Draghi + Nullzinspolitik = Börsen Rallye
Zentralbank Die EZB setzt ihren radikalen Kurs fort. Immobilien-Darlehen bleiben günstig, doch Sparer schauen weiter in die Röhre
Frankfurt Die EZB verschärft ihren Anti-Krisenkurs wenige Tage nach dem Italien-Referendum. Dennoch wecken die Währungshüter Hoffnung auf einen allmählichen Ausstieg aus der gigantischen Geldflut. Wie passt das zusammen? Hier wichtige Fragen und Antworten:
Was hat die EZB entschieden?
Die Notenbank verlängert ihr milliardenschweres Kaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen bis mindestens Ende 2017. Zugleich verringert sie allerdings ab März das Volumen von 80 Milliarden Euro monatlich auf dann 60 Milliarden Euro. Damit wächst die Hoffnung, dass die Währungshüter allmählich ihre umstrittene Geldflut eindämmen. „Mit dem heutigen Beschluss ist der EZB ein vorsichtiger Einstieg in den Ausstieg aus dem Wertpapierkaufprogramm gelungen“, sagt KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.
Hat die EZB nicht schon viel billiges Geld in den Markt gepumpt?
In der Tat. Seit Draghis Amtsantritt im November 2011 sank der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Zentralbankgeld besorgen können, kontinuierlich. Seit diesem März liegt er auf dem Rekordtief von null Prozent, Banken bekommen EZB-Geld zum Nulltarif. Zudem kauft die Notenbank seit März 2015 Staatsanleihen in gigantischem Umfang: Erst im März wurde das Programm verlängert, aufgestockt und auf Unternehmenspapiere ausgeweitet. Nach bisherigen Plänen hatte das Programm ein Volumen von 1,74 Billionen Euro. Jetzt wird es auf 2,28 Billionen aufgestockt.
Was bringt das?
Die Geldflut soll die Konjunktur beflügeln und so auch die zuletzt niedrige Inflation wieder nach oben treiben. Denn die Mini-Teuerung im Euroraum macht den Währungshütern Sorge. Die EZB strebt eine Inflationsrate von knapp unter 2,0 Prozent an – weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder sinkende Preise gelten als Risiko für die Konjunktur: Unternehmen und Verbraucher könnten Anschaffungen aufschieben, da sie erwarten, dass es noch billiger wird. Schlimmstenfalls entsteht eine Abwärtsspirale aus schrumpfenden Preisen und wirtschaftlicher Talfahrt – eine Deflation.
Was sind Nebenwirkungen des billigen Geldes?
Die Niedrigzinsen haben zwar Kredite für Verbraucher wie Immobiliendarlehen historisch günstig gemacht. Doch zugleich bekommen Sparer kaum noch Zinsen, wenn sie ihr Geld bei der Bank anlegen.
Ist ein baldiger Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes in Sicht?
Im Euroraum zumindest vorerst nicht. Die EZB habe nicht über einen Ausstieg diskutiert, denn überall herrsche Unsicherheit.
Wie reagieren die Aktienmärkte?
Nach dem Zinsentscheid der EZB hat sich der Dax am Donnerstag klar oberhalb der 11 000 Punkte gehalten. Er erreichte bei 11193 Zählern den höchsten Stand seit mehr als einem Jahr. Mit einem verlängerten milliardenschweren Kauf von Staatsanleihen sahen Börsianer die hohen Erwartungen an die Währungshüter der Eurozone weitgehend als erfüllt an. (dpa)