Seine Leidenschaft hat zwei Räder
Kult und Kunst Für Stefan Geis ist ein Fahrrad viel mehr als nur ein Sportgerät. Aus Einzelteilen baut er für seine Freunde aus dem Amateursport Rennmaschinen nach Wunsch
Ein Leben ohne Fahrrad fahren kann sich Stefan Geis gar nicht mehr vorstellen. Deshalb wiegt es jetzt um so schwerer, dass er am morgigen Sonntag nicht mit seinen Freunden nach Malaga reisen kann. Die Radsportgruppe Wertingen will sich eine Woche lang in Südspanien fit machen. Und Stefan Geis ist zähneknirschend nicht dabei, weil er eine Knieoperation hinter sich hat.
Für die Wertinger Rennradgruppe ist Stefan Geis in Villenbach eine wichtige Adresse. Denn hier im Hause Geis im Keller befindet sich quasi die Schatzkammer der Radsportgruppe – eine perfekte Hochglanz-Fahrradwerkstatt, in der jedem Radsportler die Träume seiner Sehnsucht erfüllt werden. Wie beim Kostümschneider entstehen dort Stück für Stück Fahrräder, die jedem Besitzer auf den Leib geschnitten werden und die man in keinem Geschäft kaufen kann.
Stefan Geis konstruiert das Sportgerät nach Wunsch, besorgt Einzelteile verschiedener Hersteller und baut sie zu einem großen Ganzen zusammen, zu einem Gerät, das dem Sportler die freiwilligen Strapazen zum Vergnügen wandeln und die Qualen zum Adrenalin-Kick machen sollen. „Das Material und die Technik sind heute so vielseitig“, schwärmt Stefan Geis von den Möglichkeiten, die sich in der Werkstatt bieten. Das Sportgerät wird zum Kult-und Kunstobjekt, das – nebenbei bemerkt – auch noch schön sein soll. Design, Farben, goldene Schrauben, windschlüpfrige Sättel, polierte Ketten oder neonfarbene Lenkstangen – das Fahrrad muss eine Augenweide sein, auch wenn es nach den ersten Metern schon im Straßenstaub an Glanz verliert. Stefan Geis erfüllt fast jeden Wunsch seiner Radfreunde, die den Rennsport als Hobby betreiben, aber bei ihren Touren dennoch gewaltige Strecken meistern.
Geis selbst kommt eigentlich vom Laufsport, wie er erzählt. Das heißt, noch früher hatte der sportliche Mann eine große Vorliebe für´s Laufen und machte sich bei der LG Zusam fit. Doch mit zunehmenden Jahren bekam er Hüftprobleme und stieg aufs Fahrrad um. Im Mountainbiken findet Geis noch mehr Reiz als beim Laufen. Ein Sport, der nicht nur viel Kondition, sondern große Geschicklichkeit erfordert, berichtet der Villenbacher. Geis fährt gerne Cross-Country24-Stunden-Rennen mit seinem Mountainbike, hat sich also auf Ausdauer getrimmt. 390 Kilometer in 24 Stunden hat er auf diese Weise schon geschafft, überwand dabei 7000 Höhenmeter. Einen beachtlichen achten Platz erreichte er vergangenen Sommer bei den Masters in München. Insgesamt ist Geis letztes Jahr 10500 Kilometer geradelt. Er legt seine Distanzen – auch mal den Weg zur Arbeit – lieber mit dem Fahrrad als mit dem Auto zurück. Beruflich muss er Strecken im Ein- zugsbereich von 300 Kilometern bewältigen, manchmal macht er das mit dem Fahrrad. Stefan Geis ist Geschäftsführer einer Verzinkerei in Mertingen, auch dahin ist er oft mit dem Fahrrad unterwegs. Und natürlich teilt er seine Radsportleidenschaft auch in der Arbeit mit Kollegen. Zusammen strampeln sie als „Racing-Team“durch die Lande.
Gelernt hat Geis ursprünglich Kfz-Mechaniker. Er machte die Meisterprüfung, absolvierte nebenberuflich Abitur und KaufmannsStudium, belegte an der Uni Augsburg nur die Prüfungen, die er dann mit gutem Ergebnis schaffte. Seine Liebe zum Fahrradreparieren entdeckte er, als er als Kfz-Mechaniker arbeitete. „Ich habe schon immer gerne Motoren zerlegt“, erzählt Geis, „das ist dann auf die Fahrräder umgeschlagen.“Zumal sein Meister eine alte Fahrradwerkstatt hatte, in der sich auch Geis gerne aufhielt.
So ist manches Werkzeug aus der damaligen Zeit jetzt noch in der Hobbywerkstatt in Villenbach zu finden. Stefan Geis arbeitet nicht nur mit Fahrrädern zu Hause, sondern repariert auch unterwegs. Er ist der Tourmechaniker der Radsportgruppe Wertingen. Wenn Geis sich mit seinen Freunden im Ausland fit macht, dann fährt immer ein Begleitmobil mit Fahrradwerkstatt mit. „Das ist bei uns auch nicht anders, als bei der Tour de France“, scherzt der 48-Jährige. Gibt es einen Schaden oder muss ein Rad gewartet werden, erledigt das Geis vor Ort.
Zu Hause in der Garage hat Geis eine Auswahl von zehn Fahrrädern fürs Rennen und Mountainbiken. Pure Liebhaberei ist ein „Bianchi“, das er sich einmal geleistet hat – der Porsche unter den Rennrädern.
In der Werkstatt steht Stefan Geis oft zusammen mit seinen drei Söhnen – 15, zwölf und acht Jahre alt –, die sich beim Papa Kniffs und Tricks abschauen. Natürlich gibt es immer wieder mal auch eine Familienradtour. Wenn im Dorf jemand Probleme mit seinem Fahrrad hat, dann werden die oft in der GeisWerkstatt ausgeräumt.
Tipps hat Geis – er hat in Villenbach schon mal als Bürgermeister kandidiert und sitzt im Gemeinderat – immer parat. Er erklärt, wie man sein Fahrrad frühjahrsfit machen kann: Wenn man den Wasserstrahl nicht allzu hart einstellt, darf man das Fahrrad mit dem Hochdruckreiniger waschen. Beim Mountainbike alle Federelemente überprüfen und mit Dämpferöl pflegen. Den Rundlauf überprüfen und gegebenenfalls Achter rausmachen. Den Mantel nach Verschleiß überprüfen. Bremsklötze oder Bremsscheiben überprüfen. Alle zwei Jahre Schaltungen und Bremszüge erneuern.