Als Helmut Kohl beim „Knecht des Landrats“anrief
Erinnerungen Der frühere Sprecher des Dillinger Landratsamtes, Hermann Stark, hatte ein ganz besonderes Telefonat mit dem Altbundeskanzler, der am Freitag gestorben ist. Am Ende bekam er die Antwort, die er erhofft hatte
Landkreis Hermann Stark gehört zu denen, die der Tod des Altbundeskanzlers und Ulrichspreisträgers Helmut Kohl auf eine besondere Weise berührt hat. Der pensionierte Beamte war früher Sprecher des Dillinger Landratsamts und Geschäftsführer der Stiftung, die in der Regel alle zwei Jahre den Europäischen St.Ulrichs-Preis verleiht. Und die hatte Kohl bereits für 1995 als Preisträger im Visier. „Der Bundeskanzler hat aber aus terminlichen Gründen abgesagt“, erinnert sich Stark. Für den persönlichen Referenten des verstorbenen Landrats Anton Dietrich war dies aber kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen. Zumal der Kanzler der Einheit hatte erkennen lassen, dass er die Auszeichnung möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt annehmen würde. Stark ließ deshalb als Geschäftsführer der Ulrichsstiftung in der Folge keine Gelegenheit aus, um dem Kanzler zu schreiben. An Weihnachten, Ostern und auch an Geburtstagen erhielt der CDU-Politiker, der am Freitag gestorben ist, Post vom damaligen Protokollchef der Ulrichspreisverleihung.
Und dann passierte das Unerwartete. Hermann Stark hatte sich an einem Freitagnachmittag ins Wochenende verabschiedet, als bei ihm zu Hause das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung war aber nicht sein Chef Anton Dietrich oder Bekannte, der Anruf kam aus dem Bundeskanzleramt. Kohls Büroleiterin Juliane Weber rief bei Stark an. Und die sagte dem heute 72-Jährigen: „Ich verbinde sie jetzt mit dem Bundeskanzler.“Und so führte Hermann Stark mit Helmut Kohl ein mehrminütiges Gespräch, das er niemals vergessen wird. Der Kanzler der Einheit habe sich zunächst für seine Aufgaben interessiert, erinnert sich Stark. „Und ich sagte, dass ich der Knecht des Landrats bin.“Das habe Kohl wiederum nicht so stehen lassen. Er kenne „die grauen Eminenzen, die im Hintergrund die Fäden ziehen“, habe der Regierungschef entgegnet. Am Ende fiel der Satz, auf den Stark gehofft hatte. „Kohl kündigte an, dass er 1997 nach Dillingen kommen wird, um die Ehrung mit dem Ulrichspreis anzunehmen.“
Die Nachricht vom Tod des Altbundeskanzlers hat Hermann Stark wie viele Menschen im Kreis Dillingen gerührt. „Mit Helmut Kohl ist ein großer europäischer Staatsmann und ein kraftvoller und durchsetzungsfähiger deutscher Bundeskanzler gestorben, der nach dem Fall der Mauer die Chance der Wiedervereinigung Deutschlands genutzt und damit ein Stück unvergessener deutscher Geschichte geschrieben hat.“Auch Landrat Leo Schrell, der Vorsitzender der Ulrichsstiftung ist, hat die Nachricht mit schmerzlicher Trauer erfüllt. „Mit dem Kanzler der Einheit und einem maßgeblichen Wegbereiter der Europäischen Union verliert Deutschland einen Politiker mit dem Format eines großen Staatsmannes und einen großen Europäer“, sagt Schrell. CSU-Bundestagsabgeordneter Ulrich Lange hatte Kohl am Anfang seiner Karriere 2012 im Bundestag getroffen. „Das hat mich bewegt. Da erlebt man jemand persönlich, der ein Vorbild war“, sagt Lange. Obwohl der einstige Kanzler damals schon schwer krank war und im Rollstuhl saß, habe er mit ihm ein paar Sätze wechseln können.
Anteilnahme und Hochachtung gibt es auch in der Region von politischen Gegnern. Die Kreissprecherin der Grünen, Heidi Terpoorten,
würdigt im Facebook-Auftritt unserer Zeitung die Lebensleistung Kohls mit drei Worten: „Ein großer Europäer.“