Der Papst auf gefährlicher Ägypten Mission
Hintergrund Trotz der jüngsten Terroranschläge auf Christen verzichtet Papst Franziskus auf ein gepanzertes Fahrzeug, wenn er heute Kairo besucht. Das Kirchenoberhaupt will mit seiner Reise nicht nur für die Katholiken ein Zeichen setzen
Rom Die Reise ist nicht lang, aber sie wird intensiv. Gerade einmal 27 Stunden soll der Besuch von Papst Franziskus an diesem Freitag und Samstag in Kairo dauern. Ägypten ist mit knapp 95 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste muslimische Land in der arabischen Welt. Die christlich-orthodoxe Minderheit der Kopten dort sieht sich immer wieder tödlichen Attentaten von Islamisten ausgesetzt und fühlt sich im Stich gelassen. Schon allein aus dieser Konstellation bezieht die Reise des Oberhaupts der Katholiken ihre Brisanz.
Die Sicherheitsvorkehrungen werden extrem hoch sein. „Wir machen uns keine Sorgen“, sagte Papstsprecher Greg Burke. Aber ein Risiko gebe es überall, egal ob in Frankreich, den USA oder eben in Ägypten. Der Papst werde in Kairo auf eigenen Wunsch nicht mit einem gepanzerten Wagen unterwegs sein, sondern mit einem normalen Auto. „Er will eben auch ein positives Sig- setzen“, erklärt Papstsprecher Burke. Allerdings soll es keine Fahrt mit dem Papamobil geben.
Papst Franziskus sagte vor seinem Abflug, er komme als „Freund, Friedensbotschafter und Pilger“nach Kairo. Vor allem die Versöhnung zwischen den Konfessionen steht am Freitag beim Besuch der renommierten Al-Azhar-Universität im Vordergrund. Dass der Papst die Reise nicht abgesagt hat, wurde in Ägypten mit großer Erleichterung und Dankbarkeit aufgenommen. Dies zeige „das komplette Vertrauen in Ägyptens Fähigkeit, die Sicherheit für seine Besucher zu gewährleisten“, sagte der renommierte Religionsgelehrte Abbas Schuman von der Al-Azhar-Universität. Nicht zuletzt hofft die Führung in Kairo, dass viele noch verunsicherte Urlauber dem Beispiel des Papstes folgen und trotz Terrormeldungen nach Nordafrika reisen.
Franziskus wurde vom Großimam Ahmad al Tayyib als Redner auf einer Friedenskonferenz sowie von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi eingeladen. Dass der 80-jährige Argentinier als Chef der katholischen Kirche und die bedeutendste theologische Einrichtung des sunnitischen Islam in Zeiten des islamistischen Terrors gemeinsam für Frieden werben wollen, gilt als ein starkes Symbol. Auch der ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaeos I., wird zur Konferenz erwartet.
Doch es gibt zahlreiche diplomatische Fallstricke, über die Franziskus in seinen 27 Stunden in Kairo stolpern könnte. Die Al-Azhar-Universität brach 2011 den Kontakt zum Vatikan ab. Anlass dafür war unter anderem die Regensburger Rede von Benedikt XVI. aus dem Jahr 2006, in der dieser auf die Rolle der Gewalt im Islam zu sprechen gekommen war. Franziskus wird sich hüten, missverständliche Äußerungen über diese Frage zu formulieren. Ganz aussparen kann er das Thema aber nicht.
Insbesondere die neun Millionen christlich-orthodoxen Kopten in Ägypten hoffen auf mahnende Wornal te des Papstes. Seine Reise sei „eine persönliche Geste des Trostes und der Ermutigung für alle Christen im Nahen Osten“, sagte Franziskus vor der Abreise.
Zuletzt wurden am Palmsonntag 44 Kopten bei mehreren Anschlägen im Land getötet. Am Freitagnachmittag will Franziskus mit dem Patriarchen der Kopten, Tawadros II., auch für die 28 Opfer eines Terroranschlags im vergangenen Dezember an der Markuskathedrale beten.
Der Evangelist Markus gilt als Begründer der koptischen, also ägyptischen Kirche, die den Papst nicht als Oberhaupt, sondern nur als primus inter pares anerkennt. Bis zu seiner Eroberung durch den Islam im Jahr 639 war Ägypten vorwiegend christlich. Diese Hintergründe sind gemeint, wenn Franziskus sagt, er komme auch als Pilger in das Land. Der Papst will sich ebenso der kleinen katholischen Gemeinschaft in Ägypten widmen.
Franziskus ist nach Johannes Paul II., der im Jahr 2000 kam, erst der zweite Papst, der nach Ägypten reist. Aus Sicherheitsgründen wurde die Messe am Samstag auf das Gelände eines Militärflugplatzes außerhalb der ägyptischen Hauptstadt verlegt. Bis zu 25 000 Menschen werden erwartet. Ursprünglich war die Messe in einem Stadion geplant. „Für unsere Christen wird mit dem Papstbesuch ein Traum wahr“, sagte der Bischof von Luxor, Emmanuel Bischai.
Ein weiterer Drahtseilakt für Franziskus steht bereits am Freitag beim Zusammentreffen mit Staatspräsident al-Sisi an. Dessen Militärregierung, die gegen Dschihadisten im Norden der Sinai-Halbinsel kämpft, ist für sozialen Notstand und schwere Menschenrechtsverletzungen mitverantwortlich. Ein Papst, der sich dem Kampf gegen Armut und für Gerechtigkeit verschrieben hat, kann auch diese Aspekte nicht übergehen. (mit dpa)
Es gibt zahlreiche diplomatische Fallstricke