Streit um Abschiebung nach Kabul
Kritik aus der SPD. Die meisten waren verurteilte Straftäter
Kabul/Berlin Es ist eine verlorene kleine Truppe, die da im Morgengrauen am Kabuler Flughafen ankommt. Einer der jungen Männer reißt in der Ankunftshalle die Arme hoch zum Siegessalut, aber es wirkt eher zynisch. Ein anderer kniet draußen vor dem Terminal nieder und küsst den kalten Zement. Andere unterhalten sich leise, beantworten die Fragen von Journalisten, gehen dann nach und nach mit Taschen oder einem Pappkarton im Arm hinaus. Wohin? Viele wissen es nicht. Deutschland hat über Nacht zum ersten Mal abgelehnte Asylbewerber in einer Sammelabschiebung nach Afghanistan gebracht.
In Berlin verteidigt Bundesinnenminister Thomas de Maizière die Abschiebeaktion gegen Kritik von Opposition, Kirchen und Menschenrechtsorganisationen. „Solche Rückführungsmaßnahmen sind richtig und notwendig, um unser Asylsystem funktionsfähig zu halten“, sagt der CDU-Politiker. Ein Drittel der Abgeschobenen seien verurteilte Straftäter gewesen, fügt der Minister hinzu. Sie hätten sich unter anderem des Raubes und des Diebstahls sowie bei Betäubungsmitteldelikten, aber auch der Vergewaltigung und des Totschlags schuldig gemacht. Teilweise seien die Betroffenen aus der Haft heraus abgeschoben worden.
Kritik an der Aktion gibt es dennoch – auch aus der Regierung: Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, die SPD-Abgeordnete Bärbel Kofler, sagte unserer Zeitung: „Ich habe bisher keinen Bericht gesehen, der mir den Eindruck vermittelt, es gebe in Afghanistan sichere Regionen.“Die Sicherheitslage sei in den Regionen Afghanistans unterschiedlich, „gut ist sie aber nirgendwo“, betont Kofler. „Vor diesem Hintergrund sollten aber alle Abschiebungen nach Afghanistan sofort gestoppt werden.“