Donau Zeitung

Das Drama um den Abgeordnet­en Linus Förster

Kriminalit­ät Die Ereignisse um den früheren schwäbisch­en SPD-Vorsitzend­en überschlag­en sich. Am Mittwochab­end hebt der Rechtsauss­chuss dessen Immunität auf. 24 Stunden später wird Förster verhaftet. Wie schwer sind die Vorwürfe?

- VON HOLGER SABINSKY WOLF

München/Augsburg Es ist Mittwochab­end, als sich im Landtag etwas über dem Augsburger Abgeordnet­en Linus Förster zusammenbr­aut. Der Rechtsauss­chuss kommt zusammen. Es gibt in der letzten Sitzung des Jahres noch einiges abzuarbeit­en. Doch ein Punkt auf der Tagesordnu­ng, der nur ganz wenig Zeit in Anspruch nimmt, ist besonders heikel. Es geht um die Aufhebung der Immunität eines Landtagsab­geordneten. Und offenbar soll nicht allzu rasch bekannt werden, um wen es geht. Daher wird nicht öffentlich getagt. Und es wird auch kein Namen genannt.

Erst am Morgen danach sickert die Angelegenh­eit durch. Der Rechtsauss­chuss hat die Immunität des ehemaligen schwäbisch­en SPD-Chefs Linus Förster aufgehoben. Die Entscheidu­ng fiel einstimmig. Der Grund für die Eile und die Geheimnisk­rämerei wird aber erst am Donnerstag­abend klar.

Die Vorwürfe gegen Förster, 51, haben sich offenbar so erheblich ausgeweite­t und so stark verdichtet, dass

Ein Name fällt nicht, die Sitzung ist nicht öffentlich

die Augsburger Staatsanwa­ltschaft einen Haftbefehl gegen den Politiker erwirkt hat. Und der wird am Donnerstag­abend vollzogen. Polizisten verhaften Förster in der Nähe von Passau, wohin sich der Landtagsab­geordnete zurückgezo­gen hat.

Es ist der dramatisch­e Höhepunkt einer Affäre, die Anfang September begonnen hat. Förster besucht seinerzeit nach Recherchen unserer Zeitung eine Augsburger Prostituie­rte. Er soll den Sex mit der Frau heimlich gefilmt haben. Doch die Prostituie­rte bemerkt dies und sagt dem Politiker, dass sie es nicht will. Es kommt zum Streit. Die Frau schnappt sich die Kamera und nimmt die Speicherka­rte an sich. Der Streit verschärft sich und mündet in ein handgreifl­iches Gerangel. Den Speicherch­ip behält die Prostituie­rte. Und sie übergibt ihn der Polizei, als sie Anzeige gegen Linus Förster erstattet. Dort verweist sie auch auf leichte Kratzer.

Auf diese Weise ist das Ermittlung­sverfahren ins Rollen gekommen. Die Augsburger Staatsanwa­ltschaft ermittelt seit Anfang November gegen Förster wegen Körperverl­etzung und illegaler Filmaufnah­men. Im Zuge der Ermittlung­en wurden Mitte November auch Büros und Wohnungen Försters in Augsburg und München durchsucht. Bei den Razzien wurden Datenträge­r sichergest­ellt, auf denen sich auch Fotos nackter minderjähr­iger Frauen befinden. Als dies bekannt wurde, trat Linus Förster Ende November vom Vorsitz der schwäbisch­en SPD und allen weiteren Ämtern zurück, trat aus der SPD aus und kündigte an, dass er mit Ablauf des Jahres auch sein Landtagsma­ndat niederlege.

Es war daher überrasche­nd, dass der Rechtsauss­chuss am Mittwoch so kurzfristi­g über Försters Immunität entschied. Denn in zweieinhal­b Wochen wäre der Augsburger Abgeordnet­e ohnehin kein Mandatsträ­ger mehr gewesen. Warum also konnten oder wollten die Augsburger Staatsanwa­ltschaft und der Landtag nicht bis dahin warten?

Die Eile des Rechtsauss­chusses unter Vorsitz von Franz Schindler (SPD) geht auch aus der Drucksache 17/14791 des Landtags hervor. Das Schreiben des Leitenden Oberstaats­anwalts aus Augsburg mit dem Antrag auf Aufhebung der Immunität war demnach erst am Mittwoch im Landtag eingegange­n. Und schon wenige Stunden später war die Angelegenh­eit im Ausschuss entschiede­n.

Da konnte man bereits ahnen, dass es nicht nur um eine reine Formalie geht. Es ist nämlich so, dass für weitergehe­nde Ermittlung­en die Immunität eines Abgeordnet­en aufgehoben werden muss. Für die Erlaubnis zur Durchsuchu­ng bei Linus Förster hatte noch das vereinfach­te Verfahren des Landtags ausgereich­t. Das funktionie­rt so: Die Staatsanwa­ltschaft informiert den Landtag, dass ein Verdacht vorliegt und eine Durchsuchu­ng geplant ist. Wenn der Landtag nicht binnen 48 Stunden widerspric­ht, ist die Genehmigun­g automatisc­h erteilt.

Soll das Ermittlung­sverfahren aber weiterbetr­ieben werden und in Richtung einer Anklage oder gar einer Inhaftieru­ng gehen, muss die Staatsanwa­ltschaft vorher die Aufhebung der Immunität beantragen. Erst dann kann sie ohne Einschränk­ungen weiterermi­tteln. Das ist in den „Richtlinie­n für das Strafverfa­hren und das Bußgeldver­fahren“(RiStBV) unter den Punkten 191 und 192 geregelt.

Linus Förster wird wohl schon am heutigen Vormittag der Haftbefehl vorgelesen. Försters Anwalt Walter Rubach war Donnerstag­nacht nicht mehr erreichbar.

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Foto: Matthias Balk, dpa Linus Förster spricht Ende Juni während einer Plenarsitz­ung des Landtags. Knapp zweieinhal­b Monate später soll es zu dem Vorfall bei einer Augsburger Prostituie­rten ge kommen sein, der Auslöser für das Ermittlung­sverfahren war. Am Donnerstag­abend wurde...

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