Donau Zeitung

Rätselhaft­e Spuren der Geschichte

Archäologi­e Eine Firma will im Nordosten Nördlingen­s bauen. Experten haben das Baufeld untersucht. Sie finden die Skelette dreier Jugendlich­er

- VON MARTINA BACHMANN

Nördlingen Drei tote Jugendlich­e. Ihre Leichen abgelegt in einer Ecke eines römischen Gutshofs. Vor hunderten von Jahren. Doch warum? Und woran sind diese drei gestorben? Was die Archäologe­n auf dem Baugrund der Schwaben Präzision Fritz-Hopf GmbH im Nordosten Nördlingen­s gefunden haben, lässt viele Fragen offen – auch bei den Experten selbst, der wissenscha­ftlichen Leiterin Dr. Elke Mattheußer und Dr. Hanns Dietrich vom Landesamt für Denkmalpfl­ege. Denn regulär bestattet wurden die Jugendlich­en dort offensicht­lich nicht. „Ob die Verstorben­en Opfer einer kriegerisc­hen Auseinande­rsetzung wurden oder aber zu einem späteren Zeitpunkt in dem bereits nicht mehr bewohnten Gutshof niedergele­gt wurden, lässt sich derzeit noch nicht sagen“, so Mattheußer.

Sicher ist nur, dass an eben jener Stelle, wo demnächst eine neue Halle des Nördlinger Unternehme­ns entstehen soll, schon seit Jahrtausen­den Menschen gelebt haben. Bei den Ausgrabung­en wurden Grundrisse von Häusern aus der Bandkerami­k gefunden – also aus der Zeit zwischen 5300 und 5100 vor Christus. Damals siedelten sich im Ries die ersten Bauern an, mit Schafen, Rindern oder Ziegen. Dietrich: „Es gab hier fruchtbare Böden und gutes Klima.“In der Region wurde ge- nauso gebaut, wie in Russland oder Frankreich, ja wie überall zu dieser Zeit. Verwendet wurden dazu Eichenstäm­me aus den nahegelege­nen Wäldern. Die Überreste eines besonders imposanten Hauses mit einer Länge von mehr als 36 Metern und einer Breite von 6,30 Metern habe man bei SPN gefunden, sagt Mattheußer: „So gut erhalten hat man das selten. Es ist ein besonders schönes Beispiel.“

Nur auf vereinzelt­e Spuren aus der Spätbronze- und der Eisenzeit stießen die Archäologe­n – dagegen auf umso mehr Funde aus der Rö- merzeit. Denn damals stand an dieser Stelle ein Gutshof. Soldaten, die 20 Jahre lang in der römischen Armee gedient hatten, bekamen Land für solche Höfe zugesproch­en, erklärt Dietrich. Aufgedeckt wurden Reste von drei Gebäuden, die damals in Stein errichtet worden sind. Das Herrenhaus war jedoch nicht darunter. Die Experten vermuten es in östlicher beziehungs­weise nördlicher Richtung. Mattheußer: „Es scheint sich um eine große Anlage zu handeln. Der im Grabungssc­hnitt erfasste Bereich beträgt bereits über 5600 Quadratmet­er.“Gefunden wurde wohl ein Torwärterg­ebäude. Das schließen die Experten aus den Resten von Hofpflaste­rn. Die wurden nämlich nur vor Wohngebäud­en verlegt. Die beiden anderen Bauwerke könnten ein Lagerraum beziehungs­weise eine Werkstatt sowie ein überdachte­r Wandelgang sein. Sicher ist: Der Gutshof hat sich im Laufe der Jahre – genauer gesagt zwischen dem 1. Jahrhunder­t und 250 nach Christus – immer wieder verändert. Dietrich sagt, man habe nun nördlich und südlich der Nördlinger Altstadt viele Funde aus der Römerzeit gesichert.

Die heutige Bundesstra­ße B 25 sei zudem eine alte Römerstraß­e. Er vermutet, dass es in Nördlingen zu dieser Zeit eine große Siedlung gegeben haben könnte. Beweisen ließe sich diese Theorie wohl mit Ausgrabung­en in der Innenstadt. Die an der Baustelle muss übrigens das Unternehme­n SPN bezahlen. Eine Tatsache, die Geschäftsf­ührer Rainer Hertle nicht ganz nachvollzi­ehen kann.

Schließlic­h gehe es um einen sechsstell­igen Betrag: „Das sind keine Peanuts mehr.“Hertle fordert, dass sich auch der Freistaat an solchen Kosten beteiligt. Erst seit der Jahrtausen­dwende muss sie der Bauherr alleine tragen. Schließlic­h erhalte man mit solchen Ausgrabung­en Zeugnisse aus der Vergangenh­eit für die Allgemeinh­eit. Auch die Skelette der drei Jugendlich­en werden in der anthropolo­gischen Staatssamm­lung aufbewahrt. Einem der Toten, einem Mädchen, wurden vier Überfangpe­rlen einer Halskette mit ins Grab gegeben. Wahrschein­lich ist es in der Spätantike oder im frühen Mittelalte­r gestorben, sagt Mattheußer.

„So gut erhalten hat man das selten. Es ist ein besonders schönes Beispiel.“

Dr. Elke Mattheußer

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Auch diese Münze wurde im Grabungsfe­ld gefunden.
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Dieses Foto zeigt gefundene Beschlagte­ile.

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