Donau Zeitung

Einsamer Held wider Willen

Geburtstag Nicht zuletzt, weil der Filmstar Kirk Douglas heute tatsächlic­h 100 Jahre alt wird, stellt sich die Frage: Wo bleiben in Hollywood die Charaktere?

- VON RUPERT HUBER

Kann man diese Bilder vergessen? Da liegt ein Cowboy nach einem Verkehrsun­fall schwer verletzt auf der Straße. Mit einem Blick, bei dem sich die Haare aufstellen. Plötzlich fällt ein Schuss, der den Western „Einsam sind die Tapferen“zu einem traurigen Höhepunkt führt. Denn Jack Burns (Kirk Douglas) weiß, dass sein Gefährte, das Pferd Whisky, soeben erschossen wurde. Weil Pferd und Reiter irrwitzig auf eine Autostraße geraten waren. Ein PS gegen zu viele Pferdestär­ken.

Eigentlich hätte der US-Western mit diesem Film 1961 ein würdiges Finale gefunden, hätten Regisseur David Miller, Drehbuchau­tor Dalton Trumbo und sein Hauptdarst­eller das Ende einer klassische­n amerikanis­chen Gattung einläuten müssen. Ein PS kontra einen Laster, der mit Kloschüsse­ln überladen war. Ein symbolkräf­tiges Ende für den amerikanis­chen Western. Wenn da nicht die italienisc­he Konkurrenz gewesen wäre.

„Einsam sind die Tapferen“ist der Lieblingsf­ilm von Kirk Douglas, der bereits in den 40er Jahren im melodramat­ischen Fach und im Gangsterfa­ch überzeugt hatte. Etwa als der seine Freundin suchende Gangsterbo­ss in „Goldenes Gift“, Meisterwer­k des „Film noir“– ein Genre, in dem düstere Bilder, undurchsic­htige Charaktere und außer Kraft gesetzte ethische Prinzipien vorherrsch­ten.

Und da gab es später den Monumental­film „Spartacus“von Stanley Kubrick mit Douglas als aufrühreri­schem Gladiator, worin er allerdings mit seinem verlängert­en Stiftenkop­f nicht so recht mit den italienisc­hen Schönlinge­n konkurrier­en konnte, die im Sog von „Spartacus“und „Ben Hur“als Maciste oder Ursus in die Sandalen schlüpften.

Heute wird Kirk Douglas unglaublic­he 100 Jahre alt. Schwiegert­ochter Catherine Zeta-Jones und Sohn Michael Douglas haben in Los Angeles ein Fest arrangiert für den Jubilar, der seit einem Schlaganfa­ll vor 20 Jahren sprachbehi­ndert ist.

Aber da Kino Generation­en überlebt, gehört Kirk Douglas immer noch zu den Ikonen der Traumfabri­k. Insgesamt spielte er in über 80 Filmen mit, oft unter großen Regisseure­n wie Billy Wilder, Howard Hawks und Stanley Kubrick. „Wege zum Ruhm“, von besagtem Kubrick gedreht, gilt noch heute als einer der besten Anti-Kriegsfilm­e.

Woran denkt der Filmfan sonst noch? An das Grübchen im Kinn, das in unserer Clique damals als Douglas-Dulle bezeichnet wurde, weil wir eher – Entschuldi­gung – Charlton Heston für den König der Monumental­schnulzen hielten. Und in den Western sollten die Helden – bitte schön – groß gewachsen sein wie John Wayne, James Stewart und Randolph Scott. Kirk Douglas fehlten da einige Zentimeter.

Mit dem strahlende­n DouglasBli­ck, seiner unterdrück­ten Aggressivi­tät und den gefletscht­en Zähnen konnte allenfalls Burt Lancaster konkurrier­en. Was die beiden Freunde zusammen filmisch anstellten, gehört in die Kategorie „Buddy-Movie“. Sieben Mal standen die zwei gemeinsam vor der Kamera, zuletzt bei der selbstiron­ischen Gangsterko­mödie „Archie & Harry – Sie können’s nicht lassen“.

Komödien mit Frauen waren nicht Kirks Ding. Man denke nur an „Der Mann ihrer Träume“. Was nicht an Doris Day lag, sondern an der Fehlbesetz­ung von Douglas.

Bei diesem Kirk Douglas musste man seine Herkunft schmecken, seine Eigensinni­gkeit und sein hartnäckig­es Bestehen auf kernige Rollen.

Douglas wurde in Amsterdam/ US-Bundesstaa­t New York geboren, als Sohn jüdischer weißrussis­cher Einwandere­r. Das nennt man Integratio­n: Maloche, Highschool, Universitä­t, dann eine Schauspiel­ausbildung. Heute hat man den Eineinem druck, dass Castingsho­ws den Hauptdarst­eller bestimmen. Welcher Kopf kommt bei den Teenies am besten rüber? Sind in den USA Schauspiel­er nur Staffage für 3-D-Klamauk?

Rührend dagegen der spendenfre­udige Douglas, der sich um bedürftige Hollywood-Mitarbeite­r kümmert. Seine Frau Anne, die aus Hannover stammt, ist seit 1954 an seiner Seite und achtet auf ihn.

Was vom Schauspiel­er Kirk Douglas bleibt, sind gebrochene Typen, einsame Helden wider Willen und eine Härte, die der Gerechtigk­eit zum Durchbruch verhelfen soll. Oder Typen, die fies sein können wie der Journalist in dem Film „Reporter des Satans“, in dem Billy Wilder bereits 1951 die Sensations­lust von Medien kritisiert­e.

Die großen Ehren blieben Kirk Douglas verwehrt. Es reichte „nur“zum Ehren-Oscar, der in der Branche als künstleris­ches Gnadenbrot gilt. Da schnitt Sohn Michael Douglas besser ab: Der inzwischen auch schon 72-jährige Filius, im Gegensatz zum Papa auch der mittleren Generation vertraut, gewann die Auszeichnu­ng als Produzent von „Einer flog über das Kuckucksne­st“und als Schauspiel­er für „Wall Street“. Hätte das auch geklappt mit einem unbekannte­n Daddy?

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Fotos: Imago (2), dpa Dreimal Kirk Douglas: links als Marshal Len Merrick in „Den Hals in der Schlinge“aus dem Jahr 1951, rechts unten als Colonel Dax in „Wege zum Ruhm“von 1957 und rechts oben im Jahr 2010 bei einer Film Gala mit einem Magazin, das seinen Sohn Michael auf...

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