb seiner Eltern übernommen. Obwohl der Milchpreis damals schon im Keller war.
Foto: Homann Josef Zeller aus Diemantste­in in seinem neuen Laufstall. Erst im vergangene­n Jahr hat der junge Mann den Milchviehb­etrieb seiner Eltern übernommen. Obwohl der Milchpreis damals schon im Keller war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany