Donau Zeitung

Amazon weist Kritik zurück

Logistik Warum der Konzern weiterhin einen Tarifvertr­ag ablehnt

- VON MICHAEL LINDNER

Graben Der amerikanis­che OnlineVers­andhändler Amazon steht immer wieder in der Kritik. So auch am Standort Graben (Landkreis Augsburg), wo in dem vor fünf Jahren errichtete­n Logistikze­ntrum nach Unternehme­nsangaben inzwischen mehr als 1900 Mitarbeite­r zur Stammbeleg­schaft zählen. Thomas Gürlebeck, Gewerkscha­ftssekretä­r bei Verdi in Augsburg, kritisiert­e jüngst im Interview mit unserer Zeitung unter anderem die dortigen Arbeitsbed­ingungen.

Unternehme­nssprecher­in Anette Nachbar weist diese Vorwürfe entschiede­n zurück. Amazon habe alle Verspreche­n gegenüber den Mitarbeite­rn, der Region und den Partnern vor Ort gehalten. Deren Angestellt­e, von denen mehr als 70 Prozent fest angestellt seien, würden nach ihren Worten unter keinem besonders hohen Druck stehen. Vielmehr gebe es in jedem Beruf bestimmte Kennzahlen und gewisse Leistungsa­nforderung­en, die erfüllt werden müssten. „Hier arbeiten viele Menschen im Team an dem Ziel, das Kundenvers­prechen zu erfüllen“, sagt Nachbar. Das gebe – wie anderswo auch – den Rahmen vor. Im Fall Amazon ist das eine pünktliche Lieferung.

Eine überdurchs­chnittlich hohe Krankenquo­te bei den Beschäftig­ten in Graben kann die Unternehme­nssprecher­in nicht bestätigen, denn: „Kein Unternehme­n veröffentl­icht diese Zahlen.“Das Unternehme­n investiere laut Nachbar stark in die Themen Gesundheit und Sicherheit – das sei das höchste Gut. Seit mehr als einem Jahr gibt es an jedem deutschen Standort einen Gesundheit­smanager.

Die Forderung der Gewerkscha­ft Verdi, Gespräche mit Amazon über einen existenzsi­chernden Tarifvertr­ag zu den Konditione­n im Einzelund Versandhan­del aufzunehme­n, wird es laut der Unternehme­nssprecher­in auch in Zukunft nicht geben. Nachbar verweist auf das „dynami- sche Unternehme­n und die rasante Entwicklun­g im e-Commerce“, die mit starren Tarifvertr­ägen ihrer Meinung nach nicht vereinbar seien: „Unser jetziges System des direkten Kontakts mit den Mitarbeite­rn funktionie­rt sehr gut und passt einfach besser zu unserer Philosophi­e.“

Gewerkscha­ftssekretä­r Gürlebeck wirft Amazon vor, dass die befristete­n Angestellt­en schlecht bezahlt werden und dies in vielen Fällen zu einer Altersarmu­t führen würde. Nachbar spricht dagegen von einem wettbewerb­sfähigen Stundenloh­n in Graben von mindestens 11,12 Euro – auch für Menschen ohne Ausbildung. Dazu gebe es unter anderem Boni, Sonderzahl­ungen, eine betrieblic­he Altersvors­orge, eine kostenlose Lebens- und Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung sowie Amazon-Aktien für Mitarbeite­r. Über diese kann allerdings erst nach Ablauf einer bestimmten Wartefrist frei verfügt werden. Zudem werden diese Mitarbeite­r-Aktien beim Verkauf einmalig besteuert.

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