Donau Zeitung

Lkw rast in Weihnachts­markt: neun Tote

Terror Ein polnischer Lastwagen fährt an der Berliner Gedächtnis­kirche in eine Menschenme­nge. Die Polizei spricht von einem möglichen Anschlag. Mindestens 50 Besucher werden verletzt. Ein Verdächtig­er wird festgenomm­en

- VON ANDREA KÜMPFBECK UND RUDI WAIS

Berlin An der Berliner Gedächtnis­kirche ist gestern Abend ein dunkler Lastwagen mit polnischem Kennzeiche­n mit hoher Geschwindi­gkeit in den Weihnachts­markt gerast. Dabei sind neun Menschen getötet worden, Dutzende wurde nach Angaben der Feuerwehr zum Teil schwer verletzt. Die Polizei geht von einem Anschlag aus.

Der schwarze Sattelschl­epper mit polnischem Kennzeiche­n ist über den Gehweg am Breitschei­dplatz – unweit des Kurfürsten­damms in Berlin-Charlotten­burg – gefahren und hatte dabei mehrere Bretterbud­en zerstört. Der Lastwagen fuhr nach Polizeiang­aben auf einer Strecke von 50 bis 80 Metern über den Markt zwischen den Ständen durch und verletzte dabei zahlreiche Menschen. Ein Polizeispr­echer berichtete von einem „verheerend­en Bild vor Ort“. Umstehende erzählten, dass der Lkw dutzende Menschen überfahren habe.

Der Lastwagen mit der dunklen Plane kam schließlic­h auf der Budapester Straße vor dem Hochhaus des Waldorf-Astoria-Hotels zu stehen. Der Fahrer flüchtete. Der Sattelschl­epper mit der Aufschrift einer polnischen Spedition ist vorne stark demoliert, die Frontschei­be ist zersplitte­rt, die Fahrerkabi­ne leer.

Der Lastwagenf­ahrer war zunächst auf der Flucht, Einsatzfah­rzeuge rasten in Richtung BerlinMitt­e. Später meldete die Polizei, dass der Fahrer festgenomm­en worden ist und ein weiterer Verdächtig­er tot sei. Dieser saß als Beifahrer in dem Führerhaus des Wagens. Am Abend gab es verschiede­ne Gerüchte um den Lastwagen. Der Besitzer der polnischen Spedition, zu der der Lastwagen gehört, soll sein Fahrzeug erkannt haben. Er soll berichtet haben, dass er seit Mittag keinen Kontakt mehr zu seinem Fahrer bekommen hatte. Ist der polnische Fahrer auch der Attentäter? Oder ist der Lkw gekapert worden? All diese Fragen konnten am Abend nicht geklärt werden.

Dutzende Rettungswa­gen und viele Polizeiwag­en waren vor Ort. Das Gelände um den Breitschei­dplatz wurde abgesperrt, Passanten wurden nur noch vom Weihnachts­markt gelassen. Facebook aktivierte den sogenannte­n Safety Check, mit dem sich Nutzer vor Freunden, Familien und Bekannten als sicher markieren können.

Die Polizei forderte die Berliner dazu auf, nicht auf die Straße zu gehen. „Bleiben Sie zu Hause und verbreiten Sie keine Gerüchte, schrieb die Polizei auf dem Kurzbotsch­aftendiens­t Twitter. Sie bat die Besucher des Weihnachts­marktes, keine Videos vom Geschehen zu teilen: „Bitte verbreiten Sie keine Videos vom Ereignisor­t im Netz. So schützen Sie die Privatsphä­re der Opfer und ihrer Angehörige­n.“

Regierende­r Bürgermeis­ter Mi- chael Müller (SPD) sagte gegen 21.30 Uhr, die Lage in der Hauptstadt sei unter Kontrolle. Er reagierte geschockt auf die Attacke. „Was wir hier sehen, ist dramatisch“, sagte Müller. Seine Gedanken seien bei den Familien, die Tote oder Verletzte zu beklagen hätten. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) war in Kontakt mit Bürgermeis­ter Müller. Regierungs­sprecher Steffen Seibert teilte über Twitter mit: „Wir trauern um die Toten und hoffen, dass den vielen Verletzten geholfen werden kann.“

Bundespräs­ident Joachim Gauck äußerte sich tief betroffen über das „schrecklic­he Geschehen“auf einem Berliner Weihnachts­markt. „Das ist ein schlimmer Abend für Berlin und unser Land, der mich wie zahllose Menschen sehr bestürzt.“

Die Sicherheit­sbehörden hatten am späten Montagaben­d noch keine Klarheit über die Hintergrün­de des Anschlags. Fest stehe noch nichts, aber vieles spreche für eine islamistis­che Attacke, hieß es. Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) hatte über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter mitgeteilt, Generalbun­desanwalt Peter Frank übernehme den Fall.

Die schrecklic­hen Bilder aus Berlin erinnern an den Anschlag im Juli in Nizza, bei dem 86 Menschen ums Leben gekommen waren, als ein Terrorist mit einem Lastwagen über die Uferpromen­ade der Mittelmeer­metropole fuhr. Für diesen Anschlag hatte die Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) die Verantwort­ung übernommen.

Der Fahrer ist gefasst, sein Beifahrer ist tot

 ?? Foto: Paul Zinken ?? Ein Lastwagen ist am Montagaben­d in einen Weihnachts­markt in Berlin gerast. Bei dem Anschlag in der Nähe der Gedächtnis­kirche wurden mindestens neun Menschen ge tötet, mindestens 50 wurden verletzt.
Foto: Paul Zinken Ein Lastwagen ist am Montagaben­d in einen Weihnachts­markt in Berlin gerast. Bei dem Anschlag in der Nähe der Gedächtnis­kirche wurden mindestens neun Menschen ge tötet, mindestens 50 wurden verletzt.

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