Amazon weist Kritik zurück
Logistik Warum der Konzern weiterhin einen Tarifvertrag ablehnt
Graben Der amerikanische OnlineVersandhändler Amazon steht immer wieder in der Kritik. So auch am Standort Graben (Landkreis Augsburg), wo in dem vor fünf Jahren errichteten Logistikzentrum nach Unternehmensangaben inzwischen mehr als 1900 Mitarbeiter zur Stammbelegschaft zählen. Thomas Gürlebeck, Gewerkschaftssekretär bei Verdi in Augsburg, kritisierte jüngst im Interview mit unserer Zeitung unter anderem die dortigen Arbeitsbedingungen.
Unternehmenssprecherin Anette Nachbar weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Amazon habe alle Versprechen gegenüber den Mitarbeitern, der Region und den Partnern vor Ort gehalten. Deren Angestellte, von denen mehr als 70 Prozent fest angestellt seien, würden nach ihren Worten unter keinem besonders hohen Druck stehen. Vielmehr gebe es in jedem Beruf bestimmte Kennzahlen und gewisse Leistungsanforderungen, die erfüllt werden müssten. „Hier arbeiten viele Menschen im Team an dem Ziel, das Kundenversprechen zu erfüllen“, sagt Nachbar. Das gebe – wie anderswo auch – den Rahmen vor. Im Fall Amazon ist das eine pünktliche Lieferung.
Eine überdurchschnittlich hohe Krankenquote bei den Beschäftigten in Graben kann die Unternehmenssprecherin nicht bestätigen, denn: „Kein Unternehmen veröffentlicht diese Zahlen.“Das Unternehmen investiere laut Nachbar stark in die Themen Gesundheit und Sicherheit – das sei das höchste Gut. Seit mehr als einem Jahr gibt es an jedem deutschen Standort einen Gesundheitsmanager.
Die Forderung der Gewerkschaft Verdi, Gespräche mit Amazon über einen existenzsichernden Tarifvertrag zu den Konditionen im Einzelund Versandhandel aufzunehmen, wird es laut der Unternehmenssprecherin auch in Zukunft nicht geben. Nachbar verweist auf das „dynami- sche Unternehmen und die rasante Entwicklung im e-Commerce“, die mit starren Tarifverträgen ihrer Meinung nach nicht vereinbar seien: „Unser jetziges System des direkten Kontakts mit den Mitarbeitern funktioniert sehr gut und passt einfach besser zu unserer Philosophie.“
Gewerkschaftssekretär Gürlebeck wirft Amazon vor, dass die befristeten Angestellten schlecht bezahlt werden und dies in vielen Fällen zu einer Altersarmut führen würde. Nachbar spricht dagegen von einem wettbewerbsfähigen Stundenlohn in Graben von mindestens 11,12 Euro – auch für Menschen ohne Ausbildung. Dazu gebe es unter anderem Boni, Sonderzahlungen, eine betriebliche Altersvorsorge, eine kostenlose Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung sowie Amazon-Aktien für Mitarbeiter. Über diese kann allerdings erst nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist frei verfügt werden. Zudem werden diese Mitarbeiter-Aktien beim Verkauf einmalig besteuert.