Donau Zeitung

Diese Damen machen Hausbesuch­e

Gesundheit Versorgung­sassistent­innen kümmern sich mit um die medizinisc­he Versorgung der Patienten, die nicht mehr so mobil sind. Sie entlasten die Hausärzte

- VON CORDULA HOMANN

Landkreis Früher, da freute sich die Oma den ganzen Tag auf den Doktor. Dem erzählte sie dann während der Untersuchu­ng munter ihre Geschichte­n. Und nur mit viel Mühe konnte sich der Arzt vor Kuchen, Kaffee oder gar einem Glas Sekt retten. Jahrelang ging das so, Woche für Woche. Jetzt kommt der Hausarzt viel seltener. Dafür schaut regelmäßig eine Verah rein.

Ursula Stark ist eine von insgesamt 1500 Verahs in ganz Bayern. Als Arzthelfer­in hat sie gesehen, dass immer mehr Praxen schließen, dass die Ärzte immer mehr Patienten, immer weniger Zeit und immer größeren bürokratis­chen Aufwand haben. Also hat sie die Ausbildung zur Versorgung­sassistent­in in der Hausarztpr­axis (Verah) gemacht: 200 Stunden binnen vier Wochenende­n und einer Woche. Teils zahlen das die Ärzte komplett, teils nur einen Beitrag. „Ich wollte das unbedingt machen“, sagt Andrea Menzel. Jetzt müsse sie nicht mehr wegen jeder Kleinigkei­t den Chef fragen, weiß mehr über Palliativv­ersorgung oder Wundmanage­ment.

Seit 2008 können Arzthelfer­innen oder medizinisc­he Fachangest­ellte die Ausbildung machen. In den ver- zwei Jahren haben allein in der Region vier Arztpraxen zugemacht, sagt Hausarzt Dr. Alexander Zaune, Mitglied im Landesvors­tand des Bayerische­n Hausärztev­erbandes. „Ohne die Verahs könnten wir die medizinisc­he Versorgung gar nicht aufrechter­halten.“Auch wenn die Mediziner immer noch die Verantwort­ung tragen. Die Kolleginne­n besuchen vor allem die Patienten, die nicht mehr mobil sind oder niemanden haben, der sie zum Arzt fahren kann, erklärt Anne Dieminger. Also besucht sie regelmäßig die Patienten ihres Chefs, misst Blutdruck oder -zucker, nimmt Blut ab, gibt Infusionen. „Das sind viele geplante, regelmäßig­e Sachen“, fügt Brigitte Pächler an. Doch auch, wenn ein Patient aus dem Krankenhau­s nach Hause kommt, wenn da kein Krankenbet­t und kein Rollator stehen, helfen die Verahs. Sie wissen, wie man einen Behinderte­nausweis beantragt oder einen Demenztest macht. Sie kommen nicht nur nach Hause, sondern auch ins Pflegeheim. In einer Tasche haben die Frauen alles dabei, vom Blutdruckm­essgerät bis zum Verband.

Manche Patienten brauchen aber etwas ganz anderes. „Bei uns in der Praxis rief eine völlig verwirrte Patientin an. Das Wartezimme­r war voll, meine Chefin schickte mich los“, erzählt Ute Gramann. Vor Ort stellte sich heraus: Die ältere Frau war einfach allein. Sie brauchte nur ein Gespräch, das half. „Gemeinsam haben wir dann ihre Tabletten sortiert und ich habe ihr versichert, dass sie nicht allein ist. Dass sie jederzeit in der Praxis anrufen kann.“Die Erfahrung, dass man aktiv helfen kann, hat Ute Gramann angespornt, die Ausbildung zur Verah zu machen.

Gerade bei Hausbesuch­en lerne man die Patienten viel persönlich­er kennen als in der Praxis, findet auch Paulina Schweigert. Die Patienten seien dankbar für den Kontakt zur Verah, nicht nur zum Arzt. Regelmäßig hatte ihr Chef eine Patientin besucht, nie gab es dazu einen Anlass. Bis der Arzt mal vier Wochen lang nicht konnte und danach Paulina Schweigert schickte. Die ältere Dame hatte Wassereinl­agerungen in den Beinen. „Da habe ich den Sozialdien­st informiert, die Tabletten kontrollie­rt, ein Foto von den Beinen gemacht und meinem Chef gesendet. Er kam dann zum Hausbesuch.“Abends werden alle Patientena­kten durchgespr­ochen, damit die Ärzte auf dem aktuellen Stand sind. Was Heike Sailer-Prucker am besten gefällt: der Bezug zu den Pagangenen tienten. Schon beim ersten Hausbesuch achten die Verahs auf Stolperfal­len wie Teppiche. Weil die meisten Verahs feste Arbeitstag­e und immer gleiche Touren haben, wissen die Patienten auch, wann sie kommen. „Sie warten auf uns“, erzählen die Frauen. Manchmal gibt es Kaffee und Kuchen. Allen Frauen in der Runde macht die Arbeit sehr viel Spaß, weil sie abwechslun­gsreich ist, weil sie helfen können und weil die Patienten dies auch würdigen. Nur zur Routine dürfe so ein Besuch nie werden, betont Heike Sailer-Prucker. Wenn ein Patient zum Beispiel verwirrt ist, könne das ganz verschiede­ne Ursachen haben.

Einen Verah-Tarif gibt es übrigens nicht, der Chef entscheide­t, wie gut er seine Mitarbeite­rin bezahlt. Dr. Zaune kann seinen Kollegen eine Verah nur empfehlen und die Nachfrage danach ist groß. Kein Wunder: Verahs seien hoch qualifizie­rt und, neben den Arzthelfer­innen und medizinisc­hen Fachangest­ellten, die sich jeden Tag dem großen Patientena­nsturm stellen, eine große Hilfe. Doch Zaune sagt auch: Mehr Patienten kann ein Arzt deswegen nicht betreuen. Nur bekommen die, die leider nicht kommen können, von den Kolleginne­n eben etwas mehr Zeit. »Diese Woche

 ?? Foto: Homann ?? Verahs aus dem Landkreis Dillingen, die Hausärzte unterstütz­en. Im Bild von links Paulina Schweigert, Anne Dieminger, Ute Gramann, Brigitte Pächler, Andrea Menzel, Heike Sailer Prucker und Ute Stark. Alle arbeiten in der Dienstgrup­pe Dillingen Bachtal.
Foto: Homann Verahs aus dem Landkreis Dillingen, die Hausärzte unterstütz­en. Im Bild von links Paulina Schweigert, Anne Dieminger, Ute Gramann, Brigitte Pächler, Andrea Menzel, Heike Sailer Prucker und Ute Stark. Alle arbeiten in der Dienstgrup­pe Dillingen Bachtal.

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