Diese altehrwürdige Bank lässt Italien zittern
Finanzwesen Das Institut Monte dei Paschi in Siena gibt es seit dem Jahr 1472. Durch faule Kredite sind zuletzt aber riesige Verluste entstanden. Jetzt laufen in Italien unter Hochdruck Rettungsversuche an
Siena Es sind entscheidende Tage für die italienische Krisenbank Monte dei Paschi aus Siena. Das 1472 gegründete Geldhaus braucht fünf Milliarden Euro frisches Kapital, andernfalls droht die Verstaatlichung. Ende der Woche läuft die Frist für den Rettungsplan ab. Die Zukunft der drittgrößten Bank Italiens gilt als wesentlich für den gesamten italienischen Bankensektor. Die wichtigsten Punkte der dramatischen Entwicklung im Überblick:
Warum braucht Monte dei Paschi (MPS) neues Kapital?
Beim europäischen Banken-Stresstest im Juli schnitt MPS am schlechtesten ab. Das Problem der Bank sind vor allem faule Kredite, die von den Gläubigern nicht mehr zurückgezahlt werden können. Solche Kredite in Höhe von 28 Milliarden Euro hat MPS abgestoßen. Dabei fallen Verluste an. Die Europäische Bankenaufsicht forderte deshalb, neues Kapital in Höhe von fünf Milliarden Euro bereitzustellen.
Warum drängt die Zeit?
Die Bankenaufsicht hat der Bank eine Frist bis zum 31. Dezember 2016 gesetzt. Bislang gelang die Kapitalerhöhung nicht. Um vor Ablauf der Frist noch Spielraum für ein staatliches Eingreifen zu haben, soll sich bis Donnerstag, 22. Dezember, entscheiden, ob der Rettungsplan mithilfe privater Anleger gelingt.
Wie soll die Kapitalerhöhung gelingen?
Einerseits soll die Kapitalerhöhung über die Ausgabe von Aktien finanziert werden. Institutionelle Investoren haben dafür Zeit bis Donnerstagnachmittag, 14 Uhr. Privatanle- können MPS-Aktien bis Mittwoch 14 Uhr erwerben. Die zweite Schiene zur Kapitalbeschaffung ist das Angebot an Kleinanleger, nachrangige Anleihen in Aktien umzutauschen.
Was passiert, wenn nicht genügend Geld zusammenkommt?
Italiens Regierung hat signalisiert, im Notfall einzugreifen. Wirtschaftsund Finanzminister Pier Carlo Padoan ist seit Wochen mit den Spitzen der Bank in Kontakt. Ein Notfall-Dekret liegt offenbar bereit.
Was ist das Problem eines staatlichen Eingreifens?
Seit Anfang 2016 gelten in der EU neue Regeln zur Abwicklung von Banken. Danach müssen zunächst die Gläubiger einer Bank im Fall der Abwicklung für die Kosten aufkommen, bevor der Staat, also die Steu- erzahler, eingreift. Dies wird „Bailin“genannt.
Warum hat sich die Krise der Bank so zugespitzt?
Wegen Missmanagements und jahrelanger Rezession ist der Bankensektor in Italien seit längerem in Not. Die Notwendigkeit, fünf Milliarden Euro frisches Kapital beschaffen zu müssen, ist MPS seit Sommer bekannt. Ein Bankenkonsortium unter Leitung von JP Morgan und Mediobanca sollte Investoren finden. Interessiert war etwa ein Investmentfonds des Golfstaates Katar, der bis zu einer Milliarde Euro beisteuern wollte. Das Geschäft kam aber nicht zustande.
Warum gelang es nicht, Investoren für die Bank zu finden?
Am 4. Dezember waren die Italiener aufgerufen, über eine Verfassungsger änderung abzustimmen. Der damalige Ministerpräsident Matteo Renzi hatte für den Fall der Ablehnung der Reform den Rücktritt angekündigt. Angesichts unsicherer politischer Verhältnisse zögerten Investoren vor dem Referendum mit der Zusage einer Finanzierung. Dann stimmten die Italiener bekanntlich gegen die Reform, Renzi trat zurück. Das politische Chaos in Rom schreckte die Groß-Investoren zusätzlich ab.
Was droht nun?
Wenn MPS nicht genügend Geld beschafft, muss sich die Bank an die Regierung wenden. Nach den EURegeln zur Abwicklung von Banken müssten dann wohl 40000 Kleinanleger ihre nachrangigen MPS-Anleihen zwangsweise in Aktien umwandeln lassen und würden dabei einen Großteil ihres Vermögens verlieren. Dieses Szenario will die italienische Regierung mit Blick auf die politischen Folgen aber vermeiden.
Gibt es Alternativen?
Fraglich ist, wie eine Entschädigung der Kleinanleger aussehen könnte. Darüber verhandeln Rom und Brüssel. Die Lösung könnte in einer „vorsorglichen Rekapitalisierung“liegen. Dabei kauft das Wirtschaftsund Finanzministerium die nicht gezeichneten Aktien und würde seinen Anteil an MPS von vier Prozent auf bis zu 40 Prozent erhöhen.
Widerspricht das nicht den Regeln zur Bankenabwicklung der EU?
Eigentlich schon. Bei Gefahr für das Finanzsystem insgesamt ist die „vorsorgliche Rekapitalisierung“aber erlaubt. Die MPS gilt als „systemrelevant“. Eine Abwicklung könnte also Folgen für andere italienische Krisenbanken haben, die in ihren Bilanzen bis zu 360 Milliarden faule Kredite verzeichnet haben.