Von Sperrungen umzingelt
Rund um Emersacker sind gerade viele Straßen dicht. Wer Richtung Wertingen oder Richtung Autobahn will, muss einen langen Umweg fahren. Wie die Menschen damit umgehen und wann Entspannung in Sicht ist
Emersacker Carola Leichs ist an diesem Tag mit ihrem sechsjährigen Sohn Paul und Hund Jacker im Ort unterwegs. Zu Fuß ist das alles kein Problem. Doch wenn sie ins Auto steigen, dann wird es kompliziert. Zahlreiche Schilder in Emersacker kündigen es an: Der Ort ist von Straßensperrungen umzingelt. Carola Leichs sitzt für Familie und Job viel am Steuer. Sie ist vor allem von den Langzeitumleitungen Richtung Wertingen richtig genervt. Denn der direkte Weg von Emersacker nach Norden ist seit Monaten dicht: Die Ortsdurchfahrt von Bocksberg wird erneuert und ist voll gesperrt. „Im Dorf ist das ein großes Thema“, erzählt sie. „Hier wird schon gewitzelt, ob man nicht auf Dauer einen Hubschrauberlandeplatz anlegen sollte für direkte Transporte etwa nach Wertingen.“
Fliegen wäre derzeit wahrscheinlich wirklich die einzige Methode, um ohne große Umleitung aus Emersacker herauszukommen. Nicht nur der Weg durch Bocksberg nach Wertingen ist zu, auch die Alternativroute über Zusamaltheim ist jetzt seit April dicht. Dort wird in der Ortsmitte ein Kreisverkehr gebaut. Zwei Wochen lang war außerdem die Staatsstraße nach Lauterbrunn gesperrt, weil die Fahrbahn erneuert wurde. Sie ist zwar mittlerweile wieder frei, doch nun geht es auf der Staatsstraße nach Welden weiter. Und auch wer sich dann weiter gen Süden, also Richtung Autobahn, durchschlagen will, könnte schnell vor der nächsten Umleitung stehen, denn auch rund um Reutern, Wörleschwang und Unterschöneberg wird eifrig gebaut.
Die Verkehrsbehinderungen nerven die Menschen in Emersacker. Das weiß auch Bürgermeister Michael Müller, der selbst von den Sperrungen betroffen ist. Er ist Geschäftsführer beim Jobcenter in Dillingen, muss also jeden Tag irgendwie in die Donaustadt kommen. Bis vor Kurzem fuhr er Richtung Welden und dann über Holzheim nach Dillingen. Doch die Strecke nach Welden ist ja seit dieser Woche auch gesperrt, also gibt’s einen neuen Umweg über Rischgau.
Bei allem Ärger sollte man aber auch die Notwendigkeit solcher Sanierungen einsehen, betont der Bürgermeister: „Sonst schimpfen die Leute, wenn die Straßen in schlechtem Zustand sind.“Die Erneuerung der Staatsstraße nach Lauterbrunn, die in den vergangenen zwei Wochen gesperrt war, sei zum Beispiel bitter nötig gewesen, sagt Müller: Sie stammt aus den Fünfzigerjahren, konnte mit dem Schwerlastverkehr nicht mehr mithalten, hatte viele Risse und Sprünge. Nach den Bauarbeiten ist die Fahrbahn nun wieder schön eben.
Die Bewohner von Emersacker trifft vor allem die lange Sperrung von Bocksberg hart, weiß der Bürgermeister. Sie seien eben sehr Wertingen-orientiert, gehen dorthin arbeiten, einkaufen, ins Gymnasium oder zu Freizeitaktivitäten. Eine 52-Jährige, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, erzählt von ihrem Arbeitsweg nach Wertingen. Durch den Umweg über Osterbuch braucht sie etwa eine Viertelstunde länger in die Arbeit, also etwa doppelt so lang wie normal. Schleichwege fahren bringt nichts. Einmal ist sie schon von der Polizei aufgehalten worden. Eine Strafe musste sie nicht zahlen – aber umdrehen. Nächste Woche will sie nun erst mal mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren. Da wird sie wohl ungefähr genauso lange brauchen wie mit dem Auto – aber kann es wenigstens mit Fitness verbinden. Von den Sperrungen betroffen ist auch Physiotherapeut Michael Neher, der zwar in Wertingen wohnt, seinen Arbeitsschwerpunkt aber in Emersacker hat. Das „Hindernis“Bocksberg nervt ihn besonders. „Ich bin da mal spaßeshalber hingeradelt“, erzählt er. „Dort gibt es seit Langem überhaupt keine Fortschritte.“
Zumindest im Landkreis Augsburg ist das Ende der Bauarbeiten absehbar: Wenn das Wetter mitspielt, sollen sie alle bis spätestens 23. Juni abgeschlossen sein. Doch auf der anderen Seite, im Landkreis Dillingen, wird es noch länger dauern. Die Vollsperre in Bocksberg ist noch bis Sommer geplant, die in Zusamaltheim bis Herbst. Und warum finden so viele Baumaßnahmen genau jetzt statt? Für die Arbeiten sind verschiedene Ämter zuständig: die Landratsämter Augsburg und Dillingen für die Kreisstraßen und die Straßenbauämter Augsburg und Krumbach für die Staatsstraßen. Die Maßnahmen seien mit den Kommunen und Ämtern abgestimmt, beteuern die Sprecher der Behörden, und nennen ganz unterschiedliche Gründe, warum die Baustellen genau jetzt stattfinden: Für Zusamaltheim zum Beispiel gibt es vom Freistaat ein Sonderbaulastprogramm – die Förderung gibt es aber nur, wenn die Maßnahme noch heuer abgeschlossen wird. Mit dem neuen Amphibientunnel zwischen Wörleschwang und Reutern konnte erst nach der Wanderperiode der Kröten und Lurche gestartet werden. Deshalb ist dort die Straße gesperrt. Und um die Verkehrsbehinderungen so gering wie möglich zu halten, werde parallel dazu gleich auch noch die Zusambrücke bei Wörleschwang und die Decke der Kreisstraßen dort saniert.