Streit bis zum Morgengrauen
Filibuster Landtag debattiert in Endlos-Sitzung über Integrationsgesetz. Es gibt heftige Attacken – und schon kurz vor 16 Uhr den ersten Eklat
München Ein wichtiges Regelwerk, das der Integration in Bayern Ziel und Richtung gibt? Ein „Spaltungsgesetz“aus der Giftküche der CSUStaatskanzlei? Oder ein ideologisch geprägter Schaukampf, der an der Glaubwürdigkeit der Politik sägt?
In der Marathon-Debatte des Landtags über ein Integrationsgesetz lieferten sich vor allem die CSU auf der einen Seite sowie SPD und Grüne auf der anderen Seite harte Wortschlachten mit zum Teil heftigen Anschuldigungen. Dabei warfen sich die Abgeordneten gegenseitig vor, aus ideologischer Verblendung das Land absichtlich zu spalten. Die Freien Wähler forderten dagegen mehr Pragmatismus ein: „Statt die Bürger mit ideologischen EndlosDebatten zu nerven, sollten wir zuerst die Themen lösen, die wir lösen könnten“, forderte Freie-WählerChef Hubert Aiwanger.
CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hatte gleich zu Beginn der bis in die Nacht geplanten Debatte SPD und Grüne attackiert und das CSU-Konzept der „Leitkultur“verteidigt: „Wer Sicherheit und Ordnung bewahren will, der darf keinen Laissez-faire-Kurs machen, sondern der muss frühzeitig sagen, wohin die Reise geht“, so Kreuzer.
Wer nach Bayern komme, der „hat sich der herrschenden Lebensart anzupassen und nicht umgekehrt“. Die von der CSU eingeforderte „Leitkultur“sei „das, was unser Zusammenleben ausmacht“, sagte Kreuzer. Diese Vorgabe schränke unterschiedliche Lebensweisen nicht ein, verlange aber eine gemeinsame Wertebasis: „Jeder darf zu Hause essen, was er will, wenn er seiner Frau dabei mit Respekt begegnet.“
Das CSU-Gesetz erklärt die auf den Werten der Verfassung, der Aufklärung und der christlich-jüdischen Tradition basierende Leitkultur zum roten Faden der Integration. „Denn Integration darf man nicht dem Zufall und dem guten Willen überlassen“, sagte Sozialministerin Emilia Müller.
SPD und Grüne kritisierten dieses Konzept scharf: „Ihr Leitkult fördert nicht die Integration, er behindert sie“, schimpfte die Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause: „Denn wer ausgrenzt, spaltet. Und wer spaltet, schwächt das Land.“Der CSU gehe es nicht um die beste Lösung, sondern um reines „Machtkalkül“, glaubt Bause. Dies führe aber zu einer „schleichenden Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas“.
Inhaltlich kritisieren SPD und Grüne vor allem, dass das CSU-Gesetz zwar viele Anforderungen an Zuwanderer stelle und mit Strafen drohe, aber keine verlässlichen Hilfen garantiere. SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher rückte das hinter dem Gesetz stehende Weltbild der CSU gar in die Nähe von Rechtspopulisten: „Die CSU setzt sich die Pickelhaube des autoritär-nationalen Staates auf“, ätzte er – und sorgte kurz vor 16 Uhr für den ersten Eklat.
Doch auch die CSU schoss mit großem Kaliber: SPD und Grüne zeigten sich „strotzend vor Arroganz, strotzend vor Überheblichkeit, fern von den Menschen im Land“, holzte der CSU-MdL Josef Zellmeier – und verlangte gar „Integrationskurse für SPD- und Grünen-Abgeordnete“.