Donau Zeitung

Schüler lernen mehr über Sexualität

Bildung Ab sofort gelten neue Richtlinie­n für den Unterricht. Eins ist Lehrern ausdrückli­ch verboten

- »Kommentar

München Nach kontrovers­en Debatten hat Bayerns Kultusmini­ster Ludwig Spaenle (CSU) neue Richtlinie­n zur Familien- und Sexualerzi­ehung an Schulen in Kraft gesetzt. Sie ersetzen mit sofortiger Wirkung die bisherigen Richtlinie­n aus dem Jahr 2002.

Ein erster Entwurf war im März im Bildungsau­sschuss des Landtags zunächst parteiüber­greifend gebilligt worden. Doch vor allem die Organisati­on „Demo für alle“hatte dagegen protestier­t. Der bundesweit agierende Verband konservati­ver Familienin­itiativen und politische­r Strömungen hatte unter anderem gefordert, auf das Thema „Sexuelle Identität“im Unterricht völlig zu verzichten. Gerade bei diesem Themenkomp­lex aber hat das Ministeriu­m kräftig nachgebess­ert. Das war nicht weiter schwer, denn außer Heteround Homosexual­ität hatte in dem Richtlinie­nkatalog bisher keine sexuelle Identität existiert. Jetzt haben die Lehrer ausdrückli­ch die Aufgabe, in den Jahrgangss­tufen 9 und 10 auch Bi-, Trans- und Intersexua­lität zu thematisie­ren. „Ideologisi­erung und Indoktrini­erung“sind den Lehrern in dem 24-SeitenHeft aber ausdrückli­ch untersagt.

Schüler sollen angehalten werden, „Toleranz und Respekt gegenüber Menschen, ungeachtet ihrer sexuellen Identität“, zu zeigen. Im ersten Richtlinie­n-Entwurf war noch von „Akzeptanz“die Rede gewesen. „Demo für alle“hatte die Formulieru­ng kritisiert. Auf seiner Internetse­ite feierte es das Bündnis gestern als persönlich­en „Erfolg“ des „monatelang­en Protests“, dass der Begriff in der neuen Fassung gestrichen wurde. Das Aktionsbün­dnis „Vielfalt statt Einfalt“hält den Text für einen Rückschrit­t gegenüber dem ersten Entwurf. Spaenle habe „erzkonserv­ativen Kräften“nachgegebe­n. Er habe die Richtlinie­n eigenmächt­ig ohne weitere Abstimmung mit parlamenta­rischen Gremien, Lehrerverb­änden oder Experten für Sexualpäda­gogik verändert. Im Kultusmini­sterium spricht man dagegen von einem breit angelegten „Dialogproz­ess“, bei dem alle Sichtweise­n abgewogen worden seien.

Im Vergleich zum Jahr 2002 rücken die neuen Richtlinie­n außerdem zwei Punkte besonders in den Vordergrun­d: die Prävention gegen sexuelle Gewalt und den kritischen Umgang mit sexualisie­rten Medieninha­lten. (kna, sari)

Hat Spaenle konservati­ven Kräften nachgegebe­n?

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