Das Donauried als Impuls für poetische Kreativität
Alois Sailers fünfter Gedichtband „Wildgäs und Singschwäne“ist erschienen
Dillingen Alois Sailer, Dichter und Kreisheimatpfleger, hat am Freitagabend bei der Eröffnung des Bayerischen Heimattages im Dillinger Schloss sein neues Buch vorgestellt, das vielen Lesern Freude machen wird. Denn unter dem Titel „Wildgäs und Singschwäne“vereinigt der Band Gedichte, in denen sich die Erlebniswelt des Autors abwechslungsreich widerspiegelt.
Im Vorwort bestätigt Professor Hans Frei dem Verfasser die Fähigkeit, Naturphänomenen eine symbolische Bedeutung zuzuordnen. Tatsächlich erscheinen Sailers knappe Verszeilen oftmals als sinnbildhafte Ergebnisse einer meditativen Betrachtung der Natur im Donauried. Sehr geschickt hütet sich der Autor aber vor der Gefahr, bloße idyllische Verklärungen zu produzieren. Das beweist beispielsweise das Gedicht „Wolkaked“: „A wedverschechtes / Wolkaked, / isch schui, wia so a / Ogablick. // Es schnauft, weard selber / hemelblo / und blost sei oigans / Liachtle aus.“
Alois Sailer weiß natürlich, dass die Liebenswürdigkeit der örtlichen Mundart ein literarischer Trumpf sein kann. Aber mit Humor, Hintergründigkeit und sprachlicher Vitalität begegnet er der heute üblichen Haltung, den Dialekt als Pflegefall zu behandeln. Dabei hilft auch eine Portion Selbstironie wie im Text „Ducka“: „Schwäbisch ducka! / Wuidle bucka! / Hoile schlucka! / Nawarts rucka! / Schparsam gucka!“
Schon die Kapitelüberschriften wie „Land und Leute“, „Jahreszeiten“, „Östliches Donauried“oder „Mei Reasla ond i“machen deutlich, dass Alois Sailer alle wesentlichen Welt- und Sinnstrukturen im heimatlichen Raum entdeckt. Es zieht ihn nicht in die Weite. Aber auch das Profil des verträumten Nostalgikers hat er widerlegt, als er gegen den Bau einer Magnetschwebebahn, eines atomaren Zwischenlagers, eines Bombenabwurfplatzes und eines Atomkraftwerks im Donauried demonstrativ rebellierte.
Der neue Gedichtband, vom Verlag Anton H. Konrad Weißenhorn wunderschön ausgestattet und mit Zeichnungen von Helmut C. Walter bereichert, enthält auch Gedichte in gereimtem, versverpflichtetem oder freirhythmischem Hochdeutsch. Diese Texte repräsentieren besonders deutlich Sailers Respekt vor der Vergangenheit. Ulrich von Thürheim, der Vollender des von Gottfried von Straßburg verfassten „Tristan“-Epos, dient als Impuls zu dem Bekenntnis: „Daheim in Ulrichs Minneland / kann dir das Alte nützen. / Was neu ist, drängt nur an den Rand, / will keine Heimat schützen.“Dass sich der Autor ausgiebig mit romantischer Literatur beschäftigt hat, zeigt sich an naturbeschreibenden Versen wie im Gedicht „Frühlingsland“: „Wälder rahmen / Fichtenhügel, / an erweckten Horizonten. // Rot bedachte / Dörfer wachen, / breit geborgen / unter Hängen. // Abgemarkte / Frühlingsfelder / zeichnen weiche / Litaneien.“
Aber diese romantisierende Komponente verträgt sich gut mit ihrer Antinomie, einer satirisch akzentuierten Einstellung. Sehr schönen Ausdruck findet die Empfindungswelt einer schwäbischen Seele in „Mei Johr“: „Mei Johr isch romm, hau vielas gwöllt. / Dia Arbat hot mein Fleiß verschtöllt. / Doch nix isch ebbas woara. / Zwick bloß die oigna Oara. / Was ka ma do drgega macha? / Dumm gucka ond ganz hoila lacha!“Aber die Leserinnen und Leser dieser Gedichte werden leicht erkennen können, dass Sailers Talent und Fleiß eben doch etwas Schönes geschaffen haben. O
Alois Sailer: „Wildgäs und Sing schwäne“, Gedichte, Zeichnungen von Helmut C. Walter, kartoniert, 80 Seiten, Anton H. Konrad Verlag Weißenhorner, 9,80 Euro.