Schwere Versäumnisse im Freiburger Mordfall
Kriminalität Innenminister de Maizière kritisiert Griechenland scharf. Was lief schief?
Augsburg/Freiburg Der aus Afghanistan stammende mutmaßliche Mörder der Freiburger Medizinstudentin Maria L. hat eine kriminelle Vergangenheit und wurde bereits in Griechenland zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der junge Mann soll auf der griechischen Insel Korfu eine 20-Jährige von einer hohen Klippe gestoßen haben. Das Opfer überlebte schwer verletzt. Ende Oktober 2015 wurde Hussein K. unter Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Als er der Meldepflicht nicht nachgekommen sei, hätten ihn die griechischen Behörden nur zur nationalen, aber nicht zur internationalen Fahndung ausgeschrieben. Im November 2015 kam Hussein K. dann als Flüchtling nach Deutschland – eindeutige Dokumente konnte er bei seiner Einreise nicht vorlegen.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière richtete nun schwere Vorwürfe an die griechischen Behörden und sprach von einem „ärgerlichen Vorgang“. Der CDU-Politiker sieht sich durch den Fall in seiner Forderung nach einer besseren Verknüpfung europäischer Datenbanken bestätigt. Weder Interpol noch das Infosystem der Schengen-Staaten seien alarmiert worden, obwohl Hussein K. kurz nach seiner Haftentlassung im Oktober 2015 Griechenland trotz Meldeauflagen verließ.
De Maizière kritisierte, dass dennoch keine internationale Fahndung eingeleitet worden sei. „Ansonsten wäre der Tatverdächtige bei einer ordnungsgemäßen Kontrolle durch die deutschen Sicherheitsbehörden in verschiedenen Stufen aufgefallen.“Der Bund Deutscher Kriminalbeamter sprach von einem „eklatanten Versagen“griechischer Stellen. Auch der SPD-Innenexperte Burkhard Lischka übte Kritik. Sollte sich der Sachverhalt so bestätigen, „stellt sich vor allem die Frage, wieso ein verurteilter schwerer Gewalttäter bereits nach so kurzer Zeit aus der Haft entlassen wird und dann auch noch das Land verlassen kann“, sagte Lischka.
Noch nicht geklärt ist das Alter des mutmaßlichen Mörders. In Deutschland wurde er 2015 als 17-jähriger Flüchtling registriert. Nach Angaben aus griechischen Ermittlerkreisen wurde sein Alter aber bereits 2013 auf 16 oder 17 Jahre geschätzt.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Grüne) hat im Zusammenhang mit dem Freiburger Mordfall vor zu großzügigen Regelungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gewarnt. „Europa muss so zusammenarbeiten, dass ein Mörder nicht freigelassen wird und ins nächste Land reist“, so Palmer. „Für minderjährige Flüchtlinge muss es ein reguläres Asylverfahren geben. Und wir brauchen eine bessere Altersprüfung.“Es habe sich längst herumgesprochen, dass man die Papiere wegwerfen und das Alter „17 Jahre“angeben müsse, um in Deutschland optimalen Schutz zu erhalten.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) forderte eine härtere Gangart bei der deutschen Innenund Sicherheitspolitik. „Wir hatten eine Zeit lang die Kontrolle über unsere Grenzen verloren. Wir beginnen, in einigen Teilen Deutschlands die Kontrolle über öffentliche Plätze, Straßen und Stadtviertel zu verlieren. Das darf sich ein Staat nicht gefallen lassen“, sagte er im Landtag. Es gehe jetzt um Heimatschutz, betonte Söder gegenüber der Zeitung Die Welt. Als Beispiele nannte er den Freiburger Mordfall und die Vorfälle an Silvester in Köln.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) verteidigte die verstärkten Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze. Es gehe nicht nur um Flüchtlinge, sondern „um die Sicherheit insgesamt“, sagte Herrmann. Seit gestern kontrollieren Bundespolizisten und die Bayerische Bereitschaftspolizei gemeinsam grenznahe Hauptverkehrswege. Mehr zu den Themen lesen Sie im Kommentar, auf Bayern und Panorama. (jös, dpa, afp)