Tanzt, Püppchen, tanzt!
Laudonia Der Mensch hat Schattenseiten und Begierden – die Prunksitzung in Lauingen enthüllte all das
Lauingen Weit aufgerissene Münder, zum Schrei verzerrte Gesichter, Kettensägen und spritzendes Blut – die Prunksitzung der Laudonia am Sonntag erinnerte mehr an eine gelungene Nachstellung der Rocky Horror Picture Show als an ein klassisches Faschingsevent. Die Programme der Gastgesellschaften passten wunderbar zu dem, was die Laudonia vorbereitet hatte.
In gewisser Weise zog sich das Zusammenspiel zwischen heller Freude und düsterer Action durch den ganzen Abend. Die kleine Laudonia eröffnete die Prunksitzung in einem bunt glitzernden Abenteuerland voller mystischer Fabelwesen.
Von dort aus ging es weiter in die skurrile Welt eines Kinderzimmers, das die Gastgesellschaft aus Grüntegernbach im Landkreis Erding mitgebracht hatte. Die Tänzer von „Members of Dance“rissen eine Frau raus ihrem Business-Kostüm, weg vom Stress des Alltags zurück in die Kindheit. Sie tanzten wie die Püppchen kleiner Spieluhren. Die Bewegungsabläufe waren teilweise ruckartig – und bildeten damit den tatsächlichen mechanischen Ablauf einer Spieluhr wunderbar ab. Durchdacht, professionell und abwechslungsreich war das, was die Tänzer des 500-Einwohner-Ortes in der Stadthalle zeigten. Sie schoben sich als Schachfiguren über die Bühne oder klappten plötzlich wie Memory-Kärtchen auf. Der größte Hingucker war eine Tänzerin, die auf einmal langsam nach oben aufstieg. Mit sich zog sie ein riesiges zeltartiges Spielbrett nach oben: Rot, blau, grün, gelb – die „Mensch-ärgere-dich-nicht“-Partie war eröffnet.
Wenn schon die Spieluhr-Püppchen durch den ruckartig-modernen Tanzstil manchmal einen leicht schaurigen Eindruck hinterlassen hatten, dann setzte die Showtanzgruppe der Buchnesia aus Nürnberg noch einmal einen drauf. Die Tänzerinnen erschienen als horrormäßig geschminkte Marionetten auf der Bühne und ließen sich von Frankenstein-ähnlichen Tänzern über die Bühne führen. Hin und wieder entwich ihren verzerrten Gesichtern ein lauter Schrei. Mit dem Motto „Wer ist hier Monster, wer ist hier Freak?“gaben sie ihrer gekonnten Darstellung einen nachdenklichen Touch.
Aus Nürnberg angereist waren auch die Garden der Buchnesia. Bei der gemischten Garde bewiesen auch die Männer, dass ein Spagat im Sprung kein Problem für sie ist. Nicht umsonst ist die Gruppe amtierender Deutscher Meister im Gardetanz. Auch die Prinzengarden der großen und kleinen Laudonia traten bei der Prunksitzung nochmals auf und erinnerten zusammen mit Tanzmariechen Alia Calin die Besucher zwischen Monster-Auftritten und Gruselpüppchen noch einmal daran, dass sie bei der Prunksitzung der Laudonia sind. Die Showtanzgruppe der Laudonia widmete sich wieder den düsteren Seiten des Menschen. Die Tänzer zeigten die Geschichte eines jungen Mannes, der seine Liebe aufs Spiel setzt, weil er sich kurzzeitig von einer anderen Frau hat hinreißen lassen. Mit schwummrigem Licht und langsamen Hüftkreisen brachten die Tänzerinnen erotische Spannungen auf die Bühne.
Spannend wurde es, als Maxim Krieger auf mehreren aufeinanderliegenden Rollen balancierte. Die Artisten der Gruppe Kanakov aus Moskau bewiesen ebenfalls viel Geschick. Sie schwangen sich vom Barrett aus hoch in die Luft, um dann wieder sicher auf dem dünnen Brett zu landen.
Zwischen spannenden und gruseligen Einlagen sorgte der Komiker
„Wiggerl“alias Martin Wichary dafür, dass die Besucher auch etwas zu Lachen hatten. Er erzählte von Touristen, die das Wasser im Weißwursttopf brav auslöffeln und dabei ein Rhabarberschorle trinken. Weil er gehört hatte, dass Frauen mit roten Schuhen auf der Suche nach einem Mann seien, holte er sich Besucherin Martina auf die Bühne. Sie bewies Mut, tanzte mit ihren roten Stöckelschuhen ein wenig mit und sang sogar mit Wichary zusammen ein Lied.
Der Höhepunkt des Abends führte noch einmal zurück zur Rocky Horror Picture Show – beziehungsweise zur „Muppet Show auf Ecstasy“, wie es Moderatorin Lisa Kreuzer ausdrückte. Gerd Waree, der zuvor als Doc Shredder riesige Papierleitern in die Höhe steigen ließ, schlüpfte nun in ein Puppenkostüm. Plötzlich stand ein fast drei Meter großer grusliger Typ auf der Bühne. Er rannte ins Publikum, brachte Mädchen zum Kreischen und flitzte zurück auf die Bühne. Dort tanzte ein kleines Ehepaar – Bruder Dustin Waree brachte mit seinen Armen das Frauchen zum Tanzen, mit den Beinen bewegte er den Mann. Wie wild krabbelte er über die Bühne bis der Puppenriese dem Ehepaar mit einer Kettensäge zu nahe kam. Der Abend endete mit einem riesenhaften Blutspritzer in Form von rotem Konfetti. I Mehr Fotos von der donau zeitung.de/bilder