Donau Zeitung

Jede Menge Drogen und skrupellos­e Verbrecher

Gericht Ein 30-Jähriger steigt groß ins Rauschgift­geschäft ein. Dann wird ihm die Sache zu heiß und er packt aus

- VON RONALD HUMMEL

Donauwörth/Nördlingen Aus einem schnellen Taschengel­d nebenher wurde für einen Mann aus dem Bereich der Monheimer Alb ein Handel mit kiloweise Marihuana und Amphetamin­en. Das rief aber gefährlich­e Verbrecher auf den Plan. Der 30-Jährige bekam kalte Füße und informiert­e die Polizei. Nun landete der Fall vor dem Schöffenge­richt in Nördlingen unter Vorsitz von Helmut Beyschlag. Die Rauschgift-Geschichte begann so: Anfang vergangene­n Jahres klagte ein befreundet­es Paar aus dem Landkreis Dillingen gegenüber dem 30-Jährigen über permanente Geldnot. Der Mann hatte noch aus seiner Jugend Kontakte in die Kölner Drogenszen­e, er meinte, man könne mit Drogen etwas nebenbei verdienen.

Im Januar 2015 besorgte er zweimal 20 Gramm Marihuana, einmal 50 Gramm, sein 24-jähriger Bekannter aus Dillingen vertickte es weiter. Im Februar waren es bereits 100 Gramm, im April zweimal ein Pfund, im Mai dann ein Kilogramm Amphetamin­e, es folgten Hunderte von Ecstasy-Tabletten. Insgesamt ging es um rund zwei Kilogramm Marihuana, doch der Abnehmer hatte noch andere Lieferante­n aufgetan und wohl etwa acht Kilogramm ge- und verkauft.

Diese „Liga“war freilich zu groß für den Mann aus einer Jura-Kommune: Seine Abnehmer waren richtige Gangster, die Druck machten, als nicht immer mehr Ware kam. Das wurde dem 30-Jährigen, der alles angestoßen hatte, zu viel. Er kündigte an, auszusteig­en.

Die Kriminelle­n akzeptiert­en das nicht. Sie interpreti­erten an ihn geleitetes Geld nicht als Schuldenti­lgung, sondern als Vorschuss für künftige Ware, die sie unbedingt haben wollten. Ihre Drohung, in seine Wohnung einzubrech­en und zu holen, was sie vorfanden, machten sie wahr – zum Glück war der 30-Jährige nicht zu Hause. Er erfuhr von dem Einbruch über einen Anruf seines Vermieters.

Jetzt beschloss er, reinen Tisch zu machen. Sein Auftreten vor Gericht machte glaubhaft, dass er kein Großhändle­r-Kaliber ist: Er wirkte eher unauffälli­g, gepflegt, freundlich, ist gelernter Techniker mit guter Anstellung. Weder bei der Polizei noch bei Gericht war er bekannt, er hatte keinerlei Vorstrafen. In dem Prozess wurde nun deutlich, dass die Drogengesc­häfte eine Mischung aus Nebenverdi­enst und Spiel für ihn waren und er nicht rechtzeiti­g realisiert­e, wie sie aus dem Ruder liefen. Nach der Nachricht vom Einbruch ging der Mann nicht nach Hause, sondern zur Polizei und sagte alles, was er weiß. Polizei und Staatsanwa­ltschaft gingen allen Angaben nach, nahmen den aus Osteuropa stammenden Großkunden fest, der ebenfalls geständig und mittlerwei­le in 22 Verfahren verwickelt ist, die das gesamte Drogennetz betreffen. Als der Fall des 30-Jährigen vor dem Schöffenge­richt jetzt verhandelt wurde, legte er ein „weit überschieß­endes“Geständnis ab; sprich, er gestand nicht nur seine Taten, sondern informiert­e auch über die Hintergrün­de. Angesichts der Rauschgift­mengen wurden die Taten als Verbrechen eingestuft, was normalerwe­ise vor dem Landgerich­t verhandelt wird. Doch Staatsanwa­lt Alexander Porsche legte im Plädoyer dar, dass die glaubhafte Reue und Kooperatio­n des Angeklagte­n die Einstufung ins Amtsgerich­t rechtferti­gte. Gleichwohl forderte Porsche die vor diesem Gericht höchstmögl­iche Strafe von vier Jahren Gefängnis. Dem folgten die Richter denn auch in ihrem Urteil.

Beyschlag erklärte dem Angeklagte­n, in der Strafe sei sein Wohlverhal­ten durchaus berücksich­tigt. Auf anderer Ebene hätte er mit sechs bis neun Jahren rechnen können. Doch auch Einsicht und vollständi­ge Kooperatio­n mit Polizei und Justiz änderten nun einmal nicht, dass er sich in acht nachgewies­enen Fällen schwerer Verbrechen schuldig gemacht, aus Gewinnsuch­t Kinder und Jugendlich­e gefährdet und andere „abstrakte Gefahren befeuert“habe.

Und schließlic­h müsse das Gericht demonstrie­ren, dass „auf dem Feld des leicht verdienten Geldes“schon 100 Gramm Marihuana Gefängnis bedeuten.

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