Doppelmord: Große Suchaktion bleibt erfolglos
Verbrechen Auf der Suche nach den vermissten Frauen durchkämmen knapp 100 Polizisten am Montag das Gebiet rund um den Gersthofer Ortsteil Hirblingen. Der tatverdächtige 31-Jährige schweigt weiter zu den Vorwürfen
Gersthofen Hirblingen Befremdliche Szenen spielten sich gestern im Gersthofer Ortsteil Hirblingen (Kreis Augsburg) ab: Ganz in Schwarz gekleidete Suchtrupps der Bereitschaftspolizei durchkämmten Felder und Wiesen rund um den kleinen Ort. Vom gemeinsamen Treffpunkt, dem Parkplatz am Feuerwehrhaus, starteten immer wieder Transporter. Knapp 100 Beamte sowie Spürhunde und ein Polizeihubschrauber suchten fieberhaft nach Beate Neuber und ihrer Lebensgefährtin Elke Wieland. Die Frauen aus dem nur 1000-Einwohner-Ort gelten seit über einer Woche als vermisst – dass sie lebendig wieder gefunden werden, glaubt die Polizei nicht mehr. Was die Suche erschwert: Ein 31-Jähriger, dem der Mord an ihnen vorgeworfen wird, schweigt zu den Vorwürfen. Bis gestern Abend konnte die Polizei die beiden Frauen nicht finden.
Auch der Anwalt des Mannes, Walter Rubach, wollte bislang keinerlei Erklärung abgeben. Der Tatverdächtige, der ebenfalls in Hirblingen wohnt, war in der Nacht auf Freitag nach Ermittlungen der Polizei festgenommen worden und sitzt in Untersuchungshaft. Aus Sicht der Ermittler häufen sich seitdem die Indizien dafür, dass der Mann die beiden Frauen ermordet hat. Welche Anhaltspunkte es dafür gibt, dass die Frauen tot sind oder in welcher Beziehung sie zu ihrem mutmaßlichen Mörder standen, ist weiterhin unklar. Der Augsburger Oberstaatsanwalt Matthias Nickolai bestätigte gestern lediglich: „Wir haben den dringenden Verdacht, dass die beiden Frauen tot sind.“Zu weiteren Details wolle man aus ermittlungstaktischen Gründen noch keine Auskünfte geben. Erst wenn die Frauen tatsächlich gefunden worden sind, könne man weitere Informationen an die Öffentlichkeit weitergeben.
Wohin der 31-Jährige die Frauen gebracht haben könnte – offenbar hat auch die Polizei keinerlei Anhaltspunkte. Wie deren Sprecher Manfred Gottschalk sagte, werde der Raum rund um Hirblingen nicht deswegen untersucht, weil es einen konkreten Hinweis gegeben hat: „Wir gehen mit der Fahndung einem Verdacht nach.“Die Polizei wird auch heute nach den beiden Frauen suchen – „mit der ganzen Palette an Einsatzkräften“, wie Gottschalk sagte. Das bedeutet: Nachdem gestern vor allem zu Land gesucht wurde, sollen heute auch die Gewässer rund um Hirblingen kontrolliert werden, vor allem die Schmutter mit ihren Nebenarmen. Auch in Zivil gekleidete Beamte der Kriminalpolizei fahnden in Hirblingen und Umgebung weiterhin nach Hinweisen. Eine 35-köpfige Sonderkommission ist seit einigen Tagen mit der Aufklärung des Falles beschäftigt.
Rätsel gibt den Ermittlern unter anderem der Wagen der Frauen auf: Der braune Peugeot-SUV mit dem Kennzeichen A-BN 2507 war zuerst ebenfalls als verschwunden gemeldet, wurde dann aber am Freitag in der Nähe des Wohnhauses der beiden gefunden. Vieles spricht dafür, dass der Wagen in der Zwischenzeit gefahren worden ist – die Frage ist jedoch, wer am Steuer des Autos gesessen haben könnte. Die Untersuchung und Auswertung der darin gefundenen Spuren dauert noch an.
In dem kleinen Ort ist die Bestürzung groß. Eine Frau, die mit ihrem kleinen Sohn und den Hunden spazieren ging, sagte mit Blick auf die Suchtrupps der Polizei: „Es ist richtig gruselig, wenn man sich vorstellt, dass so etwas bei uns passiert.“Die beiden Frauen kannte sie „nur vom Sehen“– wie wohl die meisten Hirblinger. Die 50-jährige Beate Neuber und die 49-jährige Elke Wieland zogen erst vor kurzem als Paar in das Haus in der Hauptstraße ein und lebten zurückgezogen. In die Öffentlichkeit traten sie selten: Beate Neuber etwa war Mitglied in einem Musikverein. In dem Ort sah man die beiden nur auf Bürgerversammlungen.
Zuletzt lebend wurden die beiden am Freitag, 9. Dezember, gesehen – danach verliert sich ihre Spur. Als sie am Montag darauf nicht an ihren Arbeitsstellen erschienen, meldeten sie ihre Bekannten als vermisst. Die Polizei war am Donnerstag mit einem Vermisstenaufruf an die Öffentlichkeit gegangen – nur einen Tag später hatte sich offenbar der Verdacht erhärtet, dass die beiden Frauen Opfer eines Gewaltverbrechens geworden sind.
Reinhold Dempf, der dritte Bürgermeister von Gersthofen, sagt dazu: „Diese Geschichte ist eine Katastrophe für unsere Kommune.“Vor allem der Umstand, dass der mutmaßliche Täter ebenfalls aus Hirblingen kommt, sei Gift für das Sicherheitsempfinden des Ortes: „Das Zusammenleben in so einem Dorf lebt auch davon, dass man einander vertraut.“Eben dieses Vertrauen habe nun stark gelitten.