Populisten und Cornflakes
Internet Ist es ein Eingriff in die Meinungsfreiheit, wenn Firmen keine Anzeigen mehr auf rechten und konservativen Seiten schalten?
Bis vor ein paar Wochen kannte den Mann hier kein Mensch. Doch seit Steve Bannon mitgeholfen hat, Donald Trump zum US-Präsidenten zu machen, ist er sogar in Deutschland für Schlagzeilen gut – wenn auch für keine guten. Bannon steht hinter der rechtspopulistischen Internetseite Breitbart News, auf der sich Fremdenfeinde, Antisemiten und Islamhasser austoben dürfen. Bald soll es auch eine deutschsprachige Breitbart-Ausgabe geben. Doch die Gegner bringen sich schon in Stellung. Es geht vor allem um die Frage, woher die Plattform ihr Geld bekommt. Und es geht um Cornflakes.
Anfang Dezember gibt die USKultmarke Kellogg’s bekannt, sie werde keine Anzeigen mehr auf Breitbart schalten. Das Echo folgt prompt – und wie: Die Macher der Seite rufen ihre Nutzer dazu auf, ihre Cornflakes künftig woanders zu kaufen. Kellogg’s sei eine „unamerikanische Marke“. Auch andere Unternehmen überprüfen nun hektisch ihre Werbeaktivitäten. In vielen Chefetagen weiß man schließlich gar nicht so genau, auf welchen Internetseiten die eigene Reklame erscheint, die nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird. Unter den Breitbart-Anzeigenkunden tauchen auch deutsche Namen wie BMW oder der Elektrogerätehersteller Braun auf. Beide haben die Plattform nach Protesten inzwischen auf eine „Schwarze Liste“gesetzt und wollen dort nicht mehr werben. Die Geschichte zieht aber noch weitere Kreise – und schuld ist Gerald Hensel. Der Stratege der großen Werbeagentur Scholz & Friends ruft die Kampagne „Kein Geld für Rechts“ins Leben. Damit gräbt er allerdings nicht nur den Hetzern von Breitbart das Wasser ab. Auch von konservativen deutschen Meinungsseiten wendet sich die Werbebranche ab – zum Ärger der Autoren.
Einer von ihnen ist der Publizist Henryk M. Broder. Er schreibt für die Achse des Guten, die offenbar unter einem Anzeigenschwund leidet, seit Hensel „Kein Geld für Rechts“gestartet hat. Unter dem Titel „Der schmutzige Erfolg der Denunzianten“schreibt Broder über den Werbemann: „Er macht sich nicht einmal die Mühe – oder ist dazu gedanklich nicht in der Lage –, zwischen rechts, rechtsradikal und rechtsextrem zu unterscheiden.“
Der Blogger Roland Tichy wittert sogar einen Eingriff in die Meinungsfreiheit: „Medien mit ,unpassender‘ politischer Richtung (sollen) zum Verstummen gebracht werden“, mutmaßt er auf seiner Seite Tichys Einblick. Hensel selbst, der in einen veritablen „Shitstorm“geraten ist, antwortet via Twitter: „Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Aber es gibt kein Grundrecht auf Werbeeinnahmen.“