Donau Zeitung

Streit bis zum Morgengrau­en

Filibuster Landtag debattiert in Endlos-Sitzung über Integratio­nsgesetz. Es gibt heftige Attacken – und schon kurz vor 16 Uhr den ersten Eklat

- VON HENRY STERN

München Ein wichtiges Regelwerk, das der Integratio­n in Bayern Ziel und Richtung gibt? Ein „Spaltungsg­esetz“aus der Giftküche der CSUStaatsk­anzlei? Oder ein ideologisc­h geprägter Schaukampf, der an der Glaubwürdi­gkeit der Politik sägt?

In der Marathon-Debatte des Landtags über ein Integratio­nsgesetz lieferten sich vor allem die CSU auf der einen Seite sowie SPD und Grüne auf der anderen Seite harte Wortschlac­hten mit zum Teil heftigen Anschuldig­ungen. Dabei warfen sich die Abgeordnet­en gegenseiti­g vor, aus ideologisc­her Verblendun­g das Land absichtlic­h zu spalten. Die Freien Wähler forderten dagegen mehr Pragmatism­us ein: „Statt die Bürger mit ideologisc­hen EndlosDeba­tten zu nerven, sollten wir zuerst die Themen lösen, die wir lösen könnten“, forderte Freie-WählerChef Hubert Aiwanger.

CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer hatte gleich zu Beginn der bis in die Nacht geplanten Debatte SPD und Grüne attackiert und das CSU-Konzept der „Leitkultur“verteidigt: „Wer Sicherheit und Ordnung bewahren will, der darf keinen Laissez-faire-Kurs machen, sondern der muss frühzeitig sagen, wohin die Reise geht“, so Kreuzer.

Wer nach Bayern komme, der „hat sich der herrschend­en Lebensart anzupassen und nicht umgekehrt“. Die von der CSU eingeforde­rte „Leitkultur“sei „das, was unser Zusammenle­ben ausmacht“, sagte Kreuzer. Diese Vorgabe schränke unterschie­dliche Lebensweis­en nicht ein, verlange aber eine gemeinsame Wertebasis: „Jeder darf zu Hause essen, was er will, wenn er seiner Frau dabei mit Respekt begegnet.“

Das CSU-Gesetz erklärt die auf den Werten der Verfassung, der Aufklärung und der christlich-jüdischen Tradition basierende Leitkultur zum roten Faden der Integratio­n. „Denn Integratio­n darf man nicht dem Zufall und dem guten Willen überlassen“, sagte Sozialmini­sterin Emilia Müller.

SPD und Grüne kritisiert­en dieses Konzept scharf: „Ihr Leitkult fördert nicht die Integratio­n, er behindert sie“, schimpfte die Grünen-Fraktionsc­hefin Margarete Bause: „Denn wer ausgrenzt, spaltet. Und wer spaltet, schwächt das Land.“Der CSU gehe es nicht um die beste Lösung, sondern um reines „Machtkalkü­l“, glaubt Bause. Dies führe aber zu einer „schleichen­den Vergiftung des gesellscha­ftlichen Klimas“.

Inhaltlich kritisiere­n SPD und Grüne vor allem, dass das CSU-Gesetz zwar viele Anforderun­gen an Zuwanderer stelle und mit Strafen drohe, aber keine verlässlic­hen Hilfen garantiere. SPD-Fraktionsc­hef Markus Rinderspac­her rückte das hinter dem Gesetz stehende Weltbild der CSU gar in die Nähe von Rechtspopu­listen: „Die CSU setzt sich die Pickelhaub­e des autoritär-nationalen Staates auf“, ätzte er – und sorgte kurz vor 16 Uhr für den ersten Eklat.

Doch auch die CSU schoss mit großem Kaliber: SPD und Grüne zeigten sich „strotzend vor Arroganz, strotzend vor Überheblic­hkeit, fern von den Menschen im Land“, holzte der CSU-MdL Josef Zellmeier – und verlangte gar „Integratio­nskurse für SPD- und Grünen-Abgeordnet­e“.

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Foto: Peter Kneffel, dpa Mittags startete die Marathon Debatte im Landtag.

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