Übernimmt die Lufthansa AirBerlin?
Flugverkehr Der Dax-Konzern schickt einen seiner besten Manager an die Spitze der Berliner Airline und mietet Flugzeuge des seit Jahren kriselnden Unternehmens. Steht eine komplette Übernahme bevor?
Frankfurt am Main Der Poker um die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft ist so richtig eröffnet worden. Derzeit scheint die Lufthansa die besten Karten in der Hand zu halten, um den kriselnden Konkurrenten komplett zu übernehmen. Entsprechende Gespräche der Frankfurter mit dem Air-Berlin-Großaktionär Etihad sollen bereits laufen. Auch die Politik unterstützt nach Informationen des Handelsblatts eine deutsche Lösung. An einer Schlüsselstelle sitzt jetzt der frühere Germanwings-Chef Thomas Winkelmann, der am Sonntag aus dem Lufthansa-Konzern an die Spitze der Air Berlin berufen worden ist.
Die angeschlagene Airline vermietet ab dem kommenden Jahr 38 ihrer Jets an die Lufthansa-Töchter Eurowings und Austrian und hat zudem 33 Flugzeuge an einen neuen Ferienflieger in Österreich ausgegliedert. Damit stellt sich für alle Beteiligten die bange Frage, ob der verbleibende Air-Berlin-Rumpf mit 75 Maschinen an den Drehkreuzen Düsseldorf und Berlin allein überlebensfähig sein kann. Das Zutrauen ist angesichts der angespannten finanziellen Lage nicht sehr groß.
Winkelmann soll dafür sorgen, dass Eurowings und Austrian bei dem Leihgeschäft mit 38 Jets keine bösen Überraschungen erlebten. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat zudem deutliches Interesse an den 14 Langstrecken-Jets vom Typ A330 der Air Berlin erkennen lassen, mit deren Hilfe operative Probleme beim noch dünnen Fernangebot der Billigtochter Eurowings gelöst werden könnten.
Bei einer weitergehenden Integration der Rest-Air-Berlin in den Lufthansa-Konzern sind aber noch viele weitere Fragen ungeklärt. Da sind der Schuldenberg der Berliner Gesellschaft von rund einer Milliarde Euro und die kartellrechtlichen Probleme auf zahlreichen Strecken, die bislang noch von Lufthansa und Air Berlin in Konkurrenz angeboten werden. Laut Handelsblatt haben besonders Landespolitiker aus Bayern und Nordrhein-Westfalen hohes Interesse daran gezeigt, das bisherige Angebot an ihren Flughäfen aufrechtzuerhalten.
Kartellrechtlich gelegen könnte das stark ausgeweitete Angebot der aggressiven Billigflieger Ryanair und Easyjet kommen, die ihrerseits keine kriselnden Gesellschaften übernehmen wollen. Ryanair-Chef Michael O’Leary hatte als einer der Ersten prophezeit, dass die Air-Berlin-Reste letztlich bei der Lufthansa landen würden.
Antworten sind derzeit vor allem aus Abu Dhabi gefragt, wo sich der Air-BerlinGroßaktionär Etihad entscheiden muss, was er mit seiner defizitären Deutschlandbeteiligung anfängt. Das erste Abkommen mit der Lufthansa über gemeinsam vermarktete Flüge weist den Weg zu einer engeren Zusammenarbeit oder sogar kapitalmäßigen Verflechtung mit der Lufthansa. Die könne ihrerseits einen arabischen Partner aus strategischen Gründen gut gebrauchen, glaubt Luftverkehrsberater Gerald Wissel.
Christian Ebner, dpa