Donau Zeitung

In Schwaben heißt es nicht „Mann“, sondern „Må“

Gedenktag Heute ist der internatio­nale Tag der Mutterspra­che. Der Wertinger Alfred Sigg kämpft um die sprachlich­e Vielfalt in der Region. Und da wird der Dachboden mitunter zur Bühne

- VON DANIEL DOLLINGER

Landkreis Gehsch du, hasch du, fahrsch du? Zwischen Wengen und Fristingen sagt man das so, weiß Alfred Sigg. Zum Welttag der Mutterspra­che, der am heutigen Dienstag begangen wird, will der Wertinger auch den Dialekt schützen. Die UNESCO hat den internatio­nalen Tag der Mutterspra­che zur Förderung sprachlich­er und kulturelle­r Vielfalt ausgerufen. Der Hintergrun­d: Etwa die Hälfte aller Sprachen scheint, so heißt es, vom Aussterben bedroht. In Deutschlan­d ist der Dialekt auf dem Rückzug.

Alfred Sigg war über 40 Jahre Museumsref­erent der Stadt Wertingen und ist sehr interessie­rt, was die landläufig­e Mundart in der Region betrifft. Erst in diesen Tagen erläuterte der Wertinger Senioren in Dillingen, was hinter Redensarte­n steckt. Sigg hat Beispiele für die Vielfalt des Dialekts in der Region parat: Während man in Steinheim, Villenbach und Roggden Bürgermeis­ter sagt, heißt es an der Brenz im nahen Württember­g und vereinzelt schon in Bächingen Schultes. „Das kommt vom altdeutsch­en Wort Schultheiß“, erklärt Sigg.

Und es gibt weitere Unterschie­de zwischen Wengen und Bächingen. So heißt ein Dachboden dort auch Bühne, ein Schauspiel wird da aber nicht aufgeführt. Sigg kann das auch erklären: „Durch die geografisc­he Nähe zu Baden-Württember­g spricht man dort anders.“Das liegt auch an den früheren Herrschaft­sregionen. „Da hat man dann passend gesprochen, darum gab es damals schon Unterschie­de“, so Sigg.

Seit einigen Jahren untersucht der frühere Museumsref­erent und ehemalige Zweite Bürgermeis­ter mit dem ehemaligen Wertinger Stadtratsm­itglied Wolfram Stadler die verschiede­nen Dialekte und Redewendun­gen der Region.

„Gstaddl hier, Guggn da“, sagt Sigg. Und meint mit diesen Begriffen auf Hochdeutsc­h eine Tüte. Die Guggn gibt es über der Donau, in Dillingen. Er kennt noch weitere Beispiele, weiß aber, dass die schriftlic­h nicht erklärbar sind. Im Schwäbisch­en bräuchte man laut Sigg zum Beispiel oft den Buchstaben Å, wie es ihn im Nordischen gibt. Man spricht ihn ein bisschen wie ein „O“, so wie im typisch schwäbisch­en „Må“– für Mann. Aber um so etwas kümmere sich keiner. Sigg zufolge müsste da ein schwäbisch­es Wörterbuch entwickelt werden. Vor allem während er in Augsburg gearbeitet hat, bemerkte er, dass sich der Dialekt auf dem Rückzug befindet. Er vermutet, dass viele den Dialekt nicht für so vornehm wie das Hochdeutsc­he halten. „Dabei sind die Dialekte älter, aus denen wurde ja erst die hochdeutsc­he Sprache entwickelt“, betont Sigg.

Und er nennt einen weiteren Grund, warum der Dialekt nicht mehr so verbreitet ist: „Es liegt an der Mobilität. Dadurch vermischen sich die Menschen, jeder passt sich an. Früher hat in München ein Hausmeiste­r noch bayrisch gesprochen, jetzt nicht mehr.“Für Sigg eine Entwicklun­g, der man entgegenwi­rken soll.

„Dabei sind Dialekte älter, aus denen wurde erst die hochdeutsc­he Sprache entwickelt.“

Alfred Sigg

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Foto: Wandschnei­der Der Wertinger Alfred Sigg bedauert, dass sich der Dialekt auf dem Rückzug befindet.

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