Lkw rast in Weihnachtsmarkt: neun Tote
Terror Ein polnischer Lastwagen fährt an der Berliner Gedächtniskirche in eine Menschenmenge. Die Polizei spricht von einem möglichen Anschlag. Mindestens 50 Besucher werden verletzt. Ein Verdächtiger wird festgenommen
Berlin An der Berliner Gedächtniskirche ist gestern Abend ein dunkler Lastwagen mit polnischem Kennzeichen mit hoher Geschwindigkeit in den Weihnachtsmarkt gerast. Dabei sind neun Menschen getötet worden, Dutzende wurde nach Angaben der Feuerwehr zum Teil schwer verletzt. Die Polizei geht von einem Anschlag aus.
Der schwarze Sattelschlepper mit polnischem Kennzeichen ist über den Gehweg am Breitscheidplatz – unweit des Kurfürstendamms in Berlin-Charlottenburg – gefahren und hatte dabei mehrere Bretterbuden zerstört. Der Lastwagen fuhr nach Polizeiangaben auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern über den Markt zwischen den Ständen durch und verletzte dabei zahlreiche Menschen. Ein Polizeisprecher berichtete von einem „verheerenden Bild vor Ort“. Umstehende erzählten, dass der Lkw dutzende Menschen überfahren habe.
Der Lastwagen mit der dunklen Plane kam schließlich auf der Budapester Straße vor dem Hochhaus des Waldorf-Astoria-Hotels zu stehen. Der Fahrer flüchtete. Der Sattelschlepper mit der Aufschrift einer polnischen Spedition ist vorne stark demoliert, die Frontscheibe ist zersplittert, die Fahrerkabine leer.
Der Lastwagenfahrer war zunächst auf der Flucht, Einsatzfahrzeuge rasten in Richtung BerlinMitte. Später meldete die Polizei, dass der Fahrer festgenommen worden ist und ein weiterer Verdächtiger tot sei. Dieser saß als Beifahrer in dem Führerhaus des Wagens. Am Abend gab es verschiedene Gerüchte um den Lastwagen. Der Besitzer der polnischen Spedition, zu der der Lastwagen gehört, soll sein Fahrzeug erkannt haben. Er soll berichtet haben, dass er seit Mittag keinen Kontakt mehr zu seinem Fahrer bekommen hatte. Ist der polnische Fahrer auch der Attentäter? Oder ist der Lkw gekapert worden? All diese Fragen konnten am Abend nicht geklärt werden.
Dutzende Rettungswagen und viele Polizeiwagen waren vor Ort. Das Gelände um den Breitscheidplatz wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachtsmarkt gelassen. Facebook aktivierte den sogenannten Safety Check, mit dem sich Nutzer vor Freunden, Familien und Bekannten als sicher markieren können.
Die Polizei forderte die Berliner dazu auf, nicht auf die Straße zu gehen. „Bleiben Sie zu Hause und verbreiten Sie keine Gerüchte, schrieb die Polizei auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter. Sie bat die Besucher des Weihnachtsmarktes, keine Videos vom Geschehen zu teilen: „Bitte verbreiten Sie keine Videos vom Ereignisort im Netz. So schützen Sie die Privatsphäre der Opfer und ihrer Angehörigen.“
Regierender Bürgermeister Mi- chael Müller (SPD) sagte gegen 21.30 Uhr, die Lage in der Hauptstadt sei unter Kontrolle. Er reagierte geschockt auf die Attacke. „Was wir hier sehen, ist dramatisch“, sagte Müller. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote oder Verletzte zu beklagen hätten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war in Kontakt mit Bürgermeister Müller. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte über Twitter mit: „Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann.“
Bundespräsident Joachim Gauck äußerte sich tief betroffen über das „schreckliche Geschehen“auf einem Berliner Weihnachtsmarkt. „Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt.“
Die Sicherheitsbehörden hatten am späten Montagabend noch keine Klarheit über die Hintergründe des Anschlags. Fest stehe noch nichts, aber vieles spreche für eine islamistische Attacke, hieß es. Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt, Generalbundesanwalt Peter Frank übernehme den Fall.
Die schrecklichen Bilder aus Berlin erinnern an den Anschlag im Juli in Nizza, bei dem 86 Menschen ums Leben gekommen waren, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromenade der Mittelmeermetropole fuhr. Für diesen Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung übernommen.
Der Fahrer ist gefasst, sein Beifahrer ist tot