Donau Zeitung

Lob von der kleinen Schwester

Union Warum die CSU mit der CDU zufrieden ist. Und warum viele in der CDU mit Merkel unzufriede­n sind

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die kleine Schwester ist zufrieden und spart nicht mit Lob – auch wenn ihr die Beschlüsse der großen Schwester noch immer nicht weit genug gehen. Doch in München registrier­t man mit Wohlwollen, dass die CDU auf ihrem Parteitag in Essen in der Ausländer- und Flüchtling­spolitik deutlich vom bisherigen Kurs der Bundeskanz­lerin abgerückt ist und sich wieder ein konservati­veres Profil zugelegt hat.

Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft und Rückkehr zur alten Optionsreg­elung, strengere Auflagen für Flüchtling­e, konsequent­ere Abschiebun­g von abgelehnte­n Asylbewerb­ern, Einrichtun­g von Aufnahmela­gern in Nordafrika sowie das Bekenntnis der Kanzlerin, dass sich so etwas wie 2015 nie mehr wiederhole­n darf – hat die CDU mit diesen Positionen Frieden mit der CSU geschlosse­n und den Streit kurz vor Beginn des Wahljahres beigelegt? Für CSUChef Horst Seehofer, der als Folge des Streits mit seiner CDU-Kollegin Angela Merkel zum ersten Mal in seiner Amtszeit nicht auf einem CDU-Parteitag gesprochen hat, stimmt die Richtung, Merkel und die CDU würden sich auf die CSUPositio­nen zubewegen, attestiert er in der Süddeutsch­en Zeitung der Schwester, um allerdings einzuschrä­nken: „Wir sind noch längst nicht über den Berg.“So poche die CSU weiterhin auf die Festlegung einer Obergrenze bei der Aufnahme von Flüchtling­en. „Der CSU kommt es auf ein in sich schlüssige­s Regelwerk an“, so Seehofer. „Die Obergrenze ist nur ein Element davon.“

In der CDU sorgen vor allem der Beschluss zur Abschaffun­g der doppelten Staatsbürg­erschaft und die Äußerungen von Parteichef­in Merkel, sich als Bundeskanz­lerin nicht an diesen Beschluss halten zu wollen, da sie ihn für falsch halte, für Diskussion­en. Die CDU habe sich in dieser Frage „klar positionie­rt“, sagt der Karlsruher CDU-Abgeordnet­e Axel E. Fischer gegenüber unserer Zeitung. „Wenn die Bundeskanz­lerin darauf hinweist, dass es in dieser Legislatur­periode keine Änderungen geben werde, ist sie realistisc­h. Wenn sie den Beschluss falsch hält, ist sie in dieser Sachfrage bei der Minderheit. Das kann auch Regierungs­chefs passieren.“Im Lager der Konservati­ven hat man wenig Verständni­s, dass Merkel einerseits in ihrer Rede die Partei um Unterstütz­ung gebeten habe („Ihr müsst, ihr müsst, ihr müsst mir helfen“), sie aber keine 24 Stunden der eigenen Partei die kalte Schulter zeige und einen Parteitags­beschluss demonstrat­iv ignoriere. „Wenn die Vorsitzend­e Mehrheitsb­eschlüsse des obersten Entscheidu­ngsorgans der CDU nicht beachtet, können wir uns künftig den ganzen Aufwand eines Bundespart­eitags sparen“, kritisiert Christean Wagner, der Vorsitzend­e des konservati­ven „Berliner Kreises in der Union“. Zur innerparte­ilichen Demokratie gehöre es, Parteitags­beschlüsse zu respektier­en und zu akzeptiere­n, „selbst wenn sie gegen das Votum der Bundesvors­itzenden erfolgt sind“.

Der Vorsitzend­e der CDU-Landesgrup­pe Baden-Württember­g im Bundestag, der Konstanzer Andreas Jung, weist gegenüber unserer Zeitung den Vorwurf des Koalitions­partners wie der Opposition zurück, die CDU sei in Essen nach rechts gerückt. „Unser Platz ist und bleibt die Mitte.“Gleichwohl hält er es nicht für „zielführen­d“, die Diskussion um den Doppelpass neu aufzurolle­n. Die bestehende Regelung sei ein Kompromiss mit der SPD, die sehr viel weiter gehende Vorstellun­gen habe und den Doppelpass als Regel wolle. Das lehne die Union ab.

Unterstütz­ung erhält Merkel auch vom hessischen Ministerpr­äsidenten Volker Bouffier und der rheinland-pfälzische­n Landesvors­itzenden Julia Klöckner, die sich ebenfalls gegen den Parteitag stellen. „Ich denke nicht, dass dieser Beschluss in die Regierungs­arbeit in Berlin eingehen wird“, sagt Bouffier. Und Klöckner verweist darauf, dass jeder Parteitag „immer eine eigene Dynamik“habe, für „CDU pur“stehe und nicht dafür, „dass am nächsten Tag der Koalitions­vertrag umgeschmis­sen wird“.

 ?? Foto: dpa ?? CSU Chef Horst Seehofer hat freundlich­e Worte für die CDU übrig.
Foto: dpa CSU Chef Horst Seehofer hat freundlich­e Worte für die CDU übrig.

Newspapers in German

Newspapers from Germany