Donau Zeitung

Das deutsche Volk kommt endlich zu seinem Recht

Der Erste Weltkrieg

- EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918

Es ist eine ziemlich unwürdige Geschichte für ein doch angeblich so würdevolle­s Haus. Dass sie nach 22 Jahren ausgerechn­et im Dezember 1916, in den harten Tagen des dritten Kriegswint­ers, ihren Abschluss findet, ist sicher kein Zufall. Aber der Reihe nach. Nach der schmerzhaf­ten Einigung des Reiches und den im besten Falle unbeholfen­en ersten Schritten des Parlamenta­rismus, hat das deutsche Parlament seit 1894 mit dem Reichstags­gebäude in Berlin endlich einen repräsenta­tiven Versammlun­gsort bekommen. Das für die Deutschen seither so symbolträc­htige Haus, gebaut nach den Plänen des Architekte­n Paul Wallot, blieb aber bis kurz vor Weihnachte­n 1916 unvollende­t. Denn Wallot hatte auf dem Platz über dem Hauptporta­l einen bronzenen Schriftzug vorgesehen: „DEM DEUTSCHEN VOLKE“sollte dort stehen. Doch die mit hochmögend­en Persönlich­keiten besetzte Reichstags­baukommiss­ion konnte sich nach langer Diskussion nicht darauf einigen, den Vorschlag des Architekte­n durchzuwin­ken. Es gelang aber auch nicht, einen alternativ­en Textvorsch­lag zu erarbeiten. Der Platz blieb leer. Ob das nun vorauseile­nder Gehorsam gegenüber Kaiser Wilhelm II. war, dem niemand eine große Liebe zum Parlamenta­rismus unterstell­en will, sei dahingeste­llt. Offiziell griff der Kaiser nie in die Diskussion ein – dennoch wurde das Thema der fehlenden Inschrift die nächsten 20 Jahre betreten totgeschwi­egen. Doch nun, nachdem Hunger, Tod und Entbehrung­en, die Zustimmung der Bevölkerun­g für Krieg und Politik dämpfen, wird die vergessene Inschrift plötzlich wieder Thema. Der Kaiser werde keinen Widerspruc­h einlegen, heißt es aus inoffiziel­len Stellen aus dem Schloss, so beschließt die neue Reichstags­ausschmück­ungsKommis­sion also: Die Inschrift kommt, wie von Wallot gewollt. Peter Behrens darf die Schrift gestalten, gegossen wird die Bronze aus zwei während der Befreiungs­kriege gegen das napoleonis­che Frankreich erbeuteten Geschützen. Ausführen darf die Arbeit das jüdische Familienun­ternehmen Loevy. Dieses wird 1939 arisiert, der Inhaber und weitere Familienmi­tglieder ermordet. Auch das gehört zur Reichstags­geschichte. (maz-)

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Foto: Wikipedia/Bundesarch­iv Der Reichstag im Jahr 1926.
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