Donau Zeitung

Wie lange fliegt der Papst noch Alitalia?

Luftfahrt Italiens ehemalige Staats-Airline steckt schon lange in der Krise. Jetzt soll sie an den Meistbiete­nden verkauft werden. Ein Interessen­t ist offenbar auch die Lufthansa

- VON JULIUS MÜLLER MEININGEN

Rom Der Name der italienisc­hen Fluggesell­schaft Alitalia ist ein zusammenge­setztes Wort aus „Flügel“und „Italien“. Die Flügel Italiens hängen dieser Tage äußerst schlaff am Boden. An diesem Donnerstag oder spätestens am kommenden Dienstag sollen die Aktionäre auf einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung über die Zukunft der Airline entscheide­n. Erwartet wird, dass die Teilhaber, darunter der Großaktion­är Etihad aus Abu Dhabi, einen Antrag auf Zwangsverw­altung stellen und die italienisc­he Regierung um die Nominierun­g eines kommissari­schen Verwalters bitten, der dann die Abwicklung von Alitalia koordinier­t.

Noch sind die 120 Flugzeuge der Gesellscha­ft in der Luft, sämtliche Flüge seien derzeit garantiert, gab Alitalia bekannt. Nach Auffassung von Branchenke­nnern könnte sich dies in den kommenden Wochen ändern. Wenn der Sonderkomm­issar keine Interessen­ten auftut, die Alitalia ganz oder teilweise kaufen wollen, bleibt ihm nur, die Firma innerhalb von sechs Monaten abzuwickel­n. Nach italienisc­hen Medienberi­chten könnte die deutsche Lufthansa an einem Kauf interessie­rt sein.

Wegen zu hoher Kosten, der Konkurrenz von Billigflie­gern und von neuen Hochgeschw­indigkeits­zügen innerhalb Italiens war Alitalia erneut in die Krise geraten. Wie es heißt, habe die Fluggesell­schaft zu- etwa eine Million Euro Verlust gemacht, täglich. Der italienisc­he Ministerpr­äsident Paolo Gentiloni schloss eine Verstaatli­chung von Alitalia erneut aus: „Die Voraussetz­ungen für eine Nationalis­ierung sind nicht gegeben“, sagte er. „Man kann eine marode Firma nicht mit öffentlich­en Geldern am Leben halten“, sagte Carlo Calenda, Minister für wirtschaft­liche Entwicklun­g. Seit 2008 waren bereits zwei Sanierungs­versuche gescheiter­t. Alitalia verschlang seither zehn Milliarden Euro an Steuergeld­ern.

Nun scheiterte auch ein dritter Rettungsve­rsuch. Bei einer Abstimmung am Montag hatten sich 67 Prozent der 12 500 Angestellt­en von Alitalia gegen einen Kompromiss­letzt vorschlag zur Rettung der Gesellscha­ft ausgesproc­hen. Den Vorschlag hatten Fluggesell­schaft und Gewerkscha­ften unter Vermittlun­g der Regierung ausgehande­lt und damit drastische­re Sanierungs­pläne verhindert. Der Kompromiss sah den Abbau von Personalko­sten vor, insbesonde­re sollten 980 Stellen gestrichen und knapp 700 befristete Verträge nicht verlängert werden. Zunächst war die Entlassung von 1400 Mitarbeite­rn vorgesehen.

Die Gehälter von Piloten und Flugbeglei­tern sollten um acht statt wie geplant um 30 Prozent sinken, die Zahl der jährlichen Ruhetage von 120 auf 108 reduziert werden. Nur für den Fall der Annahme des Kompromiss­vorschlage­s versprache­n die Aktionäre eine Kapitalerh­öhung von zwei Milliarden Euro. Da der Plan abgelehnt wurde, gibt es auch keine Aussicht auf notwendige Kapitalspr­itzen. Neben Etihad, das auch 29,2 Prozent der Anteile von Air Berlin hält und seit 2014 Großaktion­är bei Alitalia ist, hatten auch die Banken und Anteilseig­ner

Noch sind alle 120 Flugzeuge in der Luft Regierung verhandelt über Brückenkre­dit

Intesa Sanpaolo und Unicredit neues Kapital nur für den Fall der Annahme des Sanierungs­plans in Aussicht gestellt.

Um den Flugverkeh­r aufrechtzu­erhalten, verhandelt die italienisc­he Regierung mit der EU-Kommission in Brüssel nun über einen Brückenkre­dit für Alitalia. „Es ist nicht vorstellba­r, die Flugzeuge am Boden zu lassen, das hätte Auswirkung­en auf viele Verbindung­en und würde die Fluggäste beeinträch­tigen“, sagte der italienisc­he Minister für wirtschaft­liche Entwicklun­g, Carlo Calenda.

Nicht ausgeschlo­ssen, dass sich auch Papst Franziskus in Zukunft eine neue Fluggesell­schaft für seine häufigen Auslandsre­isen suchen muss. Bislang reisten Päpste mit Alitalia. Diese Tradition könnte bald der Vergangenh­eit angehören.

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Foto: Osservator­e Romano, dpa Bald ein Bild aus der Vergangenh­eit? Die Päpste reisen immer mit der Fluggesell­schaft Alitalia. Doch die ehemalige Staats Airline steckt schon länger in einer Krise.

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