Der Mann, der Luther malte
Blick in die Geschichte
Sein fürstlicher Auftraggeber, Friedrich der Weise, feierte ihn als den „schnellsten Maler“seiner Zeit. Dieses schöne und sicherlich zutreffende Lob beschrieb aber nicht den ganzen Lucas Cranach. Die Nachwelt kennt ihn bis heute als den Mann, der Martin Luther malte.
Der Ruf als schnellster Maler ereilte ihn, weil Lucas Cranach der Ältere eine außerordentlich produktive Malwerkstatt mit einer Vielzahl Gesellen führte, sodass der Meister nicht jede Kleinigkeit selber pinseln und stechen musste. Ein altes und zu- gleich hochmodernes Konzept. Rund 5000 Bilder sollen in dieser Werkstatt entstanden sein, deren Betrieb sein Sohn, Lucas Cranach der Jüngere, später erfolgreich fortführte.
Der Ältere begnügte sich nicht mit einer Malwerkstatt. Cranach senior gründete auch einen Buchverlag samt Druckerei. Und weil das alles seine Schaffenskraft nicht ganz ausfüllte, gönnte er sich noch eine Apotheke, einen Wein- und Bierhandel und ein gut gehendes Immobiliengeschäft. Kurz: Der Hofmaler mit Professorengehalt und vielen „Nebeneinnahmen“war einer der reichsten Männer im sächsischen Wittenberg.
In Wittenberg kannte man sich. So kam es, dass der weniger betuchte, aber mindestens so berühmte Martin Luther und der Großkünstler Lucas Cranach enge Freunde wurden. Cranach war Trauzeuge, als sich der ehemalige Mönch und die ehemalige Nonne Katharina von Bora das Ja-Wort gaben.
Natürlich malte Cranach dieses meistbewunderte und meistverdammte Paar seiner Zeit: in jungen Jahren und in fortgeschrittenem Alter. Und immer wieder malte er den Reformator allein. Beispielsweise im Jahr 1532 als Mann mittleren Alters, ein Charakterkopf mit Haube, halblangen Locken und energischem Grübchen-Kinn. Er malte Luther als jungen Mönch, als Junker Jörg, als reifen, etwas füllig gewordenen Herrn und auf dem Totenbett. Das Bild, das wir heute von Luther haben, ist das Bild, das die Cranach-Werkstatt in vielen Ausführungen hinterlassen hat. Nicht nur wegen seiner Lutherbilder gilt Cranach als Förderer der Reformation. Auch die Bücher, die er herausbrachte, dienten der neuen Konfession. Meistens: Cranach scheute sich nicht, auch der gut zahlenden katholischen Gegenseite mit Gemälden und Altarbildern zu dienen. Er war ein sehr freier Künstler und ein modern anmutender Unternehmer.