Seehofer ist „ziemlich erschüttert“
Klinikums Affäre Der CSU-Parteichef sieht im Ingolstädter Krisenmanagement „Nachholbedarf“
Ingolstadt Auf Teneriffa müsste man sein. Sich mit einer Prise Westsahara gewürzte Atlantikwinde um die Nase pfeifen lassen, schöne 20 Grad, vielleicht mal ein Wölkchen. Wenig jedenfalls, was die Stimmung wirklich trüben könnte.
Ingolstadt liegt nicht auf Teneriffa, sondern im nasskalten Oberbayern. Schön warm ist hier nix. Zunehmend heiß allerdings die Affäre rund ums städtische Klinikum. Sehr zum Missfallen des bekannten Ingolstädters Horst Seehofer (CSU). Der Ministerpräsident hat am Wochenende dem Krisenmanagement seines heimischen CSU-Kreisverbandes „Nachholbedarf“attestiert. Was er dem Donaukurier sagte, wirkte nicht ganz so wie ein warmer Wohlfühlwind. Er sei „ziemlich erschüttert“von dem, was er über die Ingolstädter Affären lesen müsse. Und er bot erneut seine Hilfe an, „nicht, um die Dinge zuzuschütten, sondern um sie transparent, sauber und sachgerecht aufzuarbeiten“.
Das Angebot Seehofers steht schon länger und inzwischen ist die Sturmwarnung angekommen. Der CSU-Kreisvorsitzende Hans Süßbauer sagte gestern: „Horst Seehofers Rat ist uns immer herzlichst willkommen.“Es gebe nicht den „Ansatz eines Dissenses“. Ohnehin habe es in den vergangenen Wochen „mehrfach“Kontakt gegeben.
Wie berichtet, hatte die Ingolstädter Stadtratsopposition vergangene Woche einen umfangreichen Fragenkatalog für die von der CSU regierte Stadt zu den mutmaßlichen Mauscheleien am Klinikum veröffentlicht. Diesen Mittwoch will man nachlegen. Süßbauer ist der Ansicht, dass all diese Fragen nicht auf einer Pressekonferenz präsentiert, sondern in den Stadtrat gehören. Und Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) hat gestern passgenau angekündigt, im Januar zu einer außerplanmäßigen Stadtratssitzung laden zu wollen. Süßbauer sagte zudem: „Wir wollen nicht durch leichtfertige Aussagen die Arbeit der Staatsanwaltschaft erschweren.“
Joachim Genosko, der langjährige, frühere CSU-Fraktionsvorsitzende, immer noch politisches Schwergewicht im Stadtrat, sieht das anders. Er will gleich Öffentlichkeit, hat aber auf eine Art gut reden. Denn er ist gerade im Urlaub auf Teneriffa. Er sagt: „Ich habe den Eindruck, dass alle möglichen Gerüchte herumgeistern. Man muss klar machen, was Fakten und was Spekulation ist.“Außerdem: „Der Ministerpräsident ist als krisenerfahrener Manager hoch hilfreich.“
Wie Seehofers Sprecher Jürgen Fischer gestern auf Anfrage bestätigte, wird es am Jahresanfang ein Gespräch mit der Ingolstädter CSU und dem Chef aus München geben.
Danach wird sich zeigen, wie weit Ingolstadt und Teneriffa stimmungsmäßig voneinander weg sind.