Donau Zeitung

Kompetenzg­erangel an der Grenze

Sicherheit Jetzt gibt es Kontrollen mit Unterstütz­ung der bayerische­n Polizei. Minister de Maizière tritt nach

- »Kommentar

Bad Reichenhal­l Harmonie klingt anders: Die Verantwort­ung für die Grenzkontr­ollen liege weiterhin allein bei der Bundespoli­zei, betont Bundesinne­nminister Thomas de Maizière. Die Hundertsch­aft der bayerische­n Polizei, die nun bei den Grenzkontr­ollen mithilft, werde „vollständi­g der Bundespoli­zei unterstell­t“. Der CDU-Politiker schießt aus Berlin noch einen Pfeil in den CSU-geführten Freistaat: Eine Verständig­ung mit Innenminis­ter Joachim Herrmann sei in München erst möglich geworden, nachdem Bayern eingesehen habe, seine Uniformier­ten der Bundespoli­zei vollständi­g zu unterstell­en. Der Chef bin ich – so die Botschaft des Bundesinne­nministers.

Das sind die politische­n Vorzeichen, unter denen seit gestern Polizisten aus Bayern und dem Bund für Rund-um-die-Uhr-Kontrollen an den großen Autobahn-Grenzüberg­ängen von Österreich nach Deutschlan­d sorgen sollen. Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) hatte diese Verstärkun­g schon vor längerer Zeit vorgeschla­gen. Doch es dauerte Monate, bis das Kompetenzg­erangel überwunden war. Herrmann eilt am Nachmittag an die Kontrollst­elle der Autobahn Salzburg-München (A 8), um die Zusammenar­beit seiner Beamten mit denen des Bundes zu loben. Thomas de Maizière schickt lediglich einen hohen Beamten aus seinem Ministeriu­m.

Während an der A8 die Fernlaster vorbeiraus­chen und nur gelegentli­ch Fahrzeuge kontrollie­rt werden, macht Herrmann klar, dass es ihm bei den verstärkte­n Kontrollen nicht nur um die Schleuserk­riminalitä­t gehe. Auch Drogenschm­uggler und andere Kriminelle sollen der Polizei ins Netz gehen. Der CSU-Minister gibt zu bedenken, dass im Sog der Flüchtling­swelle auch mehrere Terroriste­n nach Deutschlan­d gekommen seien. Mit Blick auf die Weihnachts­ferien verspricht Herrmann, die Beeinträch­tigungen für Urlauber so gering wie möglich zu halten.

Weiterhin gibt es die Kontrollen nur stichprobe­nartig. Der ADAC geht deshalb nicht davon aus, dass es dadurch zu mehr Staus kommen wird. Generell sollten Reisende die Verkehrsin­formatione­n aufmerksam verfolgen und sich über die aktuelle Situation an den Grenzen informiere­n, rät Andrea Piechotta vom Automobilk­lub. „Entspannte­r fährt in jedem Fall, wer auf kleinere Grenzüberg­änge ausweicht.“

Für die Gewerkscha­ften ist die personelle Aufstockun­g an den Grenzen Aktionismu­s. „Es liegt der Verdacht nahe, dass der Einsatz eher politisch motiviert ist, als dass er polizeilic­h nützlich wäre“, sagt Jörg Radek von der Gewerkscha­ft der Polizei (GdP). Im November kamen gerade einmal 3500 Flüchtling­e nach Deutschlan­d. Auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise im September 2015 waren es an einem Tag 14000. Hermann Benker von der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG) befürchtet, dass die bayerische Polizei durch ihren Einsatz an den Grenzen bei der Bekämpfung der Einbruchs- und Drogenkrim­inalität oder bei der Verkehrssi­cherheit „auf Sparflamme“kochen müsse. Ohnedies führten die verstärkte­n Kontrollen an den AutobahnGr­enzübergän­gen nur dazu, dass Straftäter verstärkt auf Nebenstraß­en auswichen.

Minister Herrmann entgegnet, dass die Schleierfa­hnder auch die kleinen Grenzüberg­änge im Blick hätten. Der Einsatz der Bereitscha­ftspolizis­ten sei eine klare Prioritäte­nsetzung für den Schutz der Grenzen. (dpa)

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Foto: dpa Die Kontrollen an den Grenzen gibt es weiter nur stichprobe­nartig.

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