Tempohandball und ein 24:24
Sport Nachgefragt Vor dem Bezirksoberliga-Duell der Lokalrivalen TV Gundelfingen und HSG Lauingen-Wittislingen stehen die Trainer vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen
letzte Handball-Spieltag im alten Jahr ist aus Landkreis-Sicht einer der interessantesten – schließlich stehen die beiden wichtigsten Derbys auf dem Plan. Der TV Gundelfingen trägt in beiden Spielen die Favoritenbürde: im Landesliga-Duell der Damen beim TSV Wertingen (siehe eigener Bericht) und im Match der Männer-Bezirksoberliga bei der HSG Lauingen-Wittislingen. Es ist erst das dritte Aufeinandertreffen der beiden Teams. Bevor die Spielgemeinschaft gegründet wurde, war der TV Lauingen 14/15 in die Bezirksoberliga aufgestiegen. Gundelfingen verließ beide Male das Feld als Sieger und erzielte dabei 53 Treffer bei 43 Gegentreffern. Für die HSG spricht der Heimvorteil am Samstag in der Wittislinger Schulsporthalle. Den Zuschauern wird empfohlen, rechtzeitig vor dem Anpfiff (19 Uhr) zu kommen: Zum einen, um sich einen Sitzplatz zu sichern, zum anderen, um den Auftritt der Lauinger Showtanzgruppe Tanztreu nicht zu verpassen. Wir sprachen vor dem Derby mit den Trainern Oliver Bleher (TVG) und Thomas Joekel (HSG).
Gundelfingen steuert auf Platz eins ohne Punktverlust Richtung Landesliga, die HSG Lauingen-Wittislingen kämpft am anderen Tabellenende um den Klassenerhalt. Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Verlauf der Saison bislang? Bleher: Wir sind innerhalb unserer Zielvereinbarung, insofern können wir voll zufrieden sein. Joekel: Um nicht abzusteigen, haben wir uns 14 Punkte als primäres Saisonziel gesteckt. In der Vorrunde waren sieben Punkte der Plan, also fehlen uns noch zwei. Mit dem Verlauf der bisherigen Saison bin ich dennoch zufrieden, die Jungs wachsen als Team zusammen und nehmen aus jedem Spiel wertvolle Erfahrungen mit, positive wie negative.
Wo liegen die Stärken und Schwächen Ihrer Mannschaft? Bleher: Unsere Stärke sind sicherlich das Abwehrverhalten im Zusammenspiel mit den Torhütern sowie unser Umschaltspiel. Auch ist unser Vorteil, dass die Mannschaft in den wesentlichen Teilen seit längerer Zeit zusammenspielt. Leider müssen wir aber wieder unsere Leistungsträger auf der halblinken Position ersetzen, da diese den Verein wegen ihres Studiums verlassen haben. Dies können wir natürlich nicht beeinflussen, aber Abgänge von der Güte eines Mattis Bachter, Chris Gerstmayr oder vor dieser Saison Lukas Heinle tun einfach weh. Vor allem wenn man sieht, dass diese Spieler in der neuen Umgebung tragende Stützen bei höherklassigen Vereinen sind. Unsere Baustellen liegen traditionell im Abschluss. Wir lassen einfach zu viele klare Möglichkeiten liegen. Zudem haben wir keinen Shooter in unserer Mann- schaft, der uns im Schnitt mal sechs bis acht einfache Tore erzielt. Joekel: Die Stärke meines Teams ist die jugendliche Unbekümmertheit, wir haben nichts zu verlieren. Und die neue Erkenntnis, dass man als Team mit Leidenschaft und Motivation auch stärkere Gegner schlagen kann. Unsere Stammformation hat ein Durchschnittsalter von 19,8 Jahren. Für zwei Drittel der Mannschaft ist es das erste Jahr im Herrenbereich. Wenn man von Schwäche reden kann, dann sind es die damit verbundene Unerfahrenheit und natürlich die körperlichen Nachteile, wenn Jungs gegen Männer spielen.
