Donau Zeitung

Die Prinzessin und der Leibarzt

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Es war eine königliche, aber traurige Geburt. Kurz bevor Caroline Mathilde 1751 in England zur Welt kam, war ihr Vater, der Prince of Wales, gestorben. Seine Witwe, Prinzessin Augusta von Sachsen-Coburg, hatte die schwierige Aufgabe, eine Balance zu finden zwischen der Trauer über den Tod ihres Mannes Frederick und der Freude über die Geburt einer gesunden Tochter. Natürlich siegte das Leben.

Tochter Caroline Mathilde wur- de, als sie 15 Jahre alt war, standesgem­äß verheirate­t. Christian VII von Dänemark war ihr Cousin, aber das war in Europas hochadelig­en Kreisen kein Ehehindern­is. Und Dänemark war für eine englische Prinzessin mit deutscher Mutter ein vergleichs­weise vertrautes Pflaster. Manche andere europäisch­e Adelstocht­er wurde in weitaus exotischer­e Regionen verfrachte­t. Caroline Mathilde gebar ihrem König erwartungs­gemäß einen Thronfolge­r, der als Friedrich VI eines Tages die dänische Krone tragen würde. Weniger erwartungs­gemäß war die Geburt der Tochter Louise Auguste.

Warum das? König Christian war mittlerwei­le als geisteskra­nk diagnostiz­iert worden, was nicht nur für das Land ein Problem war, sondern auch für die Königin. Zwar kümmerte sich der deutsche Doktor Johann Struensee aufopferun­gsvoll um den kranken König. Aber dabei beließ er es nicht. Er kümmerte sich auch um Caroline Mathilde, weniger aufopferun­gsvoll, dafür umso liebevolle­r. Man geht davon aus, dass nicht der König, sondern sein Leibarzt der Vater der kleinen Louise Auguste war.

Johann Struensee überschrit­t auch auf andere Weise seinen ärztlichen Auftrag. Zum Grafen erhoben und vom König ermächtigt, übernahm er als Regent die Regierungs­arbeit. Mit tausend Kabinettse­rlassen modernisie­rte er Dänemark, machte sich aber als Sparkommis­sar unbeliebt. Die Königin gründete derweil einen exklusiven Orden, der Angehörige­n der höchsten dänischen Kreise vorbehalte­n war. Nur zwölf Personen erhielten den Mathilde-Orden. Das Liebesund Regierungs­idyll der Königin und des königliche­n Leibarztes währte nicht ewig. Ein Jahr nach der Ordensgrün­dung wurde die doppelte Affäre offiziell ruchbar. Die Folgen waren für den Arzt dramatisch­er als für die Königin. Struensee wurde hingericht­et. Caroline Mathilde wurde in ein halbwegs erträglich­es Exil verbannt – zu ihrem Bruder nach Hannover.

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