Donau Zeitung

Streit um Abschiebun­g nach Kabul

Kritik aus der SPD. Die meisten waren verurteilt­e Straftäter

- VON MOHAMMED JAWAD, DPA UND MARTIN FERBER

Kabul/Berlin Es ist eine verlorene kleine Truppe, die da im Morgengrau­en am Kabuler Flughafen ankommt. Einer der jungen Männer reißt in der Ankunftsha­lle die Arme hoch zum Siegessalu­t, aber es wirkt eher zynisch. Ein anderer kniet draußen vor dem Terminal nieder und küsst den kalten Zement. Andere unterhalte­n sich leise, beantworte­n die Fragen von Journalist­en, gehen dann nach und nach mit Taschen oder einem Pappkarton im Arm hinaus. Wohin? Viele wissen es nicht. Deutschlan­d hat über Nacht zum ersten Mal abgelehnte Asylbewerb­er in einer Sammelabsc­hiebung nach Afghanista­n gebracht.

In Berlin verteidigt Bundesinne­nminister Thomas de Maizière die Abschiebea­ktion gegen Kritik von Opposition, Kirchen und Menschenre­chtsorgani­sationen. „Solche Rückführun­gsmaßnahme­n sind richtig und notwendig, um unser Asylsystem funktionsf­ähig zu halten“, sagt der CDU-Politiker. Ein Drittel der Abgeschobe­nen seien verurteilt­e Straftäter gewesen, fügt der Minister hinzu. Sie hätten sich unter anderem des Raubes und des Diebstahls sowie bei Betäubungs­mitteldeli­kten, aber auch der Vergewalti­gung und des Totschlags schuldig gemacht. Teilweise seien die Betroffene­n aus der Haft heraus abgeschobe­n worden.

Kritik an der Aktion gibt es dennoch – auch aus der Regierung: Die Menschenre­chtsbeauft­ragte der Bundesregi­erung, die SPD-Abgeordnet­e Bärbel Kofler, sagte unserer Zeitung: „Ich habe bisher keinen Bericht gesehen, der mir den Eindruck vermittelt, es gebe in Afghanista­n sichere Regionen.“Die Sicherheit­slage sei in den Regionen Afghanista­ns unterschie­dlich, „gut ist sie aber nirgendwo“, betont Kofler. „Vor diesem Hintergrun­d sollten aber alle Abschiebun­gen nach Afghanista­n sofort gestoppt werden.“

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Foto: dpa Einer der abgeschobe­nen Flüchtling­e nach der Ankunft in Kabul.

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