Wie schätzen Sie die Lage des Derbygegners ein? Bleher: Grundsätzlich denke ich, dass der eingeschlagene Weg der HSG der richtige ist. Der Umbruch in dieser Saison war vielleicht aufgrund ihrer Abgänge nicht freiwilDer lig. Allerdings eröffnet dies Thomas Joekel und Markus Selzle die Möglichkeit, mittel- bis langfristig eine schlagkräftige Truppe aufzubauen. Dies ist bestimmt nicht der einfache Weg, da hier auch vonseiten der Abteilungsleitung die entsprechende Geduld und das Vertrauen aufgebracht werden müssen. Allerdings bin ich überzeugt, dass sich dies auszahlt. So muss man sich aus HSGSicht dieses Jahr den Klassenerhalt erarbeiten. Mit jedem Jahr wächst jedoch die Erfahrung der Mannschaft, und es werden die erarbeiteten Automatismen besser greifen. Es gibt in der diesjährigen BOL-Saison sicher schwächere Mannschaften, deswegen ist der Klassenerhalt durchaus möglich. Joekel: Unser heutiger Gegner ist in dieser Saison der einzige Anwärter für den Aufstieg in die Landesliga. Dazu haben wir mit dem Sieg gegen Schwabmünchen ja auch ein klein bisschen beigetragen. Er ist zu Recht der ungeschlagene Tabellenführer und wird es auch bis zum Saisonende bleiben. Der TVG ist verdientermaßen heuer mit dem Aufstieg dran, nachdem er schon seit Jahren konstant um den BOL-Titel mitspielt.
Wie schätzen Sie die Lage der gesamten Liga ein? Bleher: Es gibt zwei Teams – Schwabmünchen und uns –, die an einem normalen Tag mit ihrem Leistungsvermögen über allen anderen Mannschaften stehen. Es folgt der TSV Göggingen, der aufgrund seiner körperlichen Robustheit diesen beiden am nächsten heranreicht. Das Mittelfeld reicht von Platz vier mit Kissing bis Platz acht mit Friedberg III und ist sehr ausgeglichen. Hier können sich die Mannschaften jederzeit untereinander schlagen. Der Abstiegskampf beginnt ab Platz neun mit dem SC Ichenhausen. Hier liegt alles sehr eng beieinander, und die Entscheidung wird wohl erst am vorletzten oder letzten Spieltag fallen. Ich wünsche der HSG, dass sie sich vorher auf einen Nichtabstiegsplatz vorgearbeitet hat. Joekel: Durch die Aufstiegsmannschaften der letzten Jahre, etwa Günzburg und Haunstetten, die sich oben gehalten haben, ist viel spielerische Qualität in dieser BOL verloren gegangen. Insgesamt ist die Liga schwächer als in den vergangenen Spielzeiten. Auch der personelle Umbruch bzw. Generationenwechsel in einigen Teams trägt dazu bei.
Wie wird sich der Handball in der Region in den nächsten Jahren entwickeln? Bleher: Der Trend wird zu Stützpunkten für die Talente gehen. Diese Situation ist ja bereits mit den VfL Günzburg ersichtlich. Die kleineren Vereine werden nur durch qualifizierte Nachwuchsarbeit die Möglichkeit haben, sich zu behaupten. Man braucht allerdings auch eine spielstarke „Erste“, damit die Jugendspieler den entsprechenden sportlichen Anreiz für ihre weitere Entwicklung sehen und durchaus auch Vorbilder in ihren Vereinen finden. Joekel: Günzburg hat eine Ausnahmestellung inne und wird sich weiter als „Hotspot“in der Region entwickeln. Alle anderen Vereine haben große Nachwuchsprobleme, vor allem an der Basis. Der Verein, der es schafft, genügend und qualifizierte Trainer und Betreuer und natürlich Kinder und Eltern zu gewinnen und an den Sport zu binden, wird keine Zukunftssorgen haben. Fatal ist es, um jeden Preis seine Erwachsenenmannschaften in höheren Ligen etablieren zu wollen – und die Nachwuchsarbeit vernachlässigen.
Wie lautet dein Tipp für das Derby? Bleher: Tempohandball bei toller Derbystimmung mit einem Gundelfinger Sieg. Joekel: 24:24! (MSCH/gül)