Besser als Wikipedia?
Ein Wälzer feiert die Buch-Enzyklopädie
Der Brockhaus in seiner ehrwürdigen Druckform ist eingestellt. Wer wollte also in Zeiten grenzenloser Datenspeichermöglichkeiten mit kostenlosem Zugriff ernsthaft noch mit einem Buch im Rennen der Enzyklopädien antreten? Die deutsche Wikipedia hat über zwei Millionen Artikel, die englische über 5,3 – wer meint, das noch in Papier aufwiegen zu können?
Die Franzosen natürlich, wer sonst. Dort haben schließlich dereinst auch die Aufklärer um Diderot und d’Alembert mit ihrer „Encyclopédie“den Maßstab des modernen Nachschlagewerks gesetzt, 70000 Artikel, viel mehr kommentierend als bloß rekapitulierend – und darum auch immer wieder zensiert. In dieser Tradition muss man es wohl verstehen, wenn die Pariser Gelehrten Florence Brauchstein und JeanFrançois Pépin nun „1 Kilo Kultur“vorlegen und damit „Das wichtigste Wissen von der Steinzeit bis heute“versprechen. Einordnung und Redaktion statt bloßer Häufung von Erklärung. Gegliedert in elf epochale Abteilungen mit umfangreichem Namensregister am Ende.
Freilich haben eifrige Leser trotzdem schon Fehler entdeckt und befremdliche Schwerpunktsetzungen: nur elf Zeilen für Schiller, fünfeinhalb Seiten dagegen für Kant. Aber die zwangsläufig straffen Texten haben vor allem in historischen Abrissen – etwa zu Ländergeschichten – Qualität. Besser als Wikipedia? Als Text: ja. Bilder dazu fehlen allerdings. (ws)