150 Mutationen pro Zelle
Forscher untersuchen Folgen des Rauchens
München Eine Studie im Fachjournal Science hat in bisher nicht gekanntem Ausmaß Mutationen im Erbgut von Rauchern und Nichtrauchern verglichen. Die Autoren untersuchten 17 verschiedene Tumorarten, die mit Tabakrauch in Zusammenhang stehen. Dabei kamen sie unter anderem zu dem Schluss, dass der Konsum von täglich einer Schachtel Zigaretten jeder Lungenzelle pro Jahr circa 150 Mutationen zufügt.
In Deutschland erkranken jährlich rund 50000 Menschen an Lungenkrebs, fachsprachlich auch Lungenkarzinom oder Bronchialkarzinom genannt. Der häufigste Grund ist der Zigarettenkonsum, der mit insgesamt 17 verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht wird. Was genau der Rauch allerdings im Körper bewirkt, das wollten die Autoren der Studie herausfinden.
Dazu untersuchten sie über 5200 Proben von Tumorgewebe. Knapp 2500 Proben stammten von Rauchern, etwa 1000 von Personen, die niemals geraucht hatten. Die Wissenschaftler konnten verschiedene Mechanismen herausarbeiten, durch die der Tabakrauch Mutationen im Erbgut verursacht. So beobachteten sie beispielsweise, dass Regionen, die direkt mit dem Rauch in Kontakt kommen, bestimmte Mutationen aufwiesen, die typisch für das bekannte Karzinogen Benzo[a]pyren sind. Eine weitere genetische Veränderung fand sich bei allen Tumorarten und war bisher noch wenig erforscht.
Diese molekularen Fingerabdrücke auf der DNA trugen die Wissenschaftler zusammen und ermittelten, wie viele Mutationen der Rauch in den verschiedenen Tumorarten verursacht hatte. In Lungenzellen etwa führte der Konsum von täglich einer Schachtel Zigaretten zu etwa 150 Mutationen jährlich. Individuelle Schwankungen seien möglich. Jede dieser Mutationen schätzen die Forscher als möglichen Startpunkt für eine Krebserkrankung ein.
Zwar lägen die meisten Mutationen in Lungenkrebsgewebe vor, aber auch andere Körperregionen seien betroffen, so die Autoren. Im Kehlkopf liegen bei der gleichen Menge an Zigaretten im Schnitt 97, im Rachen noch 39 und im Mundbereich 23 Mutationen vor. Darüber hinaus fanden sie Tabakrauch assoziierte Mutationen in Blasen- (18) und Lebergewebe (6). Dies sei eine Erklärung dafür, weshalb Tabakrauch auch für andere Krebsarten verantwortlich zu sein scheint. Wie er das Krebsrisiko in Bereichen erhöhe, die nicht direkt mit ihm in Kontakt kommen, sei unklar. (AZ)