Die Frau, die Opel loswerden will
Porträt Seit drei Jahren lenkt Mary Barra den US-Konzern General Motors. Ihr wichtigstes Ziel ist Profit. Auch deshalb hat sie mit der deutschen Tochter die Geduld verloren
Ich gehe nicht in einen Raum und zähle“, hat Mary Barra einmal über die Frauenquote in Chefetagen gesagt. „Ich möchte für meinen Beitrag anerkannt werden und dafür, was ich tue.“Um Anerkennung muss sich diese Frau keine Sorgen mehr machen: 2014 übernahm sie den Chefposten bei General Motors, damals der zweitgrößte Autohersteller der Welt. Das Magazin Fortune führt Barra heute als mächtigste Managerin der Welt. Bei General Motors ist sie für 215 000 Mitarbeiter verantwortlich.
Die 55-Jährige hat sich nicht unbedingt mit Ellenbogen nach oben gearbeitet. Sie gilt als freundlich, besonnen und konsensorientiert. Und sie ist in der Lage, schnelle Entscheidungen zu treffen. „Opel ist eindeutig ein lebenswichtiger Teil unseres Unternehmens“, sagte die neue Konzernchefin, als sie 2014 bei ihrer ersten Auslandsreise das Stammwerk der defizitären deutschen Automarke in Rüsselsheim besuchte. Dann war aber schon Schluss mit Freundlichkeiten und sie stellte klar, dass sie bis 2016 Gewinne von Opel erwarte. Nun scheint die Zeit abgelaufen. Barra hat den Konzern-Bestand bei General Motors von 15 auf zehn Marken reduziert, den Umsatz gesteigert und Rekordprofite erzielt. Auch Opel ist entbehrlich geworden.
Wer also ist die Frau, die den deutschen Autobauer an die Franzosen verkaufen will? Mary Teresa Makela wurde an Heiligabend 1961 in Michigan als Tochter finnischstämmiger Eltern geboren. Ihr Vater, ein Werkzeugmacher, arbeitete fast 40 Jahre lang für die ehemalige GMMarke Pontiac. Barra hat GM in den Genen, sie studierte Elektrotechnik an einer Einrichtung des Autoriesen und begann schon 1980, selbst für den Konzern zu arbeiten. Aus der Ingenieurswurde eine Managementkarriere, in deren Verlauf Barra General Motors so gut kennenlernte wie kaum jemand sonst. Den Absturz der einst so stolzen Autoindustrie in Detroit hat sie miterlebt und nach der Finanzkrise 2008 in führenden Positionen an der Wiederbelebung der Branche gearbeitet. Ihr Mentor, der frühere Vorstandschef Dan Akerson, bezeichnete sie einmal als „eine der talentiertesten Führungskräfte, die ich je getroffen habe“. Das kam der Firma zugute: Gleich zu Beginn ihrer Amtszeit musste sie einen existenzbedrohenden Skandal managen. Der Konzern hatte jahrelang defekte Zündungen weiterproduziert, durch die mindestens 124 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Barra verhinderte durch umfassende Kooperation das Schlimmste für General Motors.
Die Managerin gilt als eher introvertiert, gemeinsam mit ihrem Mann und zwei Kindern lebt sie in einem Vorort von Detroit. Ihre Lieblingsautos sind zwei Sportwagen: der Chevrolet Camaro und der Pontiac Firebird. An letzterem dürfte schon ihr Vater herumgeschraubt haben. Jens Schmitz