In Schwaben heißt es nicht „Mann“, sondern „Må“
Gedenktag Heute ist der internationale Tag der Muttersprache. Der Wertinger Alfred Sigg kämpft um die sprachliche Vielfalt in der Region. Und da wird der Dachboden mitunter zur Bühne
Landkreis Gehsch du, hasch du, fahrsch du? Zwischen Wengen und Fristingen sagt man das so, weiß Alfred Sigg. Zum Welttag der Muttersprache, der am heutigen Dienstag begangen wird, will der Wertinger auch den Dialekt schützen. Die UNESCO hat den internationalen Tag der Muttersprache zur Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt ausgerufen. Der Hintergrund: Etwa die Hälfte aller Sprachen scheint, so heißt es, vom Aussterben bedroht. In Deutschland ist der Dialekt auf dem Rückzug.
Alfred Sigg war über 40 Jahre Museumsreferent der Stadt Wertingen und ist sehr interessiert, was die landläufige Mundart in der Region betrifft. Erst in diesen Tagen erläuterte der Wertinger Senioren in Dillingen, was hinter Redensarten steckt. Sigg hat Beispiele für die Vielfalt des Dialekts in der Region parat: Während man in Steinheim, Villenbach und Roggden Bürgermeister sagt, heißt es an der Brenz im nahen Württemberg und vereinzelt schon in Bächingen Schultes. „Das kommt vom altdeutschen Wort Schultheiß“, erklärt Sigg.
Und es gibt weitere Unterschiede zwischen Wengen und Bächingen. So heißt ein Dachboden dort auch Bühne, ein Schauspiel wird da aber nicht aufgeführt. Sigg kann das auch erklären: „Durch die geografische Nähe zu Baden-Württemberg spricht man dort anders.“Das liegt auch an den früheren Herrschaftsregionen. „Da hat man dann passend gesprochen, darum gab es damals schon Unterschiede“, so Sigg.
Seit einigen Jahren untersucht der frühere Museumsreferent und ehemalige Zweite Bürgermeister mit dem ehemaligen Wertinger Stadtratsmitglied Wolfram Stadler die verschiedenen Dialekte und Redewendungen der Region.
„Gstaddl hier, Guggn da“, sagt Sigg. Und meint mit diesen Begriffen auf Hochdeutsch eine Tüte. Die Guggn gibt es über der Donau, in Dillingen. Er kennt noch weitere Beispiele, weiß aber, dass die schriftlich nicht erklärbar sind. Im Schwäbischen bräuchte man laut Sigg zum Beispiel oft den Buchstaben Å, wie es ihn im Nordischen gibt. Man spricht ihn ein bisschen wie ein „O“, so wie im typisch schwäbischen „Må“– für Mann. Aber um so etwas kümmere sich keiner. Sigg zufolge müsste da ein schwäbisches Wörterbuch entwickelt werden. Vor allem während er in Augsburg gearbeitet hat, bemerkte er, dass sich der Dialekt auf dem Rückzug befindet. Er vermutet, dass viele den Dialekt nicht für so vornehm wie das Hochdeutsche halten. „Dabei sind die Dialekte älter, aus denen wurde ja erst die hochdeutsche Sprache entwickelt“, betont Sigg.
Und er nennt einen weiteren Grund, warum der Dialekt nicht mehr so verbreitet ist: „Es liegt an der Mobilität. Dadurch vermischen sich die Menschen, jeder passt sich an. Früher hat in München ein Hausmeister noch bayrisch gesprochen, jetzt nicht mehr.“Für Sigg eine Entwicklung, der man entgegenwirken soll.
„Dabei sind Dialekte älter, aus denen wurde erst die hochdeutsche Sprache entwickelt.“
Alfred Sigg