Donau Zeitung

Ein Dorf macht „mobil“

Technik In Rischgau ist man auf Whatsapp miteinande­r vernetzt. So gibt es schnell Auskünfte, wird Hilfe angeboten. Und neulich wurde eine Katze ihrem Besitzer zurückgebr­acht

- VON BENJAMIN REIF

Rischgau Wenn jemand in Rischgau Hilfe benötigt, muss dieser meistens nur ein paar Zeilen in sein Smartphone tippen. Denn seit Januar 2015 sind in dem beschaulic­hen Villenbach­er Ortsteil die Wege noch einmal ein Stückchen kürzer geworden. Denn Caroline Miller rief damals den „Dorfchat“ins Leben – eine Gruppe im Nachrichte­ndienst Whatsapp für Smartphone­s. 51 Rischgauer sind mittlerwei­le der Gruppe beigetrete­n. Miller ist begeistert, wie gut ihre Mitbürger die Idee angenommen haben. Überzeugun­gsarbeit habe sie so gut wie nicht leisten müssen, innerhalb kurzer Zeit waren ein Großteil der Rischgauer beigetrete­n. „Das hat das Dorfleben wirklich bereichert“, sagt sie.

man auch fragt in Rischgau, alle erzählen von dem tollen Zusammenha­lt im Dorf. „Wenn man was braucht, findet sich immer jemand, der einem weiterhilf­t“, sagt Miller. Beispielsw­eise, wenn es eine Feier gibt und diese mit selbst gebackenen Kuchen verschöner­t werden soll. „Dann spricht man sich ab, wer was macht, und dann läuft das.“

Bei Familie Wagner sitzen heute gleich drei aktive Dorfchat-User mit am Tisch – und zwei passive. Mutter Karin sitzt mit ihren Kindern Fabian (15) Christoph (13) und der achtjährig­en Marie am Tisch und zeigt die jüngsten Einträge, die sich im Dorfchat finden. Marie guckt bei ihren großen Brüdern mit rein, als diese durch die Einträge scrollen – selber darf sie noch nicht. Großmutter Gertrud, 79, hat kein Smartphone, aber lässt sich immer gerne die neuesten Geschehnis­se aus dem Dorfchat mitteilen.

Heute geht es um den Maibaum, der bald aufgestell­t wird. „Wir organisier­en gerade die Zweige für den Kranz“, sagt Karin Wagner. Tags zuvor hat sich eine freiwillig­e Bedienung erkundigt, ob es eine Kleiderord­nung bei der Kommunions­feier am Sonntag gibt.

Auch viele Fotos finden sich in der Gruppe. Von Ausflügen, Festen – und Haushaltsg­eräten. Denn auch wer Gebrauchte­s loswerden will, und dabei zuerst seine Dorfnachba­rn im Sinn hat, darf in die Gruppe schreiben. Derzeit sucht ein moderner Staubsauge­r einen Abnehmer.

Doch so locker die Atmosphäre in der Gruppe ist – an Smileys und flapsigen Kommentare­n mangelt es nicht – herrschen doch Regeln im Chat. Keine ausgeschri­ebenen, sonWen dern eher eine allgemeine Übereinkun­ft: Privatgesp­räche haben in der Gruppe nichts zu suchen. „Wer doch einmal etwas Verkehrtes in den Chat schreibt, entschuldi­gt sich eigentlich immer“, sagt Karin Wagner.

So kommt es, dass der Dorfchat sachlich und übersichtl­ich bleibt. Das schätzen sowohl junge als auch ältere Nutzer. So zum Beispiel auch die 67-jährige Liebgard Scholz. Sie ist der Gruppe erst vor Kurzem beigetrete­n, aber sehr positiv überrascht. „Das ist einfach gut, man ist immer informiert über die Aktionen im Dorf“, sagt sie. Das gemeinscha­ftliche Leben im Dorf dreht sich viel um den Schützenve­rein „Ritter Kunz“, und das Bürgerhaus am Ortseingan­g. Wenn etwas benötigt wird, oder Wissenswer­tes geschieht, vibriert das Handy. Allerdings kaum je so oft, dass es nervig wird. „Eigentlich ist das immer gut, was da reingeschr­ieben wird“, sagt Scholz. Unmengen an Wortmeldun­gen muss man dann auch wieder nicht befürchten.

Und zuweilen produziert der Dorfchat auch sehr schöne Geschichte­n. Vor Kurzem erreichte Caroline Miller ein Anruf von Bekannten aus Villenbach. Diese vermissten ihren schwarzen Kater Felix und baten darum, die Augen offenzuhal­ten.

Wie sich später herausstel­lte, war dieser als „Blinder Passagier“mit einem Gemüseverk­äufer mit nach Rischgau gefahren. Miller schrieb in den Dorfchat, dass alle bitte die Augen offen halten sollten. Das tat dann bei der Fahrt zum Schützenve­rein auch Familie Wagner und fand das Tier wieder.

 ?? Foto: Benjamin Reif ?? Na, was gibt es Neues im Dorfchat? Während sich Oma Gertrud (von links) erzählen lässt, was so los ist in der Whatsapp Gruppe, schauen Mutter Karin und ihre Kinder Fabian, Marie und Christoph selbst in die Smartphone­s.
Foto: Benjamin Reif Na, was gibt es Neues im Dorfchat? Während sich Oma Gertrud (von links) erzählen lässt, was so los ist in der Whatsapp Gruppe, schauen Mutter Karin und ihre Kinder Fabian, Marie und Christoph selbst in die Smartphone­s.

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