Ein Gotteshaus zum Staunen und Bewundern
Jubiläum Mit einer Festmesse feiert Dillingen am Sonntag die Weihe der Studienkirche vor 400 Jahren
Dillingen Kein anderes historisches Bauwerk im Landkreis Dillingen hat so viel Bewunderung, Staunen und Begeisterung ausgelöst wie die Studienkirche. Im 51. Jahrbuch des Historischen Vereins attestiert Prof. Friedrich Zoepfl dem Gotteshaus einen starken Einfluss auf „die Entwicklungsgeschichte der Kirchenbaukunst Süddeutschlands und der angrenzenden Alpenländer“. Im Vorwort zum Führer „Die Studienkirche in Dillingen/Donau“äußert Prof. Ludwig Häring die Überzeugung, dass vor allem ältere Mitbürger „in der ehemaligen Universitätsund Jesuitenkirche einen Ausdruck historischer Identität einer großen Vergangenheit ihrer Stadt“sehen.
Dieses Bewusstsein wird sich verstärkt einstellen, wenn am kommenden Sonntag, 11. Juni, das 400-ste Weihejubiläum dieses Kirchenbaus gefeiert wird. Um 10 Uhr beginnt in der Studienkirche ein Pontifikalamt, bei dem Diözesanbischof Dr. Konrad Zdarsa die Predigt hält. Musikalisch ausgestaltet wird die Festmesse vom Chor des Collegium vocale und einem Instrumentalensemble unter Leitung von Karl Baur mit Mozarts Missa solemnis in C-Dur KV 337. An der Orgel: Axel Flierl.
Mit der Jubiläumsmesse wird auch an die Baugeschichte der Studienkirche erinnert. Die Dillinger Universität entwickelte sich unter der Leitung des Jesuitenordens zwischen 1564 und 1773 zu einem Zen- trum der Gegenreformation, das Studenten aus ganz Süddeutschland anzog. Diese Blüte gab den Impuls für die Errichtung einer Vielzahl akademischer Bauwerke. Schon 1606 entstanden auch Pläne für eine repräsentative Jesuitenkirche, 1610 wurde Hans Alberthal mit der Bauausführung beauftragt.
Das erwies sich als eine glückliche Wahl. Tatkräftig unterstützt vom Augsburger Fürstbischof Heinrich V. von Knoeringen und in Koordination mit den Wünschen des Dillinger Collegiums St. Hieronymi, konzipierte der viel beschäftigte Baumeister die Studienkirche nach dem Vorbild der Michaelskirche in München als Wandpfeilerkirche in der klaren Linienführung der Renaissance. Schon 1611 legte Heinrich von Knoeringen den Grundstein. Am 11. Juni 1617 weihte er den Bau zu Ehren der Himmelfahrt Mariens.
Aber erst in der Mitte des 18. Jahrhunderts erhielt die Studienkirche eine Innenausstattung, die den Raum im Sinne des Rokoko zu einer Vorkammer des Himmels aufstufte. Gemäß dem jesuitischen Motto „Omnia ad maiorem Dei gloriam“/ „Alles zur größeren Ehre Gottes“wurde die himmlische Herrlichkeit auch durch architektonischen Prunk erahnbar gemacht. In unserer Zeit der ständigen Bilderflut lässt sich kaum mehr vorstellen, wie das Innere der Studienkirche auf Menschen gewirkt hat, die zumeist aus einfachsten Behausungen kamen und dann in den Glanz dieses Gotteshauses eintraten.
Den wesentlichen Anteil an der Neugestaltung in den Jahren 1750 bis 1765 hatten Wessobrunner Stuckateure sowie die Maler und Bildhauer Johann Georg Bergmüller (1688–1762), Johann Michael Fischer (1717–1801), Johann Anwander (1715–1770) und Christoph Thomas Scheffler (1699–1756).
Faszinierend wirkt bis heute die künstlerische Kombination von rokokohafter Verspieltheit und bildhaft vermittelter Glaubensbotschaft. Die scheinbar turbulente Anordnung der Engelscharen über dem Hochaltar verdeutlicht den Jubel um die Lehre von der Erlösung durch das Kreuz. Die ebenfalls von Johann Michael Fischer geschaffenen Heiligenfiguren links und rechts des Tabernakels repräsentieren in höfischer Pose und mit symbolhaften Gegenständen religiöse Wertvorstellungen der katholischen Kirche. Zu den besonderen Kostbarkeiten gehören die Deckenfresken von Christoph Thomas Scheffler. Die Strahlkraft des Hauptgemäldes mit Maria als Himmelskönigin hindert manchen Besucher daran, Schefflers künstlerische Wunder in den Deckensegmenten der Seitenaltäre zu beachten.
Heilige werden in diesen Darstellungen zu Leitfiguren jesuitischer Glaubenspositionen: Cyprian als Patron der Rhetorik, Cosmas und Damian als Schutzheilige der Medizin, Antonin von Florenz als Patron der Moraltheologie, Thomas von Aquin als Beschützer der Dogmatik, Albertus Magnus als Patron der Philosophie, Ivo von Tréguir als Schutzheiliger der Juristen, Augustinus als Repräsentant der Apologetik und Hieronymus als Patron der Bibelkunde werden im 18. Jahrhundert so manchem Studenten der Dillinger Universität als Vorbilder für ein sinnvolles und erfolgreiches Studium erschienen sein. Und für Kunstfreunde unserer Zeit werden diese Fresken wegen ihrer strukturellen Komposition, harmonischen Farbabstimmung und inhaltlichen Botschaft zu wahren Kostbarkeiten.