In London sind die Pelikane los
Tiere Seit 330 Jahren sind exotische Wasservögel Nachbarn der Royals
London Malcolm Kerr wirft die nächste Makrele auf den Parkboden. Zack! Schon ist sie durch den Schnabel im langen Hals von Pelikan Tiffany verschwunden. Fast sieht es so aus, als würde der Vogel den Fisch einsaugen, der sich – unzerkaut – kurz darauf als Wölbung am Pelikanhals nach außen abdrückt. Tiffany hat heute besonders viel Appetit. Kerr muss darauf achten, dass auch die anderen beiden Wasservögel ihre Fisch-Ration abbekommen.
Die drei Pelikane Gargi, Ayla und Tiffany leben mitten in London, unweit von der Queen und dem Buckingham-Palast, auf dem Felsen der „Duck Island“am Ostufer von St. James’s Park. Und das hat eine lange Tradition. Im Jahr 1684 verschenkte der russische Botschafter die ersten Pelikane an den britischen König Charles II. Heute werden die bis zu 1,80 Meter großen und 13 Kilo schweren Wasservögel aus Zoos angekauft.
Nur während des Zweiten Weltkriegs lebten die Pelikane vorübergehend im Londoner Zoo. Nach Kriegsende kehrten sie auf ihre Insel in den St. James’s Park zurück. Und entwickelten sich zu einer Touristenattraktion. „Einer unserer Pelikane war besonders zutraulich, weil er von Menschen aufgezogen wurde. „Der dachte, er sei selbst ein Mensch. Er hat sich immer auf die Bank zu den Touristen gesetzt“, sagt Kerr, der seit 1975 für die Tiere im Park zuständig ist. Ein anderer Pelikan sei oft durch die Schiebetür eines nahen Restaurants gewatschelt, um Futter von den Tischen zu stibitzen, erzählt er.
Jeden Nachmittag um halb drei kommt Kerr im blauen Arbeitskittel zu den Felsen und füttert die drei Pelikane. Zehn bis zwölf Fische pro Tag und Vogel, Makrelen und Sardinen aus englischen Küstengewässern. Jeder Fisch ist präpariert mit einer Vitamintablette. „Die Vögel werden bis zu 55 Jahre alt“, sagt Kerr. Vor kurzem sei einer der Pelikane aber im Alter von 20 Jahren gestorben. Das Tier hatte Herzprobleme.
Ein anderer Vogel, nämlich Gargi, sei im Winter 1996 in einem Londoner Vorgarten gefunden worden. „Keiner weiß, woher er kam. Wahrscheinlich ist er aus Frankreich und über den Kanal geflogen.“In St. James’s Park hat Gargi ein neues Zuhause bekommen. Die kalten englischen Winter machen den exotischen Tieren nichts aus. „Wenn wir Menschen frieren, bekommen wir eine Gänsehaut. Wenn die Pelikane frieren, pumpen sie mehr Blut in die Ansätze der Federn, um ihre Oberfläche zu wärmen. Die Haut wird rot. Das schimmert dann rosa bis pink durch die weißen Federn durch“, erklärt Kerr.
An diesem Dezember-Nachmittag sind die Pelikane satt. Der Fisch-Eimer ist leer, das exotische Vogel-Trio macht sich mitten in Londons königlichem Park auf in Richtung Wasser. Maria Stöhr, dpa