Es gibt nur noch 97000 Giraffen
Rote Liste Die Bestände der majestätischen Tiere gehen immer weiter zurück. Warum das so ist und was Naturschützern besonders große Sorgen macht
Gland/Cancún Es ist ein majestätischer Anblick, wie die Giraffen in einer kleinen Gruppe durch das niedrige Gras schreiten. Bei jedem Schritt wiegt ihr langer Hals leicht nach vorne, die Savanne um sie herum wirkt wie eine Miniaturausgabe, so weit überragen sie die Sträucher in ihrer Umgebung.
25 Jahre werden die Tiere in freier Wildbahn alt. Doch ihr Leben ist bedroht. Und die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) gab nun bekannt, dass Giraffen sogar vom Aussterben bedroht sind. Nach einer neuen Untersuchung stufte die Organisation mit Sitz in Gland am Genfer See die Tiere in der Roten Liste eine Kategorie nach oben: von „ungefährdet“auf „gefährdet“. „Mit den Giraffen steuert eine weitere ikonische Tierart ihrem möglichen Ende in freier Wildbahn entgegen“, sagte Eberhard Brandes, Vorsitzender der Naturschutzorganisation WWF in Deutschland.
Weltweit leben derzeit noch etwa 97 000 Exemplare – 40 Prozent weniger als noch vor 30 Jahren, fand die IUCN heraus. Und: Giraffe ist nicht gleich Giraffe, sagt Roland Gramling, Artenschutz-Sprecher beim WWF. Es gibt viele verschiedene Unterarten. Die Lage ist also noch dramatischer. In den meisten Zoos sind etwa Netzgiraffen zu sehen, sagt er. Sie heißen so, weil ihr Fell aussieht wie ein Netz. „Von ihnen leben weltweit noch 8000 Exemplare“, so Gramling. Bei anderen Arten gebe es weit weniger Tie- re. „Da ist jedes einzelne für den Arterhalt wichtig“, meint er.
Und wer trägt die Schuld für das Giraffen-Sterben? Der Mensch. Denn der Lebensraum der Giraffen gehe zurück und Wilderer machten verstärkt Jagd auf die Tiere, sagt Gramling.
Giraffen kommen in Afrika vor allem in den Savannen südlich der Sahara vor. Sie ernähren sich von Blättern und Zweigen. 3,5 Kilo isst ein Tier am Tag. Doch das Grün wird immer knapper. Denn die Savannen werden zusehends landwirtschaftlich genutzt, sagt Gramling. Und nicht nur das: Auch der Bergbau sei ein Problem. „Eine Goldmine in Südafrika verbraucht pro Stunde 140000 Liter Wasser“, erklärt Gramling. Das lasse die Steppe langsam austrocknen und die Tiere fänden kein Futter und nichts mehr zum Trinken.
Auch die Wilderer setzen den Giraffen-Beständen stark zu. Gramling spricht von einer „WildererKrise“. Denn ähnlich wie Elefanten, Nashörner und Löwen, werden auch Giraffen von „fast schon paramilitärischen Gruppen“gejagt, sagt er. Die Wilderer haben es auf das Knochenmark und das Gehirn der großen Tiere abgesehen. „Das gilt in Afrika als Wundermittel gegen Aids. Sie schlagen aus der Not der Menschen Profit.“Für ein Kilogramm Giraffen-Knochenmark bekomme man auf dem Schwarzmarkt etwa 120 Dollar, so der Artenschutzexperte. Und wie bei Elfenbein auch sei die Nachfrage danach sehr gestiegen. (mit dpa)