Dieser Schlitten gehörte Grace Kelly
Autos Bei Roman Wörle in Syrgenstein ist derzeit ein ganz besonderes Fahrzeug zur Reparatur. Weil seine Expertise weltweit gefragt ist, musste er anbauen
Syrgenstein Das Auto verströmt schon dieses besondere Flair. Es versprüht den Charme der Welt der Schönen und Reichen. Und die Schönen und die Reichen, die saßen tatsächlich auf diesen Ledersesseln. Und kutschierten damit entlang der Cote d’Azur, dass das Chrom nur so blitzte. Keiner Geringeren als Fürstin Gracia Patricia von Monaco und ihrem Mann Fürst Rainier gehörte der Mercedes 600 einst.
Und obwohl das glamouröse Fürstenpaar der Monegassen einen riesigen Fuhrpark sein Eigen nannte, ist überliefert, dass Gracia Patricia am liebsten in dieser silberglänzenden Nobelkarosse mit dem dunklen Schiebedach durch die Straßen ihres Fürstentums sauste. Entweder selbst am Steuer oder mit einem Chauffeur. Heute gehört das Auto nicht mehr dem Fürstenhaus, sondern einem Privatmann, der selbst in Monaco wohnt. Und der schickt es schon seit Jahren für Reparaturen immer wieder nach Syr- zu Roman Wörle von Wörle Fahrzeugtechnik.
Denn sein Spezialgebiet ist der Mercedes 600. Und das hat sich über die Jahre in ganz Europa herumgesprochen. Seit November ist der Wagen im Bachtal. „Wir haben die Bremssättel überholt, die Sitze mussten nachgepolstert werden, weil sie durchgesessen waren“, erzählt Roman Wörle. Nun fehlt noch ein kleines Ersatzteil, damit der Wagen fertiggestellt werden kann und seine Rückfahrt zurück ans Mittelmeer antreten kann. Natürlich auf einem Anhänger.
Denn für eine Fahrt bis nach Monaco ist das Auto viel zu wertvoll. Insgesamt hat der Mercedes aus dem Jahr 1966, der über Klimaanlage, hydraulische Fensterheber und Zuziehhilfe verfügt, erst 46 000 Kilometer auf dem Tacho. Im Fürstentum selbst, erzählt Wörle, unternimmt der Besitzer allerdings immer wieder Spritztouren. Und wurde damit auch schon einmal in einer Folge von „Die Geissens“gesehen. Da zeigten sich Rooobääärt und sei- ne Carmen ganz begeistert von dem Auto mit der schillernden JetsetGeschichte. Roman Wörle selbst ist es nicht so wichtig, wem das Auto einmal gehört hat.
Ihn faszinieren die Fahrzeuge selbst. Aber natürlich ist es auch für ihn und seine Mitarbeiter etwas Besonderes, wenn ein derartiges Auto in der Werkstatt steht. Dort, wo auch schon der Wagen des früheren rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu überholt wurde. Prominente Vorbesitzer, sagt Wörle, steigern immer den Wert eines Autos. „So etwas macht es für einen Sammler viel interessanter und es treibt den Preis immens nach oben“, sagt der 49-Jährige. Gute 55 000 bis 60 000 Mark mussten Käufer im Jahr 1963, als der 600er zum ersten Mal gefertigt wurde, für einen neuen berappen. 1980, als der letzte gebaut wurde, waren es noch einmal rund 100 000 Mark mehr für eine Limousine. Doch wenn früher einmal die einstige Hollywoodschauspielerin und spätere Fürstin hinterm Steuer saß, werden ganz andere Preise aufgenstein gerufen. Damit die edlen Karossen in der Werkstatt besser Platz haben, hat Roman Wörle im vergangenen Jahr kräftig erweitert. Rund 750 Quadratmeter sind dazugekommen. Damit hat sich die frühere Fläche um zwei Drittel vergrößert. Ein repräsentativer Empfangsbereich für die betuchte Kundschaft ist entstanden. Und auch die Werkstatthalle selbst ist größer geworden. Denn weil sich immer weiter herumgesprochen hat, dass in Syrgenstein absolute Experten am Werk sind, ist auch die Zahl der Mitarbeiter gestiegen. Mit Roman Wörle arbeiten mittlerweile neun Leute im Betrieb, die sich oftmals viele Hundert Stunden lang einem einzigen Auto widmen.
Daneben beschäftigt sich ein Mitarbeiter nur mit den Ersatzteilen. „Es läuft gut“, sagt Roman Wörle zufrieden. So gut, dass die Kunden momentan mit einem Dreivierteljahr Vorlauf rechnen müssen. Viele von ihnen werden über das Internet auf die Spezialwerkstatt in Syrgenstein aufmerksam. Auch deshalb hat Wörle kürzlich die komplette Homepage neu gestaltet. „Das ist für uns das A und O.“Sogar einen kleinen Onlineshop für Teile gibt es da jetzt.
Doch auch für Autoliebhaber aus der Region ist Syrgenstein eine Reise wert. Immer wieder sieht Roman Wörle bei der Durchsicht der Aufnahmen der Überwachungskamera, wie Oldtimerenthusiasten Station machen und durch die großen neuen Fenster die automobilen Schätze bewundern. Manchmal sind darunter auch Oldtimerfahrer auf Ausfahrt. Unterwegs sind aber auch er und seine Mitarbeiter immer öfter. Denn Kunden, die sich einen alten Mercedes zulegen wollen, greifen gern auf sein Expertenteam zurück, das sich dann die Autos ansieht und auf Herz und Nieren prüft, bevor der Kaufvertrag unterschrieben wird. „Ein Laie tut sich da einfach schwer“, sagt Wörle. Der lässt sich vermutlich leicht blenden von der Noblesse, die diese Autos ausstrahlen. So wie das, das einst die Fürstin fuhr.